Fokus Schalungen

"Die Digitalisierung ist kein einmaliges Projekt"

Schalung
21.08.2024

Die Schalungsanbieter setzten konsequent auf Innovation durch Digitalisierung. Das Ziel: Interne Prozesse verbessern und den Kunden Zeit und Geld auf der Baustelle ersparen. Daran ändert auch die Wohnbauflaute nichts. Bei der Digitalisierung wird nicht gespart.
Die Schalungsbranche investiert in Digitalisierung.
Die Schalungsbranche setzt weiter auf Digitalisierung - trotz Krise im Wohnbau.

„Die Digitalisierung der Baubranche ist dringend notwendig. Die zentrale Herausforderung besteht heute darin, bei immer komplexeren Projekten die Effizienz des Bauprojekts weiterhin zu gewährleisten – und das trotz Zeit- und Kostendrucks sowie Fachkräftemangels.“ Die Aussage von Doka-Österreich-Chef Harald Zulehner steht stellvertretend für die Haltung der Schalungsbranche: Digitalisierung ist ein absolutes Muss. Oder um es in den Worten von Zulehner zu sagen: „Die Digitalisierung ist und bleibt ein zentraler Wachstumstreiber für die Doka.“

Informationen in allen Bereichen bereitstellen

Aus dem Mund von Markus Ringer, Eigentümer und Vertriebschef beim Mitbewerber Ringer, klingt es folgendermaßen: „Die Digitalisierung spielt für unser Unternehmen sowie die gesamte Baubranche eine zentrale Rolle. Sie durchdringt sämtliche Bereiche, von der Planung über die Bauphase, von der Angebotslegung bis hin zur Auftragsabwicklung“, so Ringer. „Ziel ist es, Informationen in allen Bereichen digital bereitzustellen und dadurch eine möglichst hohe Datenqualität ausgehend vom Planungsprozess über die gesamte Auftragsabwicklung bis hin zur Baustellenbetreuung zu erreichen.“

Hohe Datenqualität und Präzision bei den Prozessen ist auch für Meva Österreich-Geschäftsführer Thomas Graf von großer Bedeutung. Die Digitalisierung „ermöglich uns, Prozesse effizient und präzise zu gestalten, die Qualität in der Projektumsetzung und Unterstützung unserer Kunden weiter zu erhöhen. Digitale Instrumente nutzen wir in allen Prozessen, natürlich auch in der Produktion oder in der Produktentwicklung.“

Ob Doka, Ringer oder Meva: Die Manager der Schalungsbranche verstehen Digitalisierung nicht als einmalige punktuelle Innovation. Sie setzen vielmehr auf Kontinuität. „Digitalisierung ist für uns ein kontinuierlicher und dynamischer Prozess. Wir haben bedeutende Fortschritte durch die erfolgreiche Integrierung moderner Technologien in allen Prozessen erzielt“, meint Meva-Mann Graf. Für Schalungsunternehmer Ringer ist die Digitalisierung „ein fortlaufender Prozess, der ständige Anpassungen und Weiterentwicklungen erfordert“.  Ringer reagiere kontinuierlich auf aktuelle Entwicklungen und integriere dies in seine Abläufe, „um sowohl intern als auch für die Kunden innovative und effiziente Lösungen zu schaffen“.

Doka-Österreich-Chef Zulehner unterstreicht dies: „Digitalisierung ist kein einmaliges abgeschlossenes Projekt. Wir treiben die Digitalisierung in unserer gesamten Unternehmensgruppe an verschiedenen, aber eng miteinander verzahnten Stellen stark voran“, so Zulehner. Dabei müsse eines stets klar sein: „Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern muss am Ende des Tages einen konkreten Nutzen bringen, sprich die Produktivität auf der Baustelle steigern.“

Neben der Optimierung der internen Prozesse nutzen die Schalungsanbieter, digitale Innovationen, um sich am Markt zu differenzieren. Großes Schlagwort: Kundennutzen. Dies ist auch das Ziel einer Kooperation, die der Schalungs-Spezialist Peri mit Datab abgeschlossen hat – einem österreichischen Unternehmen, das digitale Bauprozesse entwickelt. Die beiden Unternehmen haben gemeinsam eine Lösung entwickelt, die mit Hilfe von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz (KI) die Anwendung von Sonderschalungen auf Baustellen dramatisch vereinfachen soll. Sie versprechen ihren Kunden signifikante Einsparungen von Zeit und Kosten – sowohl bei der Planung von Sonderschalung, aber auch bei deren Produktion.

