Interview
Arno Sorger: „Nachhaltigkeit im Fokus"
Im November letzten Jahres bekam der Österreichische Stahlbauverband (ÖSTV) mit Arno Sorger einen neuen Präsidenten. Im Gespräch mit METALL erzählte er, wie die Hofübergabe mit seinem langjährigen Vorgänger Thomas Berr lief, was er als Präsident im Verband vor hat und wie sehr aktuelle Entwicklungen am Markt Stahlbauer getroffen haben.
METALL: Her Sorger, am 25. November 2020 haben Sie die Präsidentschaft des ÖSTV von Thomas Berr übernommen. Wie sind die letzten Monate gelaufen?
Arno Sorger: Die Übergabe und mein Start als Präsident des ÖSTV waren sehr positiv. Ich bin seit 26 Jahren im Stahlbau tätig und war schon vor meiner Präsidentschaft im Vorstand des Verbands. Insofern kenne ich die handelnden Personen auch schon lange. Mit meinem Vizepräsidenten Stefan Halwachs und unserem Geschäftsführer Georg Matzner haben wir ein gutes Team, das sich regelmäßig über relevante Themen konstruktiv austauscht und gemeinsam entscheidet, welche Themen weiter vorangetrieben werden müssen. Das läuft bisher – trotz Pandemie - sehr gut.
METALL: Sie sprechen es schon an. Sie haben die Präsidentschaft praktisch am Höhepunkt der Corona-Pandemie übernommen. Von Abstimmungsschwierigkeiten etc. aufgrund von Kontaktbeschränkungen gibt es keine Spur?
Sorger: Es war am Anfang ungewohnt, da so gut wie alle persönlichen Treffen ausgefallen sind. Mittlerweile haben sich aber Videokonferenzen durchaus bewährt. Und dadurch, dass ich für persönliche Besprechungen nicht mehr so oft von Kärnten nach Wien reisen muss, sondern Treffen auch über Zoom und Microsoft Teams stattfinden, spare ich mir einiges an Reisezeit ein. Insofern würde ich sogar behaupten, dass Besprechungen und Konferenzen durch die Pandemie effizienter und zeitsparender geworden sind.
METALL: Der Stahlbauverband hat sich bis jetzt vor allem als technisch orientierter Verband zur Bereitstellung von Arbeitshilfen und Regelwerken für seine Mitglieder verstanden. Wird sich künftig noch mehr im Bereich Marketing tun?
Sorger: Auf jeden Fall. Natürlich wird der Stahlbauverband auch in Zukunft als technisch orientierter Verband seinen Mitgliedern erhalten bleiben. Gleichzeitig wollen wir aber die Vorzüge des Stahlbaus, besonders hinsichtlich Nachhaltigkeit, mit weiteren marketingtechnischen Maßnahmen stärker hervorheben. Vielen ist nicht bewusst, was der Stahlbau im Vergleich zu anderen Bauweisen in Sachen Nachhaltigkeit zu bieten hat: Er ist wiederverwendbar, recyclebar, umbaubar und demontierbar. Die Schlagworte, auf die wir in diesem Zusammenhang setzen lauten deshalb auch: „Reuse“, „Reduce“, „Recycle“ und „Remanufacture“. Dies in den Köpfen der Entscheidungsträger zu festigen und ins Bewusstsein zu rufen, wird die Aufgabe der näheren Zukunft sein.
METALL: Nachhaltigkeit spielt also eine große Rolle. Wie sieht es mit Digitalisierung und in diesem Zusammenhang mit BIM aus? Ist das im Alltag der Stahlbauer angekommen?
Sorger: Digitalisierung ist seit über 30 Jahren das tägliche Brot, mit dem in modernen Fertigungen und Werkstätten gearbeitet wird. Denken Sie nur an die ganze CNC-Ansteuerung in den Bereichen Zuschnitt und Bauteilfertigung, die ist jetzt schon durchwegs sehr stark digitalisiert. Gleichzeitig werden wir aber noch gebremst durch den Umstand, dass die Walzwerke, welche die Vormaterialien automatisiert walzen, dies nach größeren Toleranzen machen als nach denen wir fertigen. Das ist ein Problem, das uns die Weiterverarbeitung des Materials erschwert und die Automatisierung somit etwas zurückhält.
METALL: Und wie sieht es mit BIM aus?
