Probleme der Hersteller

Negative Rohstoffpreis-Entwicklung und hohe Energiekosten

Preissteigerungen
16.02.2022

Aktualisiert am 18.02.2022
Die Rohstoffpreis-Entwicklung bereitet der Baubranche noch immer Kopfzerbrechen, nun explodieren auch noch die Energiekosten. Eine Beruhigung des Marktes ist aktuell auch nicht in Sicht.
Wie steht es aktuell um die Verfügbarkeiten von Rohstoffen/Materialien in ihrem Gewerbe?
Wie steht es aktuell um die Verfügbarkeiten von Rohstoffen/Materialien in ihrem Gewerbe?

Bauen ist teuer. Alleine im letzten Jahr haben sich die Baukosten laut Statistik Austria um 8,2 Prozent im Hochbau sowie 1,3 Prozent im Tiefbau erhöht. Getrieben von einer verstärkten Nachfrage, hohen Rohstoffpreisen und der Frage nach der Verfügbarkeit, kommen auch Österreichs Hersteller immer weiter an ihre Grenzen. Und dazu kommen nun auch explodierende Energiekosten.

Globale dynamische Rohstoffpreis-Entwicklung

Vor knapp einem Jahr begannen die Rohstoffpreise quer durch alle Produktgruppen kräftig anzusteigen, und die Verfügbarkeit brach teilweise aufgrund plötzlich erhöhter Nachfrage ein. Getragen wurde diese Entwicklung durch den Wirtschaftsaufschwung in China, während die westliche Welt noch in der ersten Corona-Welle zu größten Teilen stillstand, Corona-bedingte Produktionsengpässen sowie Produktions- und Lieferausfälle. Hinzu kamen ein Mangel an Frachtcontainern sowie die Blockade des Suezkanals – und die Logistik arbeitet teilweise noch immer an ihren Grenzen. So stecken laut dem deutschen Kiel Institut für Weltwirtschaft momentan rund elf Prozent aller weltweit verschifften Waren in Staus auf den Weltmeeren fest – ein Faktum, das sich auch auf die aktuellen Rohstoffpreise auswirkt.

Wie sehr die Rohstoffpreise alleine im letzten Jahr angestiegen sind, zeigt auch ein Blick auf die Großhandelspreise (GHPI 2020). Nach vorläufigen Berechnungen der Statistik Austria betrug dieser im Jänner 119,1 Punkte und stieg somit um 15,5 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonat beziehungsweise um 2,6 Prozent gegenüber dem Vormonat an. Eine Entspannung der Rohstoffpreis-Entwicklung ist nicht in Sicht, auch in der Branche rechnen aktuell die wenigsten damit. "Die massive Dynamik in den Erhöhungen beginnt sich etwas abzuschwächen; wir befinden uns jedoch bei den meisten Produkten auf einem absoluten All-time-High", stellt Paul Lassacher, Geschäftsleitung F+E, Betrieb und Einkauf bei Synthesa, fest. "Eine Entspannung ist noch nirgends in Sicht, und eine Rückkehr auf Vorkrisenniveau ist nicht zu erwarten."

Noch immer große Sorgen über Rohstoffpreis-Entwicklung

Paul Lassacher ist Geschäftsführer der Synthesa Gruppe
"Vor allem die Gaspreise entwickeln sich zu einer existenziellen Bedrohung. Waren die Energiekostenanteile bis jetzt mit circa 50 Cent pro Kubikmeter Dämmstoff fast vernachlässigbar, so liegen diese nun auf über zwei Euro." - Paul Lassacher, Geschäftsleitung F+E, Betrieb und Einkauf Synthesa

Wie stark die Rohstoffpreis-Entwicklung die Hersteller getroffen hat, zeigt sich an einzelnen Beispielen. So sind bei Synthesa die Preise für Dämmstoffrohstoffe binnen Jahresfrist um 100 Prozent gestiegen und werden – laut eigenen Angaben – für das erste Halbjahr 2022 zumindest auf diesem Niveau bleiben. "Im Moment bereiten uns auch Gebindepreise extreme Sorgen: Blechwaren steigen gerade um mindestens 70 Prozent", ergänzt Lassacher. Zusätzlich ist man nach wie vor von den meisten Lieferanten kontingentiert, darüberhinausgehende Bedarfe seien kaum zu decken. Vor allem auch B- und C-Rohstoffe werden oftmals aus heiterem Himmel heraus storniert und bedingen dadurch unplanbare Produktionsstillstände.

