Reportage

Schnelle Halle für Holzhäuser

Holzbau
17.09.2024

Im Breisacher Gewerbepark Rheinbrücke bei Freiburg in Deutschland entstand in extrem kurzer Zeit eine Produktionshalle in Holzbauweise, deren zentrale Tragelemente Fachwerkträger-Stützen sind, die zudem eine zweite Funktion als Hochregallager einnehmen.
Hallenneubau der Holzhaus Fabrik GmbH
Im Hallenneubau der Holzhaus Fabrik GmbH werden seit April 2022 Holzhäuser produziert. Für ihre Idee, individuelle Häuser in Fertighausbauweise herzustellen, benötigten die Unternehmer eine entsprechend konzipierte Halle. Diese war nach nur fünf Monaten errichtet. In der 61 m langen, 41 m breiten und rund 12 m hohen Halle kommt nun alles unter. 

Mit einem ambitionierten Zeitplan haben die Geschäftsführer der Holzhaus Fabrik GmbH nicht nur ihr Unternehmen gegründet, sondern auch die dafür notwendige Produktions- und Lagerhalle baulich umgesetzt. Erst im Frühjahr 2021 hatten sie sich zusammengetan, und bereits im November desselben Jahres erfolgte der Spatenstich für den Bau der Halle. Diese wiederum war Ende März 2022, also kein halbes Jahr später, fertiggestellt, so dass schon im April 2022 das erste Haus in der Halle gefertigt werden konnte.
Hergestellt werden in der Holzhaus Fabrik Holzhäuser in individueller Fertighausbauweise. Soll heißen: Die Bauherrschaft kommt mit ihrer eigenen oder von einem Architekturbüro erstellten Planung und kann Materialwahl und Wandaufbau gemeinsam mit den Machern in der Holzhaus Fabrik konfigurieren.

Fertigungsmaschinen bestimmen die Hallengröße

Das Herzstück der Halle bildet eine 56 m lange und 14 m breite Hightech-Produktionsstraße, die mit 36 vollautomatischen CNC-Werkzeugen ausgestattet ist. Länge und Breite der Produktionsstraße definierten Länge und Breite des Gebäudes mit 61 m und 41 m (samt Fassade). Eine weitere Vorgabe war von Beginn an die Zweischiffigkeit der Halle. Zudem sollte es möglich sein, mit dem Brückenlaufkran zwei Wandelemente übereinander zu heben. Ausschlaggebend für die Raumhöhe war also die Hakenhöhe des Krans. Das ergab im Endeffekt eine Traufhöhe von 11,70 m beziehungsweise 12,20 m – für eine solche Halle eine außergewöhnliche Höhe.

Fischbauch-Träger mit raffinierten Anschlüssen

Im Abstand von 6 m überspannen 13,10 m lange Brettschichtholz-Fischbauchbinder mit 6 cm Überhöhung das kleine Hallenschiff als „Träger auf zwei Stützen“, und zwar von den zentralen Fachwerk-Stützen mit 10 t Tragkraft zu den Stützen in Außenwandebene (b x h: 18 cm x 68-40 cm, GL 28c). Analog dazu überspannen 24,60 m lange Brettschichtholz-Fischbauchbinder (b x h: 18 cm x 84-140 cm, GL 28c) mit 8 cm Überhöhung den großen Hallenbereich von den zentralen Fachwerk-Stützen zu den Stützen in Außenwandebene (b x h: 18 cm x 84-52 cm, GL 28c).

Bauplan - Rendering des Holzträgerbauwerkes
Die beiden Hallenschiffe sind unterschiedlich breit: Das „Hauptschiff“ überspannen 24,60 m lange Brettschichtholz-Träger in materialsparender Fischbauchform. Den kleinen Hallenteil überspannen 13,10 m lange Brettschichtholz-Träger, ebenfalls in Fischbauch-Form. Die zentralen Stützenauflager bilden die 2,50 m breiten, vertikalen Fachwerkträger.

