Stadtplanung: Visionen gefragt!

BLA
03.05.2019

Von: Redaktion Architektur & Bau Forum
Am 27. April fand in der Felberstraße 3 im 15. Wiener Gemeindebezirk eine etwas andere Begehung statt: Geladen hatte BLA, eine Aktionsgruppe, die sich gesellschaftlichen Phänomenen und Konflikten, im Freiraum widmet und performativ zu neuen Denkansätzen anregen will. 
Das BLA Kernteam: Hannes Gröblacher, Karoline Seywald und Lilli Lička
Das BLA Kernteam: Hannes Gröblacher, Karoline Seywald und Lilli Lička

So schlägt BLA, der Zusammenschluss eines Kernteams und einer flexiblen Gruppe aus Landschaftsarchitektur, Architektur, Fotografie, Film, Kunst und Technik etwa vor, auf dem Areal der Westbahn, wo Bahngebäude leer stehen, Geleise nicht benutzt werden, Lagerräume verwaist sind, einen neuen großen Park zu errichten – den Westbahn-Park. Hier ist der Blick in die Landschaft des Wienerwaldes frei, die Stadtkante zum Wiental öffnet die Sicht auf das Stadtgefüge, und es entsteht ein Gefühl von wirklich freiem, offenem Raum, der die Dichte der Stadt aufhebt. BLA möchte die Bewohner auffordern, Ideen für den linearen Park der Zukunft zu entwickeln.

In die Zukunft gedacht
Nach dem Frühling kommt der Sommer – Schwimmbahneröffnung im Westbahnpark! Endlich ist der Westbahnpark da, der aus der Stadtlandschaft macht, was sie hier am Besten kann: Einen langen Park an der markanten Landschaftskante mit enormem Weitblick und phänomenalen Sonnenauf- und Untergängen, der längsten Schwimmbahn Europas (1,2 km), historische Anlagen für zukunftsweisenden Sport, einen einzigartig blühenden Grünraum an der wilden Böschung, länglichen Nischen, Ruhe. BLA regt an, visionär zu sein und den Erläuterungen zu folgen, die BLA hier anhand der jüngsten technischen Innovationen und wissenschaftlichen Entdeckungen mit den revolutionären stadtplanerischen Erkenntnissen verbindet: Wien hat jetzt die Nase lange vorn.

BLA möchte ein Bewusstsein für das Mögliche schaffen: Stadtplanung und andere konzeptionelle Tätigkeiten werden zunehmend von einer sogenannten Realität eingeschränkt. Dabei wird das System der ökonomischen und politischen (i.e. neoliberalen) Wirkkräfte, wie es heute besteht und durch kontinuierliche Einhaltung bestätigt wird, als gegeben dargestellt – so die Aktionsgruppe: „Da es aber, frei nach David Graeber, den „unabänderlichen Lauf der Geschichte“ nicht gibt – er ist vielmehr ein Produkt der Handlungen, die bestimmte Ziele verfolgen – müssen wir den Denkraum öffnen. Das ist anderen auch schon gelungen, man denke nur an den erfolgreichen jahrelangen Kampf um Park Fiction in Hamburg, St. Pauli. Also: Her mit den Visionen!“

Dicht bebaut
Als konkretes Beispiel zogen die Akteure von BLA das Areal um die Westbahn in unmittelbarer Nähe des Westbahnhofs heran: Ein neuer großer Park sei dort möglich – selbst in der dichten Stadt Wien: Der Westbahn-Park.

Beim 15. Wiener Gemeindebezirk handelt sich um den am dichtesten bewohnten Außenbezirk Wiens mit 20.474 Einwohnern pro km². Er ist außerdem jener mit dem geringsten Durchschnittseinkommen (Jahresnettoeinkommen 16.766 Euro, das sind 80 Prozent des Wiener Durchschnitts), dem größten Anteil an Bewohnern, die nicht in Österreich geboren sind (46 Prozent) und mit dem geringsten Durchschnittsalter (38,6 Jahre). Die Wachstumsprognosen bis 2030 belaufen sich auf bis zu 19,5 Prozent. Die bauliche Dichte ist sehr hoch (GFZ, 2,93).