Exorbitante Rohstoffpreis-Entwicklung in Österreich

Ähnlich geht es auch den Schalungsherstellern, wie Markus Ringer bestätigt. Besonders herausfordernd sei aktuell die Situation bei Stahl- und Aluminiumprofilen, wo es zu Rohstoffpreiserhöhungen von mehr als 100 Prozent im Vergleich zum Vorjahrszeitraum gekommen ist. "Die Situation bei Holz- und Stahlprodukten hat sich nach den exorbitanten Entwicklungen 2021 ein wenig beruhigt, die Preise haben sich hier auf hohem Niveau eingependelt", beschreibt der Ringer-Vertriebsleiter die Situation. "Bei manchen Produkten wie beispielsweise Silikon hat sich der Einkaufspreis allerdings innerhalb kurzer Zeit sogar verdreifacht."

Versorgungsunsicherheiten sind speziell bei Aluminium allgegenwärtig, wodurch die Preise bei notwendigen Aluminiumprofilen nochmals angezogen haben. Diese Situation könnte nach eigenen Einschätzungen noch mindestens bis Mitte 2022 andauern. "Leider sind wir auch bei Stahl- und Holzprodukten täglich mit Meldungen über längere Lieferzeiten beziehungsweise Streichungen von Bestellungen konfrontiert", fügt Ringer noch hinzu.

Ist eine Entspannung bei der Rohstoffpreis-Entwicklung in Sicht?

Andreas Wolf ist Mapei Österreich Geschäfstführer.
"2022 beginnt, wie 2021 geendet hat – nämlich mit genau diesen Rohstoffproblemen, teilweise (zu) hoher Nachfrage und Transportproblemen. Noch immer gibt es bei bestimmten Produktgruppen und Rohstoffen Engpässe und somit Lieferausfälle bzw. lange Lieferzeiten." Andreas Wolf, Geschäftsführer Mapei Austria

Aktuell ein wenig entspannter betrachtet man mittlerweile bei Velux die Situation am Markt. "Aktuell erkennen wir, dass sich die Rohstofflage für unsere Produkte weitestgehend entspannt", so der Velux-Österreich-Geschäftsführer Bernhard Hirschmüller. "Trotzdem sind aber natürlich auch wir von Vorlieferanten abhängig und müssen langfristig auf die Entwicklungen am Rohstoffmarkt reagieren." Dafür pflege man einen frühzeitigen und transparenten Austausch mit allen Partner*innen. Dennoch komme es wie in der gesamten Baubranche bei vereinzelten Rohstoffen und Produkten noch zu gewissen Engpässen, was sich vor allem durch die Lieferzeiten der Vorlieferanten verdeutliche.

"2022 beginnt, wie 2021 geendet hat – nämlich mit genau diesen Rohstoffproblemen, teilweise (zu) hoher Nachfrage und Transportproblemen", stellt Andreas Wolf, Mapei-Geschäftsführer, nüchtern fest. "Noch immer gibt es bei bestimmten Produktgruppen und Rohstoffen Engpässe und somit Lieferausfälle beziehungsweise lange Lieferzeiten." Vor allem im Bereich Silikone, Zement und Sand, aber auch bei Abdichtungen und Grundierungen ist man noch immer mit Rohstoffpreissteigerungen konfrontiert. Wolf erwarte auch im ersten Halbjahr 2022 keine bedeutende Entspannung der Rohstoffpreis-Entwicklung, für das restliche Jahr traue er sich nur vage Aussagen zu treffen.

Baustellen führen zu belastender Situation

Eine Branche, in der sich die Rohstoffsituation etwas anders darstellt, ist die Zementbranche. Der benötigte Kalkstein kommt aus den eigenen Steinbrüchen, dieser ist ausreichend verfügbar. Dennoch zeichnen sich auch hier Engpässe ab. "Wir sehen derzeit keine Entspannung am Markt, im Gegenteil: Wir sind erst kürzlich unserer Warn- und Hinweispflicht nachgekommen und haben unsere Kunden über mögliche Engpässe in der Zementversorgung informiert", so Lafarge-CEO Berthold Kren.

Durch die milderen Temperaturen springe die Bauwirtschaft früher und stetig steigend an, doch in Zementwerken sind Winterstillstände, um dringende Wartungsarbeiten an den Mühlen und am Ofen durchzuführen, immer fix eingeplant und finden in der Regel auch nur zu dieser Jahreszeit statt. Diese Stillstände dauern in der Regel zwischen vier bis sechs Wochen, währenddessen kein Klinker produziert werden kann. "Die Situation wird zusätzlich belastet durch Covid-bedingte Ausfälle beim Personal, schwierige Lieferketten bei Ersatzteilen und die bereits am Jahresende hohe Nachfrage", so Kren weiter. Und damit nicht genug: Mit dem Jahreswechsel kamen zusätzlich noch weitere Preistreiber hinzu.