Die Wahl der Dachbinderform ergab sich aus der Möglichkeit, Material und damit Kosten einzusparen. Denn sie wurden gleich in Fischbauchform verklebt, entgegen der sonst üblichen Fertigungsart, bei der die Fischbauchbinder erst als gerade Träger hergestellt und dann entsprechend in Form gefräst werden, was mit erheblichem Mehraufwand und viel Holzverschnitt verbunden ist. Das direkte In-Form-Verkleben ermöglichte es auch, den Trägerquerschnitt ohne Berücksichtigung angeschnittener Lamellen bzw. Fasern zu berechnen. Die 18 cm breiten Träger der großen Halle haben somit am Rand eine auf Schub bemessene Höhe von 84 cm und in der Mitte eine auf Biegung kalkulierte Höhe von 140 cm.
Im Zuge der Gestaltung des Hallentragwerks brachten die Ingenieure die Idee ins Spiel, das notwendige Hochregallager nicht als einfaches Regal an der Seite der Halle unterzubringen, sondern es in der mittleren Hallenachse zwischen die Fachwerkträger-Stützen in die Tragkonstruktion einzubinden. Die Wandlaufkräne stellten in diesem Projekt das dominierende Element dar, da sie hohe Lasten in Querrichtung erzeugen, die das Hallentragwerk aufzunehmen hat.
Ausgelegt ist das Tragwerk für insgesamt drei Brückenlaufkräne, einen kleineren mit einer Hubkraft von einer Tonne im kleinen Hallenschiff und zwei große mit einer Hubkraft von jeweils acht Tonnen im großen Hallenschiff. Ferner floss in die statische Berechnung die Last von zwei weiteren, geplanten Wandlaufkränen ein.

Detail - Holzträgerverbindung
Anschluss-Detail: Baubuche-Knaggen in Kombination mit Stahlplatten-Kontaktstößen sorgen für die Lastübertragung aus den Dachbindern in die Fachwerk-Stützen. Eine oben in das Binderende eingelegte Baubuche-Platte (nicht sichtbar) dient wie ein Gabellager als Kippsicherung.

Bei der Ausbildung des Tragwerks entschieden sich die Ingenieure, die 11,54 m hohen Außenstützen des großen Hallenschiffs als reine Pendelstützen auszuführen. Mit Querschnittsabmessungen von 84 cm x 18 cm hat man sie auf etwa 9 m Höhe zur Auflagerung eines Doppel-T-Stahlträgers um 32 cm ausgeklinkt, den Restquerschnitt mit 52 cm x 18 cm rund 1,67 m weitergeführt und diesen dann nochmals um 20 cm zur Auflagerung der Fischbauch-Träger ausgeklinkt, die hier mit einer Höhe von 83 cm an den Restquerschnitt der Stützen anschließen.
Erwähnt sei hier, dass Dachbinder von Hallen ohne Laufkräne in Querrichtung meist nur Windlasten aufzunehmen haben. Bei dieser Halle mussten die Fischbauchbinder jedoch aufgrund der Wandlaufkräne zusätzlich große Horizontalkräfte in Binderachse aufnehmen. Denn das Gewicht der Wandlaufkräne wirkt auf die Stützen wie Lasten an Kragarmen (erzeugen also ein Moment) und zieht diese quasi Richtung Halleninnenraum, was Horizontalkräfte auf die Dachbinder erzeugt. Die dafür erforderliche Queraussteifung gewährleisten die extrem steifen Fachwerk-Stützen in der mittleren Längsachse und fungieren gleichzeitig als Stützen des Hochregallagers.
Die im Bauteil-Achsabstand von 1,94 m angeordneten, stehenden BS-Holz-Gurte (GL 24c) sind 18 cm dick und mit 60 cm Höhe zur großen Halle respektive mit 56 cm zur kleinen Halle hin bemessen, dazwischen sind die mit 18 cm quadratischen Fachwerk-Streben eingefügt. Der Anschluss der Diagonalstreben an die Gurte erfolgte über eingeschlitzte Bleche und Stabdübel. Vollgewindeschrauben wären hier keine Option gewesen, da gehärteter Stahl aufgrund der dynamischen Lasten durch die Kranlaufbahnen brechen würde.