BLA gibt zu bedenken, dass das bauliche Verdichtungspotenzial im städtebaulichen Bestand durch Aufstockung, Dachausbau und Lückenschließung enorm sei und die Realität der Freiraumversorgung bereits jetzt den Zielen der Stadtentwicklung weit hinterher hinke und dabei gerade einmal ein Viertel der angestrebten Flächen erreichen würde– das ist immer noch nur die Hälfte, wenn für die dichten Bestandsgebiete 50 Prozent angesetzt werden. Im 15. Bezirk ist spürbar, was die Verdichtung der gründerzeitlichen Stadt bedeutet: mehr Menschen auf den Straßen, mehr Bewegung im Verkehr, mehr Personen in den Parkanlagen. Mehr Sprachen, mehr Altersstufen, mehr Begegnungen. Nördlich der Westbahn werden Gartenanlagen sehr dicht bebaut, Baulücken geschlossen, Dachböden ausgebaut. Südlich der Westbahn warten Areale mit niederer Bebauung auf Aufzonung und Aufstockung, bestehende Bebauung wird erweitert und Lücken werden bebaut.

Positiv beleben
Damit geht eine ökonomisch wie sozial positive Belebung und Durchmischung einher, der ein dringender Bedarf an ausgleichendem Freiraum gegenüber steht. Auf dem Areal der Westbahn fallen Stück um Stück aus der aktuellen Nutzung heraus: Bahngebäude stehen leer, Geleise werden nicht benutzt, Lagerräume sind verwaist. Dieses Stück Stadt-Landschaft hat herausragende Qualitäten: Der Blick in die Landschaft des Wienerwaldes ist frei, die Stadtkante zum Wiental öffnet die Sicht auf das Stadtgefüge, hier entsteht ein Gefühl von wirklich freiem, offenem Raum, der die Dichte der Stadt aufhebt. Die Forderung: Es muss hier der ausgleichende Park entstehen!
Ein ikonisches Stück Stadtlandschaft, ein sieben Hektar großer, topaktueller, dennoch dauerhafter und robuster linearer Park würde die bestehende und hinzukommende Bevölkerung mit Erholungsraum, mit kühlender Vegetation, mit Wegen durchs Grüne versorgen. Diese utopische Idee findet viele Anhänger, könnte auf mehrere Arten realisiert werden und würde Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Sie könnte somit ein Teil der Grünverbindung zum Wienerwald werden.

BLA
besteht seit 2012 aus dem Kernteam bestehend aus Hannes Gröblacher, Lilli Lička und Karoline Seywald und einer flexiblen Gruppe aus Landschaftsarchitektur, Architektur, Fotografie, Film, Kunst und Technik: Martine Claus, Dieta Drack, Jürgen Furchtlehner, Johannes Hloch, Pixie Jacobs, Ursula Kose, Christian Kröpfl, Barbara Mayer, Paul Neuninger, Werner Nowacek, Andreas Reisinger, Thomas Sandri, Dominik Scheuch, Manfred Schwaba, Stephanie Seifriedsberger, Roland Tusch, Roland Wück, Liz Zimmermann.

BLA widmet sich gesellschaftlichen Phänomenen und Konflikten, die sich im Freiraum manifestieren und regen performativ zu neuen Denkansätzen an.

Kernteam:
Hannes Gröblacher, Landschaftsarchitekt, Künstler; Wien und Kärnten. Projekte und Wettbewerbe zu Kunst im öffentlichen Raum und Landschaftsarchitektur. Stadterneuerung. Ausstellungstätigkeit zu Zeichnung und Installation. Lehrtätigkeit zu Landschaftsarchitektur und Entwerfen an der BOKU Wien.

Lilli Lička, Landschaftsarchitektin, Professorin für Landschaftsarchitektur an der Universität für Bodenkultur, Wien. Projekte im öffentlichen Raum, Gestaltung von Parks, Plätzen, Gärten, Straßen, Wohnhausanlagen. Forschung und Lehre zu Themen der Landschaftsarchitektur.

Karoline Seywald, Architektin, Designerin, Wien und Kärnten. Projekte und Wettbewerbe von öffentlichen Bauten, Platzgestaltungen, Denkmälern, Städtebauliche Studien. Realisierungen von Sakralbauten, Wohnbau, Ausstellungsgestaltungen. Forschung zum Thema Architektur und Landschaft, sowie textile Architektur. Lehrtätigkeit zum Thema Raumgestaltung an der TU Wien.

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