Betreffen die aktuell steigenden Strom- und Gaspreise ihr Unternehmen?
54 Prozent der Bauzeitungsleser sind von den steigenden Energiekosten betroffen.

Gas und Strom: Energiekosten steigen an

Seit Mitte des Vorjahres ist die Liste an Preistreibern für die Herstellung um einen Aspekt länger. Die Strom- und Gaspreise explodierten förmlich, allein der Österreichische Gaspreisindex liegt im Februar um 493,0 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Folglich stiegen die Kosten in der Produktion massiv an. Seitens der Industriellenvereinigung spricht man von monatlichen Mehrkosten "in Millionenhöhe für die großen Betriebe aus der Stahl- und Aluminiumindustrie", für kleinere Unternehmen von einer "existenzbedrohenden Entwicklung". Eine Einschätzung, die auch die Ergebnisse der Umfrage "Auswirkungen der Energiekostensteigerungen auf Unternehmen" widerspiegeln, die von der Bundessparte Industrie, Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik, der WKÖ rund um den Jahreswechsel durchgeführt wurde.

83 Prozent der befragten Unternehmer*innen gaben an, dass sich der absolute Energiepreisanstieg problematisch oder sehr problematisch darstelle, vor allem bei bestehenden Verträgen, wo diese nicht einkalkuliert werden kann. Knapp die Hälfte der Befragten rechneten dabei mit einem mindestens 25-prozentigen, elf Prozent sogar mit einem mindestens 200-prozentigen Anstieg der Stromkosten (Euro/MWh, netto, ohne Abgaben und Netzkosten). Geht es um die Mehrkosten beim Gaseinkauf, haben nur 14 Prozent keine Mehrkosten gegenüber dem Preisniveau des ersten Halbjahrs 2021 hinnehmen müssen. Rund ein Drittel der Unternehmen berichtet über Anstiege zwischen fünf und 50 Prozent. Eine Entwicklung, die auch die produzierenden Unternehmen der Baubranche hart trifft.

Wirtschaft: Spürbare Erhöhung der Gas- und Strom-Preise

Berthold Kren ist Lafarge CEO
"Die Kostenanstiege sind überproportional und gehen weit über das hinaus, was im Vorjahr noch angenommen beziehungsweise abgebildet wurde." - Berthold Kren, CEO Lafarge Zementwerke

"Die Kostensteigerung trifft uns massiv: Die wesentlichen Preistreiber sind CO2 und Strom", bestätigt Berthold Kren. "Die Kostenanstiege sind überproportional und gehen weit über das hinaus, was im Vorjahr noch angenommen beziehungsweise abgebildet wurde." Deshalb arbeite man bei Lafarge mit Hochdruck an Lösungen, der derzeitige Ausblick lasse aber keine Entspannung erwarten. Trotzdem komme man nicht darum herum, die Preisgestaltung im laufenden Jahr anzugleichen.

Auch bei Synthesa spürt man diese Entwicklung am Energiemarkt stark, vor allem die Gaspreise "entwickeln sich zu einer existenziellen Bedrohung". Bis jetzt war der Energiekostenanteil für Dämmstoffe mit circa 50 Cent pro Kubikmeter fast vernachlässigbar. Dieser liegt nun über zwei Euro pro Kubikmeter und werde laut eigenen Angaben eine weitere Preiserhöhung unumgänglich machen. "Der Anteil der Stromkosten bei den Produkten ist recht gering, wird sich aber auch jedenfalls vervierfachen", stellt Paul Lassacher fest. "Die Politik ist hier jedenfalls zum Handeln aufgefordert!"

Erneuerbare Energien als Hilfe in der Krise

Mit bis zu 30 Prozent höheren Kosten aufgrund des Energiepreisanstiegs rechnet man auch bei Mapei. "Jedoch haben wir schon konkrete Pläne, um noch stärker autark zu agieren und somit noch unabhängiger zu werden", blickt Andreas Wolf in die Zukunft. Mehr will er jedoch nicht verraten, aktuell befinde sich dieses Vorhaben noch in der Planungsphase. Dennoch geht auch er davon aus, dass es auch 2022 zu einer mitteljährigen Preiserhöhung kommen wird. "Die Preise für unsere Qualitätsprodukte müssen jedoch nicht nur aufgrund von höheren Kosten für Strom und Gas angepasst werden, sondern hauptsächlich aufgrund von teilweise unbezahlbaren Rohstoffen und hohen Frachtkosten", so Wolf.

