Energieversorgung
Qualität in der PV-Installation: Tipps vom Profi
Gebäude Installation: Die Photovoltaik zählt zu den Schlüsseltechnologien bei der Energiewende. Gerade für die Ausführenden wird diese Geschäftssparte immer wichtiger. Es scheint als führe kein Weg an PV vorbei.
Thomas Becker: PV übernimmt eine immer größere Verantwortung bei der Energieversorgung. Wir leben in Europa mit einer extrem sicheren Stromversorgung, PV kann dazu beitragen, dass das auch so bleibt. Die Komponenten müssen über Jahrzehnte unter harten Umgebungsbedingungen überleben, daher unser Anspruch nach höchster Qualität.
Photovoltaik ist ein sehr breites Themenfeld, es geht dabei um Grundlagenplanung, Detailplanung und Ausführung. Fehler können bereits in der Planungsphase durch unsaubere Standortinfos auftreten. Aspekte wie Schneelast, Windlast und bauliche Strukturen sind zu beachten. Für die Standortaufnahme braucht es speziell bei großen Anlagen genauer Recherchen, nur dann ist eine hochwertige Planung möglich.
Es gibt nicht die eine PV-Anlage, welche überall passt.
Das klingt für mich jetzt so, als wäre diese Vorgehensweise nicht selbstverständlich?
Die PV-Branche hat in den letzten zwei Jahren einen Boom erlebt. Leider ist es so, dass deshalb auch Marktteilnehmer mitmischen, die an das Thema nicht seriös herangehen. Zur Planung werden dann nur Luftbilder oder überhaupt nur Standardinfos zum Standort herangezogen. Es gibt nicht die eine PV-Anlage, welche überall passt. Zwischen Standorten in Tirol oder dem Burgenland liegen grundlegende Unterschiede.
Sie haben den Boom angesprochen, so rasch wie er kam, folgt nun ein massiver Markteinbruch, große Anbieter stecken in der Krise oder mussten sogar Insolvenz anmelden. Wie sehen Sie die aktuelle Situation?
Die letzten zwei Jahre waren von Angst und Panik getrieben. Erinnern wir uns an die Achterbahn bei den Energiepreisen, jeder wollte von heute auf morgen eine PV-Anlage haben. In der Finanzwelt würde man von einer Hyperinflation sprechen. Jetzt sind wir in einer Phase der Konsolidierung. Die Energiepreise sind deutlich gesunken, damit ist der Druck weg, dass eine PV-Anlage sofort installiert werden muss. In den letzten zwei Jahren war von allem zu wenig da, jetzt sind alle Komponenten wieder verfügbar. Wir sind konfrontiert mit einem dramatischen Preisverfall parallel zur guten Verfügbarkeit.
Worauf ist dieser Preisverfall zurückzuführen?
China hat in den letzten Jahren mehr als doppelt so viel produziert wie am Weltmarkt gebraucht wird, daher der dramatische Preisverfall. Jeder, der sich bevorratet hat, muss jetzt markante Lagerentwertungen hinnehmen. Das führt dazu, dass Firmen in eine finanzielle Schieflage geraten. Die Flutung durch China war nicht absehbar, es wird teils unter Produktionskosten verkauft. Ich rechne in den kommenden Monaten mit einer Marktbereinigung, eine Konsolidierung der Produktionskapazitäten in China schließe ich nicht aus.
Zurück zu unserem eigentlichen Thema, nämlich den möglichen Fehlerquellen bei der Installation einer PV-Anlage. Die Planungsphase haben Sie bereits angesprochen.
Die Planung kleinerer Gewerbeprojekte oder Anlagen für Einfamilienhäuser kann jede Fachfirma erledigen, dazu gibt es umfassende Infos und Checklisten. Bei großen Projekten kommen Planungsbüros und Gutachter ins Spiel. Um welche Anlage es auch geht, ganz wichtig ist die vernünftige Abwicklung der Behördenverfahren und Netzgenehmigungen, die Abstimmung mit dem Netzbetreiber um Energie einspeisen zu können. In den letzten Jahren wurden oft Luftschlösser geplant, da es keine Möglichkeit gab die Energie ins Netz zu bringen. Schon im Vorfeld gehören diese Fragen geklärt, um die Anlage dann hochwertig umsetzen zu können.
Welche Rolle spielen Normen?
PV ist in der Elektrotechnik ein relativ kleiner und einfacher Bereich, trotzdem muss man sich mit den Normen auseinandersetzen. Es sind vielleicht zwanzig oder dreißig Papiere, die direkten Bezug zu PV haben. Wir machen auch Übernahmegutachten und überprüfen die normative Ausführung einer Anlage, dabei bemerken wir, dass sich viele Ausführende nicht mit den Normen auseinandersetzen. Dabei ist zu bedenken, dass eine Norm nicht den Anspruch erhebt, die beste Lösung zu sein, sie garantiert einen Mindeststandard und lässt viel Luft nach oben. Wir stoßen immer wieder auf Anlagen, die diesen Qualitätsstandards nicht entsprechen. Ein Gewerk normgerecht umzusetzen, das hat auch seinen Preis. Bei billigen Angeboten kann man davon ausgehen, dass die Standards herabgesetzt wurden.