Sorger: Hier tut sich einiges. Wir haben im vergangenen Jahr eine Arbeitsgruppe gegründet, in der wir für unsere Mitglieder eine eigene, auf BIM bezogene Richtlinie erarbeiten, um den Unternehmen zu ersparen, sich selbst derart tiefgehend mit dem Thema beschäftigen zu müssen. Natürlich muss dann in weiterer Folge jedes Unternehmen für sich selbst das Thema weiter be- und vorantreiben, aber die Grundlage wollen wir mit der Richtlinie schaffen. Meiner Meinung nach gilt es hier auch zu achten, dass die ganze Sache mit BIM nicht ausufert. Natürlich bringt BIM viele Vorteile mit sich, man muss aber auch aufpassen, dass die Information, die man in BIM haben möchte, auch wirklich jene ist, die man benötigt. Was ich damit sagen will, ist, dass nicht viel Information mit viel Aufwand BIM-mäßig verarbeitet werden sollte, die dann für den Bauherren überhaupt nicht relevant ist. BIM muss für alle Beteiligten einen Mehrwert bringen – nur dann ist es auch sinnvoll eingesetzt. Zudem muss die Bereitschaft des Bauherrn gegeben sein, in der Bauphase die Mehraufwendungen für BIM auch zu tragen.
BIM muss für alle Beteiligten einen Mehrwert bringen – nur dann ist es auch sinnvoll eingesetzt.
METALL: Mehrwert für alle sollte auch bei der Normung das Gebot der Stunde sein. Wie stehen Sie zur Normenflut in Österreich?
Sorger: Natürlich würde ein Deregulierungsprozess den Betrieben das Leben erleichtern. Doch ob dies in der Praxis machbar ist, wage ich zu bezweifeln. Was wir alle wollen sind doch sichere Bauwerke. Und damit ein Bauwerk als sicher gilt, müssen nun einmal viele Regeln eingehalten werden. Was man sich aber vor allem in europäischen und internationalen Normungsausschüssen öfter überlegen könnte, ist, wie sich zusätzliche Normenanforderungen auf die gesamte Entwicklung auswirken können. Das wird meiner Meinung nach zu wenig überlegt. Wir beim Stahlbauverband sind jedenfalls der Meinung: Es braucht so viel Normung wie nötig, aber so wenig wie möglich.
METALL: Gibt es schon Neuigkeiten seitens der EU-Kommission hinsichtlich Bauprodukteverordnung? Ende letzten Jahres stand im Raum, diese überarbeiten zu wollen.
Sorger: Hier haben wir derzeit noch nichts Konkretes in der Hand. Wir beobachten aber sehr genau, was in der EU-Kommission dahingehend derzeit passiert. Aktuell heißt es abwarten. Man wird sehen, ob heuer tatsächlich etwas Neues vorgelegt wird. Das wofür als Verband stehen, ist, dass die Normung schon beim CEN bleibt und dass das System der Leistungserklärung und CE-Kennzeichnung so beibehalten wird, wie es ist.
METALL: Was die Branche derzeit sehr beschäftigt, sind die stark angestiegenen Stahlpreise. Über den Grund dafür sind sich Experten derzeit uneinig. Woran liegt der Anstieg Ihrer Meinung nach?
Sorger: Der Anstieg beginnend in den letzten Wochen des Vorjahres wurde vielfach mit dem Anstieg des Schrottpreises in Verbindung gebracht. Aber eigentlich ist es nicht nachvollziehbar, dass in einer Phase der rückläufigen Nachfrage, die Materialpreise derart steigen. Das Argument „gestiegener Schrottpreis“ ist meiner Meinung nach nur ein Teil der Wahrheit. Ich glaube schon, dass es auch mit preispolitischen Maßnahmen, um nicht zu sagen unter Umständen auch mit Spekulation am Markt zu tun hat. Fakt ist, dass sich der Preisanstieg negativ auf die Branche auswirkt. Man wird sehen, wie lange es anhält.
METALL: Ist Ihr Unternehmen auch betroffen?
Sorger: Ja, da wir das Material nun teurer einkaufen müssen, gleichzeitig aber vertraglich nur die bereits vereinbarten Festpreise abrechnen können.
METALL: Sie haben die rückläufige Nachfrage am Markt durch die Corona-Pandemie schon angesprochen. Wie geht Ihrem Unternehmen Haslinger Stahlbau in der Krise generell?
Sorger: Das Jahr 2020 war für uns relativ gut machbar, da einfach auch noch ein Auftragsüberhang aus den vergangenen Monaten da war. Die wirklichen Auswirkungen werden wir wohl erst jetzt, 2021, zu spüren bekommen. Der Auftragsüberhang ist abgearbeitet und neue Investitionen kommen nur sehr zögerlich. Wir merken auch, dass neue Projekte verschoben werden und dass das tatsächliche, am Markt befindliche Projektvolumen, derzeit geringer ist.
METALL: Das viel zitierte Auftragsloch 2021 ist also durchaus eine berechtigte Befürchtung.
Sorger: Ich hoffe nicht, dass es ganz so schlimm wird. Aber wie gesagt, dass es eine geringer Anzahl an Aufträgen am Markt gibt, ist bereits feststellbar.
Zur Person
Arno Sorger ist Geschäftsführer und Miteigentümer der Haslinger Stahlbau GmbH und seit November 2020 Präsident des Österreichischen Stahlbauverbandes. Er folgte damit auf Thomas Berr, der sich nach acht Jahren an der Spitze aus Altersgründen aus seiner Funktion zurückzog.