Konstruktiver Holzbau

Wege der Besinnung

Projekt
23.08.2022

Inmitten des unscheinbaren Welser Industriegebietes hat Maximilian Luger eine Oase der ganz besonderen Art erschaffen.
Maximilian Luger
Die Pavillons, die sich wie zufällig mit dem umgebenden Grün verbinden, laden dazu ein, die Seele baumeln zu lassen.

Ob urbane Intervention, Manifest der modernen Architektur oder Hommage an das Handwerk – die Pavillons des Architekten Maximilian Luger wecken viele Assoziationen. Wie so oft, so gilt auch hier, dass die jeweilige Kunst im Auge des Betrachters liegt: So kommt es, dass man sich als Besucher jenes Refugiums auf einem Besinnungsweg der ganz besonderen Art wiederfindet und dabei die Erfahrung macht, wie sich aus einem Meer an unterschiedlichen Blickwinkeln immer wieder neue Perspektiven formen. Die Schlichtheit der filigranen Glaskuben, die sich wie zufällig mit dem umgebenden Grün verbinden, fasziniert ungemein und schafft Raum für Projektion und Reflexion. Beinahe nebensächlich erscheint da das Massiv des historischen Bestandsbaus, der den Pavillons wie ein Kontrapunkt gegenübergestellt wird – und ist dabei doch stets omnipräsent. Kein Zufall, wie Luger erklärt: "Vor über zwanzig Jahre habe ich das Areal samt jenes Bestandsbaus aus den 1960er Jahren, in dem sich früher einmal ein Arbeiterwohnheim befand, erworben. Ich fand diesen Ort mit seinen vielen Widersprüchlichkeiten einfach wunderbar. Viele sagten mir damals 'Bist du verrückt? Was willst du denn mit dieser Ruine?' Aber das hat mich wenig gekümmert, denn ich habe sofort gesehen, wie viel Potenzial in diesem Ort steckt."

Luger

Wenn Beton auf Holz trifft

Von Anfang an unterlag das Gelände einem städtebaulichen Gesamtkonzept, welches Luger nach dem Kauf des Areals ausgehend von dem Bestandsgebäude sukzessive entwickelte. Den Anfang bildete dabei die Sanierung und der anschließende Umbau des alten Arbeiterwohnheimes – keine leichte Aufgabe, wie Luger sich erinnert: "Bevor wir mit den Umbauarbeiten beginnen konnten, mussten wir erst einmal den ganzen Müll und den Unrat aus dem Gebäude entfernen, der sich über Jahrzehnte hinweg dort angesammelt hat. Das war schon eine Aufgabe für sich. Danach folgte eine umfassende Sanierung – im Jahr 2010 wurde das Gebäude schließlich mit einem Aufbau aus Holz komplettiert." Im Erdgeschoß errichtete Luger eine Wohnung für sich und seine Frau – in den oberen Stockwerken fanden das Architekturbüro, die dazugehörige Modellbauwerkstatt und zwei Wohnungen Platz. So ist ein spannungsreiches Gebäude entstanden, bei welchem sich Beton mit Holz zu einem harmonischen Gesamtkunstwerk verbindet.

Pavillons Wels

Naturnahes Experimentierfeld

Doch dabei sollte es nicht bleiben. So spielte Luger von Anfang an mit der Idee, den Garten des Areals um weitere Bauten zu ergänzen. "Ich habe das Gelände mit diesem wunderbaren Baumbestand gesehen und gedacht: Daraus muss man etwas machen." Schon immer habe Luger die Sehnsucht verspürt, verschiedene Bauweisen am konkreten Gebäude zu erforschen. Also errichtete der Architekt ab dem Jahr 2013 aus eigener Hand fünf hölzerne Pavillons inklusive eines umlaufenden Weges und experimentierte dabei mit verschiedenen Fassaden- und Detaillösungen. Tragende Konstruktionselemente wurden in Brettsperrholz gefertigt, während im Bereich der Fassaden- und Außenbereich Lärche- und Kiefernholz zur Anwendung kamen. "Aus Gründen des Budgets wurde bei den Pavillons ausschließlich Opferholz verbaut – außerdem habe ich das Material jeweils bis zur Grenze der Belastbarkeit ausgereizt. Die Stützen haben beispielsweise einen Durchmesser von nur sieben Zentimetern. Damit wollte ich zeigen, dass im konstruktiven Holzbau auch mit wenigen Mitteln viel erreicht werden kann", so Luger über die Hintergründe zu diesem Projekt.

Luger
Für das Tragwerk samt des punktförmigen Fundamentes wählte Luger Brettsperrholz – Im Außenbereich kam Lärchen und Fichtenholz zur Anwendung.

Brücke zum Tischlerhandwerk

Das Ergebnis überzeugte auch die Jury des Holzbaupreis, weshalb Luger heuer in der Kategorie Sonderpreis eine Auszeichnung erhielt – auch, aber nicht nur wegen der herausragenden visuellen Qualitäten jener Bauten: "Ich habe diese Konstruktionen selbstständig und ohne fremde Hilfe errichtet. Ich möchte auf diese Weise eine Brücke von der Architektur zum Tischlerhandwerk schlagen und zeigen, dass auch der konstruktive Holzbau Teil der Handwerkskunst ist", erklärt der Architekt. In der Vergangenheit war Luger sowohl in der Architekturlehre an der Universität Linz als auch in der Tischlerausbildung an der HTBLA Hallstatt tätig. Im Zuge dessen habe sich für ihn immer wieder gezeigt, dass sich beide Branchen weitaus näher stehen, als allgemein angenommen wird. "Die Trennung zwischen der Architektur und dem Holzhandwerk ist meiner Ansicht nach nicht mehr zeitgemäß. Ich denke, dass insbesondere die Kollaborationen zwischen Architekten und Tischlern viele Potentiale bereithalten – dadurch würde auch das traditionelle Handwerk nachhaltig gestärkt."

Luger
Ein besonderes Highlight ist der aufgeständerte Holzweg, auf welchem sich die Besucher zwischen den Bäumen von einem Pavillon zum nächsten bewegen können. "Der Baumbestand ist mir heilig. Es wurde kein Baum gefällt, wenn das nicht unbedingt notwendig war", so Luger