Auch, wenn es uncool ist, es lohnt sich die Betriebsanleitungen der Hersteller zu lesen.
Ganz konkret, wo liegen Ihrer Erfahrung nach, die häufigsten Fehlerquellen bei der Installation?
Das sind in erster Linie fünf Bereiche, die wir bei den Gutachten in letzten drei Jahren feststellen konnten: die Unterkonstruktion, der DC-Installationsbereich und die Kabelführung, der Potenzialausgleich und Blitzschutz, Module, die falsch oder mangelhaft verbaut werden und die Verschattung. Bei den DC-Installationen sind die Steckverbindungen ein großes Thema. Wenn die Verbindung nicht passt ist, entsteht Brandgefahr. Die Steckverbindungen müssen laut Norm herstellersortenrein installiert werden. Man darf keine Mischverbindungen eingehen. Das ist manchmal gar nicht einfach, da die eine Seite bereits am Modul vom Hersteller vorinstalliert ist, die Verbindung macht klick – inwieweit die Komponenten kompatibel sind, sieht man erst später. Aber auch hierfür gibt es sichere Lösungen.
Und: auch, wenn es uncool ist, es lohnt sich die Betriebsanleitungen der Hersteller zu lesen. Die Hersteller sprechen oft ganz klare Vorgaben aus, die von den ausführenden Firmen nicht beachtet werden. Auch daraus ergibt sich ein Gefährdungspotenzial, das aber leicht vermieden werden kann.
Sind Sie häufig mit diesen Fehlern konfrontiert?
Bei mittleren und großen Projekten wird die Überprüfung der Ausführung häufig an externe und dadurch objektive Prüfer übergeben. Wir machen in unserer Firma solche Fremdprüfungen und stoßen auf die genannten Mängel. Die Behebung, das Nacharbeiten, ist oft aufwändig und teuer. Für uns ist es sehr wichtig eine hohe Qualität zu halten, weil es darum geht PV als tragende Säule bei der Energieversorgung zu etablieren. Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten. Eines unserer wichtigsten Güter ist Strom, ohne ihn würde unsere Gesellschaft vor massiven Problemen stehen.
Als eine der größten Hürden beim Ausbau von PV werden oft die mangelnden Netzkapazitäten angeführt. Sehen Sie das auch so?
Es gibt verschiedene Flaschenhälse. Das Netz wurde über Jahre hinweg verwaltet und nicht ausgebaut. Ich möchte den schwarzen Peter aber nicht den Netzbetreibern allein zuschieben. Die Netzbetreiber machen das was in unserem stark regulierten Markt möglich ist. Es ist ein deutlicher Netzausbau notwendig, auch in Hinblick auf die Zunahme von E-Autos und Wärmepumpen. Ein dauerevidentes Thema ist der Fachkräftemangel, auch in der Elektrotechnik. Und das gravierendste Problem liegt in der Regulatorik, im Föderalismus. Es gibt sehr liberale Bundesländer und dann solche, wo man zur Genehmigung einer PV-Anlage Verfahren durchgehen muss, wie beim Bau eines Wasserkraftwerks. Die Verfahren gehören liberalisiert und in allen Bundesländern muss es die gleichen Vorgaben geben. Wir sind teilweise mit überbordenden Genehmigungsverfahren konfrontiert, da gibt es viel Verbesserungspotenzial.
Strom produzieren ist das eine, die Speicherung ein ganz anderes Thema? In welcher Technologie sehen Sie die Zukunft?
Die Frage ist, wie schaffen wir es die Energiedefizite im Winter zu decken. Elektrochemische Speicher und Wasserkraft werden beitragen. In der Ukrainekrise haben wir aber gelernt, dass wir in Österreich Gasspeicher mit enormen Energieinhalten haben. Ich erwarte aus heutiger Sicht eine weitere Entwicklung bei Wasserstoff und grünem Gas. Power to X wird maßgeblich zur Lösung der offenen Fragen beitragen, da hier sehr große Speicherkapazitäten zur Verfügung stehen.
Zur Person
Thomas Becker ist seit 2012 Geschäftsführer der ATB-Becker Photovoltaik in Absam in Tirol. Das Unternehmen beschäftigt sich seit 1986 mit den Themen Photovoltaik und Stromspeicher. Becker ist einer der Referenten bei der diesjährigen Fachtagung für Photovoltaik und Stromspeicherung am 27. und 28. November in Wien.