Markus Ringer ist Vertriebsleiter Österreich ­Ringer.
"Versorgungsunsicherheiten sind speziell bei Aluminium allgegenwärtig. Die Preise bei Aluminiumprofilen haben nochmals angezogen. Leider sind wir auch bei Stahl- und Holzprodukten täglich mit Meldungen über längere Lieferzeiten bzw. Streichungen von Bestellungen konfrontiert." - Markus Ringer, Vertriebsleiter Österreich ­Ringer

Etwas entspannter kann man sich in Regau der Thematik widmen. Zumindest einen Teil der Stromversorgung kommt im Ringer-Stammwerk nämlich aus der eigenen Photovoltaikanlage, die im letzten Jahr großzügig erweitert wurde. Nun kann man auf eine Anlage mit einer Gesamtleistung von rund 1.400 kWp und einer jährlichen Stromproduktion von 1.200 MWh zurückgreifen. Zusätzlich profitiert man von einer frühen Planung. "Nachdem wir zeitgerecht unsere Einkaufspreise fixiert haben, sind wir zwar auch mit deutlichen Energiekostensteigerungen konfrontiert, nachdem diese keinen so großen Einfluss auf unsere Herstellkosten haben, wird dieser Effekt auf den Verkaufspreis überschaubar sein", erklärt Markus Ringer. "Bei energieintensiven Anwendungen wie zum Beispiel dem Verzinken haben die explodierenden Energiekosten jedoch deutliche Auswirkungen auf die Herstellkosten." Diese Zusatzkosten der externen Partner werden sich auch auf die Verkaufspreise bei dem Schalungshersteller auswirken.

Logistik ein Problem für die Baubranche

Angespannt ist auch weiterhin die aktuelle Lage in den Logistikketten der Unternehmen. Einerseits musste man im Vorjahr Preiserhöhungen für Container und allgemeine Frachtpreiserhöhungen hinnehmen, andererseits steht eine CO2-Besteuerung von Treibstoffen vor der Tür. "Auch die Knappheit an Personal und Transportkapazitäten sehen wir als kritisch", ergänzt Markus Ringer. Noch immer fallen Lkw-Fahrer aufgrund der herrschenden Pandemie aus, eine Situation, die sich durch Omikron noch einmal zugespitzt hat. Folglich rechnen die Hersteller auch hier schon mit Preisanstiegen im aktuellen Jahr. "Wir erwarten auch hier Preissteigerungen von mindestens 15 Prozent im Jahr 2022", sagt Paul Lassacher.

Bernhard Hirschmüller ist Geschäftsführer von Velux Österreich
"Aktuell erkennen wir, dass sich die Rohstofflage für unsere Produkte weitestgehend entspannt." - Bernhard ­Hirschmüller, Geschäftsführer Velux Österreich

Doch nicht nur die Kosten führen zu Kopfzerbrechen bei den Herstellern, auch die oftmals entstehenden Verzögerungen bereiten Probleme. Gerade wenn man auf Ersatz- und Bauteile wartet, ist jeder Tag Verzögerung schmerzhaft für die Hersteller. "Entspannung in diesem Bereich wird es erst geben, wenn die Pandemie noch weiter abflacht", meint Andreas Wolf abschließend.

Die Rohstoffpreis Entwicklung im Überblick

Für Jänner 2022 betrug der Index der Groß­handelspreise (GHPI 2020) nach vorläufigen Berechnungen der Statistik Austria 119,1 Punkte und stieg somit um 15,5 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonat beziehungsweise um 2,6 Prozent gegenüber dem Vormonat an. Stark beeinflusst wurde diese Rohstoffpreis Entwicklung durch die kräftigen Preissteigerungen vor allem bei Düngemitteln und agrochemischen Erzeugnissen (+62,1 Prozent), Gummi und Kunststoffen in Primär­formen (+60,6 Prozent), festen Brennstoffen (+59,4 Prozent) sowie Getreide, Saatgut und Futtermitteln (+52,5 Prozent). Zu Preisschüben kam es auch bei sonstigen Mineralölerzeugnissen (+46,9 Prozent), Altmaterial und Reststoffen (+45,9 Prozent), Nicht-Eisen-Metallen (+42,4 Prozent), Eisen und Stahl (+42,2 Prozent), Motoren­benzin inkl. Diesel (+31,6 Prozent), technischen Chemikalien (+24,1 Prozent) sowie Rohholz und Holzhalbwaren (+23,2 Prozent). ­Verteuert haben sich im Jahresabstand auch sonstige Baustoffe (+11,0 Prozent), Papier und Pappe (+10,6 Prozent) sowie landwirtschaft­liche ­Maschinen, Ausrüstungen und Zubehör (+10,1 Prozent).