Vergolden
Alles glänzt
Eine besonders engagierte Vertreterin unter den 88 noch in Österreich tätigen Vergolder*innen ist Elfriede Edlmaier. Dass sie diesen Beruf im Jahr 1991 ergriff, war aber eher Zufall, denn eigentlich wollte sie Tischlerin werden. „Leider hat das damals nicht geklappt, in meinem Jahrgang war das für Mädchen eher unüblich. So habe ich bei einem Restaurator in Neulengbach gelernt“, erzählt die Niederösterreicherin, die 1999 die Meisterprüfung zur Vergolderin ablegte und auch einige Zeit in diesem Bereich tätig war. Unter „ihren“ Baustellen finden sich so klingende Namen wie Schloss Schönbrunn, die Wiener Hofburg und die Karlskirche. Das reine Restaurieren wurde Edlmaier aber bald zu langweilig: „Ich habe bald gemerkt, dass das Material viel mehr kann. Ich wollte kreativ sein und der Wunsch, selbst etwas zu bauen und zu tischlern, wurde immer stärker.“ So war der nächste Schritt ein logischer: Elfriede Edlmaier machte sich 2005 selbstständig und gründete ihr Unternehmen „Kunst und Raum“ in der Nähe von Tulln. Mit dem Firmennamen möchte sie Verschiedenes ausdrücken: „Zum einen ist Handwerk für sich schon Kunst. Und zum anderen interessiert es mich sehr, ein Möbel, ein Bild oder andere Gestaltungselemente in einem Raum so zu platzieren, dass alle Komponenten perfekt zur Geltung kommen.“
Mehr Mut
Am Anfang stand das Vergolden von Rahmen, Spiegeln und Lampen im Fokus, die Meisterin wurde aber bald mutiger: Sie begann, Möbel, Wände und Decken mit Metallen „zu überziehen“. Heute ist sie in ihrer Nische gut etabliert, momentan kommt ihr die große Nachfrage nach metallischen Oberflächen im Wohnbereich zusätzlich zugute. Denn es gebe zwar metallisierende Lacke, diese böten aber bei Weitem nicht die Möglichkeiten echter Metalle: „Ich kann mit meinen Materialien unglaublich kreativ sein, ich kann um die Kante arbeiten, Rundungen herausholen, plastische Effekte und unterschiedliche Farbnuancen herausarbeiten.“
Engagierte Einzelkämpferin
„Ich designe und baue Prototypen, die in meinem Schauraum und auf Messen ausgestellt werden. Bei Bestellung gebe ich die Möbel zumeist bei einem Tischler aus der Region in Auftrag, ich vergolde bzw. metallisiere dann die Oberflächen“, beschreibt Edlmaier ihre Arbeitsweise. Tischler*innen und Architekt*innen übernehmen oft die Vermittlerrolle zu Kund*innen, viele finden aber auch den direkten Weg. Erstkontakte entstehen z. B. auf Messen wie der Wohnen & Interieur oder dem Design District. „Messen sind für mich als Einzelkämpferin eine wichtige Präsentationsplattform.“
Nicht nur Gold
Auch wenn die Berufsbezeichnung darauf schließen lässt, ist es nicht nur Gold, das auf den Oberflächen glänzt. „Das Vergolder-Handwerk vereint die Arbeit mit vielen Metallen. Wobei bei den Edelmetallen eine andere Technik zur Anwendung kommt wie bei Messing, Kupfer oder Aluminium“, erklärt die Expertin. Blattgold findet vor allem für Bilderrahmen, Lampen und hochwertige Schnitzarbeiten Verwendung. Für großzügige Oberflächen, an Decken und Wänden, wäre Gold zwar einsetzbar, aber doch sehr kostspielig. So setzt die Meisterin hier auf andere Metalle.
Wie im alten Ägypten
Das Verfahren zum Aufbringen von Blattgold – das übrigens auf allen Untergründen gut haftet und auch im Freien eingesetzt werden kann, da es nicht oxidiert – ist schon aus dem alten Ägypten bekannt. Anfangs wurden Gegenstände noch aus massivem Gold gefertigt. Aber auch in der Antike wurde das Material knapp, so wurde es – und wird es nach wie vor – in mehreren Schritten hauchdünn bis auf etwa 0,1 Mikrometer (100 Nanometer) geschlagen und Objekte damit ummantelt. Damit der goldene Überzug auch hält, wird auf eine Kreidegrundierung eine besonders aufbereitete Tonerde, das Poliment, aufgebracht. Anschließend erfolgt der weitere, schichtweise Aufbau. Auf diesen Haftgrund wird dann das Gold „aufgeschossen“, wie es in der Fachsprache heißt.
Für Jahrhunderte haltbar
Das aufwendige Verfahren, das sich nur für Edelmetalle wie Gold, Silber, Platin und deren Legierungen eignet, hat seinen Preis. Das Material ist dabei allerdings nicht der „größte Brocken“, sondern die Arbeitszeit. Die Polimentvergoldung beinhaltet an die zwanzig Arbeitsschritte, die sich auch nicht abkürzen lassen. Für das Trocknen der Schichten sind bis zu vier Wochen einzuplanen. Denn nur wenn all das befolgt wird, lassen sich der besondere Glanz und die – je nach Einsatz, Pflege und Umgebung – jahrhundertelange Haltbarkeit erzielen.
Blatt für Blatt
Die Vergolderin kauft ihr Material bereits in Blattform ein: Gold wird in acht mal acht Zentimeter messenden, hauchdünnen Blättern angeliefert, die anderen Metalle im Format 16 mal 16 Zentimeter. Handelt es sich nicht um Edelmetalle, werden diese auf den vorher mit einem Füller behandelten Untergrund wie Massivholz oder MDF-Platten aufgeklebt. Danach werden die Kupfer-, Messing- oder Aluminium-Oberflächen mit speziellen Lacken überzogen, so gegen Oxidation geschützt und wisch- und kratzfest gemacht.
Handwerk bewahren
Ein besonderes Anliegen ist es Elfriede Edlmaier, das Vergolder-Handwerk vor dem Aussterben zu bewahren, traditionelle Techniken zu erhalten – und das in einem modernen Kontext: Auch wenn sie es gerne täte – selbst auszubilden geht sich für die Vielbeschäftigte nicht aus: Neben ihrer Familie, der Arbeit in der Werkstatt und der Tätigkeit als Restauratorin, der sie nach wie vor nachgeht, engagiert sie sich in der Innung der Maler und Tapezierer und für die Erhaltung selten gewordener Handwerksberufe. Das tut sie u. a. im Verein Unikatwelt, für den sie seit 2005 auch einen eigenen Messeauftritt im Rahmen der Wohnen & Interieur in Wien organisiert.