Die Überlassung an Tochtergesellschaften kann teuer kommen

Recht & Steuern
10.06.2018

 
Sind für „verliehene“ Geschäftsführer mehrfach Sozialversicherungs-Beiträge abzuliefern?

Viele Unternehmen überlassen einen Dienstnehmer an eine GmbH, der dort als Geschäftsführer tätig wird. Nun gießt der Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich Öl ins Abgabenfeuer: Er meint, dass damit (stillschweigend) ein zweites sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis zu der GmbH entstehe. Das kann teuer werden, weil die SV-Beiträge dann meist viel höher ausfallen. Die VwGH-Entscheidung sorgt deshalb für Unruhe. Der Gesetzgeber ist nun gefordert.

Zur Vorgeschichte: Der VwGH hatte den Fall eines Vorarlberger Dienstnehmers zu beurteilen, der als Amtsleiter einer Stadt tätig ist. Im Rahmen dieser Tätigkeit übt er auch die Funktion des Geschäftsführers einer GmbH aus, die zur Gänze der Stadt gehört. Die Kommune zahlt ihm für beide Tätigkeiten ein einheitliches Gehalt und führt auch alle Abgaben und Beiträge ab. Die GmbH ersetzt der Stadt wiederum die anteiligen Kosten auf Basis eines Personalüberlassungsvertrages.

Der Verwaltungsgerichtshof geht bei „Leiharbeitsverhältnissen“ grundsätzlich davon aus, dass der Verleiher der einzige Dienstgeber bleibt. Denn der Dienstnehmer sei nur diesem gegenüber vertraglich zur Leistungserbringung verpflichtet. Der Verleiher bleibt in der Regel also auch der sozialversicherungsrechtliche Dienstgeber, obwohl der Dienstnehmer seine Leistungen für einen anderen Beschäftiger erbringt. Indem der Arbeitnehmer dort arbeitet, komme er rechtlich nur seiner Arbeitspflicht gegenüber dem Verleiher nach. Eine unmittelbare vertragliche Rechtsbeziehung zwischen Arbeitnehmer und Beschäftiger liege nicht vor, so die Verwaltungsrichter.

Geschäftsführerbestellung löst eigene Rechtsbeziehung aus!

Anders sieht der VwGH die Sache jedoch im Fall, dass ein Arbeitnehmer überlassen wird, um bei der Beschäftigergesellschaft (auch) die Funktion eines Geschäftsführers auszuüben. Solche Rechtsbeziehungen zwischen dem Verleiher (z. B. der Konzernmutter), der Beschäftigergesellschaft (z. B. der Tochter-GmbH) und dem entliehenen Geschäftsführer würden sich, so das Gericht, von sonstigen Leiharbeitsverhältnissen unterscheiden: Die Beschäftigergesellschaft habe hier ein direktes Recht auf die Arbeitsleistung des Geschäftsführers, schaffe doch der Bestellungsakt zwischen dem Beschäftiger und dem „verliehenen“ Geschäftsführer eine eigene Rechtsbeziehung. Letzterer sei dann bereits aufgrund dieses unmittelbaren Rechtsverhältnisses und nicht wegen seiner Rechtsbeziehung zum Verleiher zur Dienstleistung verpflichtet, so die Richter.

Fazit: Bei der Drittanstellung von Geschäftsführern im Konzern können sowohl mit der Konzernmutter als auch mit der Tochter-GmbH Dienstverhältnisse bestehen. Das bringt eine erhebliche Abgabenmehrbelastung.

Verunsicherung und Mehraufwand für den Dienstgeber

Der Verwaltungsgerichtshof löst mit seiner Entscheidung erhebliche Verunsicherung aus. Derzeit ist nämlich vollkommen unklar, wie die Abgabenbehörden vergleichbare Fälle in der Praxis bei Prüfungen behandeln werden. Fachleute fordern daher, die Sache rasch und klar gesetzlich zu regeln – dahingehend, dass (weiterhin) ein einziges Dienstverhältnis zum überlassenden Unternehmen möglich ist.

Folgt man der aktuellen VwGH-Rechtsprechung, müssten nun viele GmbHs, für die ein Mehrfach-Geschäftsführer tätig ist, diesen sozialversicherungsrechtlich anmelden, für ihn anteiliges Entgelt abrechnen und Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Wird dabei die Höchstbeitragsgrundlage insgesamt überschritten, hat der Dienstgeber einen deutlichen Mehraufwand. Denn er kann sich – im Gegensatz zum Dienstnehmer – jene Beiträge nicht rückerstatten lassen, die über die (einfache) Höchstbeitragsgrundlage hinausgehen.

Da Abgabennachbelastungen und Säumnisfolgen drohen, besteht für viele betroffenen Unternehmen Handlungsbedarf.

Autor/in:
Andrea Netek

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