Tragwerksbauteile für schnelle Montage

Wichtig bei dem Projekt war schließlich auch eine Montage, die möglichst einfach und schnell erfolgen konnte. Im Falle der Fischbauchbinder bedeutete dies, dass die Träger über Dollen am Auflager aufgesteckt wurden. Die Stützen hat man vorgefertigt, die Fachwerke vor Ort liegend zusammengebaut und dann aufgerichtet, so dass sich Träger und Stützen am Ende einfach zusammenstecken ließen.
Ein ähnliches Prinzip gilt beispielsweise auch für die Fußpunkte der Pendelstützen. Der Bauherr konnte hier die Stexon-Einmesstechnologie für diese klassischen Hallenbau-Fußpunkte verwenden. Die Bolzenanker der Fußpunkte wurden eingemessen, die Stahlfußpunkte vormontiert und die Holzstützen wiederum draufgesteckt.
Bei den Fußpunkten der Fachwerkträger-Stützen ist im Übrigen nicht jede Stütze für sich, aber das Hochregallager als Gesamtbauwerk, eingespannt. Die Stützenfundamente sind 60 cm hoch ausgeführt worden. Inklusive Stahlanschlussteil erreichen sie eine Höhe von 78 cm und bieten damit den geforderten Anprallschutz für Gabelstapler.
Um die Längsaussteifung sicherzustellen, entschieden sich die Planer für Holzrahmenbauwände, da diese einfach herzustellen sind, sehr gut vorgefertigt und ebenfalls schnell montiert werden können. Hier wurden zunächst die 5,82 m breiten Wände zwischen den jeweils vorletzten Hallenfeldern in Ebene der längsseitigen Außenwände platziert sowie in Ebene der Fachwerk-Stützen unterhalb der Firstlinie. Ihre Steifigkeit erhalten die hallenhohen Wände über eine beidseitige Beplankung mit 15 mm dicken OSB-Platten. Der R30-Brandschutz wird über eine zweite Bekleidung aus 12,5 mm dicken Gipsfaser-Platten gewährleistet. Erwähnenswert ist, dass der Nachweis ihrer Tragfähigkeit aufgrund der enormen Wandhöhe nicht über den vereinfachten Nachweis nach Eurocode 5 (EC 5) geführt werden kann, sondern über die Verformung (nach EC 5) nachgewiesen werden musste.
Der Dachaufbau wirkt nicht als aussteifende Scheibe. Die Aussteifung erfolgt über Pfetten und Verbände in der Dachebene. Das abschließende Sandwich-Element liegt ohne statische Funktion darauf. Den Bauherren war neben der zügigen Umsetzung der gesamte Raumeindruck wichtig. Die Produktionshalle sollte auch dem ästhetischen Anspruch gerecht werden, als sauberer Holzbau in Erscheinung zu treten. Das ist rundum gelungen.

Bautafel

Bauherr: Dietzenbach Anna und Gehring Mara GbR, D-79206 Breisach-Hochs
Bauzeit: November 2021 bis März 2022
Energiestandard: KfW40
Architektur: Rebitzke GmbH, Jürgen Rebitzke, D-79189 Bad Krozingen-Biengen, www.rebitzke.de
Tragwerksplanung: Ingenieurbüro Wirth Haker, D-79100 Freiburg, www.ing-wh.de
Fertigung Fischbauchbinder: Ing. Holzleimbau Wiedmann GmbH & Co. KG, D-79618 Rheinfelden-Minseln, www.wiedmann-holzleimbau.de
Abbund: Zimmerei Steiger & Riesterer GmbH, D-79219 Staufen, www.steiger-riesterer.de
Montage: Holzhaus Fabrik GmbH, D-79206 Breisach am Rhein, www.holzhausfabrik.com
Brandschutz: Ingenieurbüro Waldvogel, D-79539 Lörrach, www.ib-waldvogel.de

Branchen
Dach + Wand