Die neue Lösung lässt sich am Beispiel einer Schalung für eine Türaussparung anschaulich erklären: Bislang ist es üblich, vor Ort auf der Baustelle eine Holzschalung mit den notwendigen Aussparungen für die Tür anzufertigen. Der Aussparungskasten wird auf der Baustelle mit Holzplatten und Sägen zugeschnitten und nach dem Betonieren in der Regel entsorgt. Peri und Datab bieten eine Alternative an, die deutlich Zeit spart. „Es reicht völlig, dass der Polier auf der Baustelle die Türe handschriftlich skizziert und fotografiert“, erläutert Datab-Geschäftsführer David Dabic. Auf Basis der angegebenen Maße und mit Hilfe von KI generiert eine Software automatisch einen Entwurf. Dieser wird anschließend an eine CNC-Maschine weitergeleitet, die damit die Schalung produziert. Datab hat für diesen Prozess eine Software entwickelt sowie ein Holzsteck-System aus Sperrholzplatten entwickelt, das es ermöglicht, die Schalungen möglichst zeit- und kostensparend zu produzieren. Peri-Österreich Chef Peter Radel zeigte sich anlässlich der Präsentation der Innovation vor einigen Monaten von deren Erfolg überzeugt: „Der Fortschritt ist exponentiell. Wir liefern auf den Millimeter genau, was der Kunde braucht – zu einem Preis, den es noch nicht gab.“

Soweit geht Schalungsunternehmer Ringer nicht. Aber auch er verspricht seinen Kunden deutliche Effizienzgewinne durch den Einsatz von digitalen Innovationen – zum Beispiel im Bereich der Planung: Die Bandbreite reicht hier von 2D-Lösungen über 3D-Visualisierungen bis hin zu integralen Planungen im BIM-Bereich. In Zusammenarbeit mit dem deutschen Digitalisierungs-Spezialisten BIM² stellt Ringer Schalungslösungen als digitalen Zwilling zur Verfügung. Der Vorteil für die Kunden: „Mit Hilfe der teilautomatisierten Planungssoftware BIM²form können Grundrisse effizient geplant und die erforderlichen Materialauszüge direkt erstellt werden“, so Ringer. „Durch diese Maßnahmen wird die Effizienz modellorientierter Planung signifikant gesteigert, was zu einem durchgängigen BIM-Workflow führt.“ Die BIM-Dateien vorgelagerter Gewerke könne übernommen und an nachfolgende Nutzer weitergegeben werden. Eine „nahtlose Integration aller am Bauprozess beteiligten Partner“ werde möglich.

Ein anderes Beispiel ist die digitale Betonreifegrademessung auf der Baustelle. Bei diesem Service, das Ringer seinen Kunden bietet, geht es darum, durch kürzere Wartezeiten schnellere Ausschalungszeiten zu erreichen. Das Ziel auch hier: Kosten sparen. Das Tool funktioniert folgendermaßen: Der Aushärtegrad des Betons wird durch Messung des Temperaturverlaufs bestimmt. Dazu werden Sensoren in die Schalung integriert und die Messdaten mit Vergleichskurven abgeglichen. „Dadurch ist es möglich, oft mehrere Tage Wartezeit je Takt einzusparen und somit mehr Effizienz auf der Baustelle zu erreichen“, erläutert der Ringer-Chef.

Mit Sensoren arbeitet man auch bei Doka. Beim Tool „Concremote“ wird mit Hilfe von Sensoren und digitalem Cockpit die Frühfestigkeitsentwicklung des Betons laufend überwacht. Dies bringt wirtschaftliche Vorteile wie die Optimierung von Ausschalfristen und die Reduktion von Taktzeiten und Vorhaltemengen. „Das ist besonders interessant bei der Verwendung von klimafreundlichen, CO2-reduzierten Betonmischungen“, so das Unternehmen. Gleichzeitig würden „dank dem dokumentierten Nachweis der Nachbehandlungsdauer und der Festigkeitsentwicklung auch wichtige Qualitäts- und Sicherheitsthemen bespielt“.

Mit den „DokaXact Load & Pressure-Sensoren“ ermöglicht man „die Echtzeit-Überwachung des Betoniervorgangs via Datengenerierung direkt von der Schalung weg“. Dazu Doka Österreich-Geschäftsführer Zulehner: „Damit gehen wir den nächsten Schritt in Richtung Intelligenter Schalung und sorgen dank datengestützter Entscheidungen für eine noch bessere Genauigkeit während der Betonage.“ Doka will dieses Service ab Herbst flächendeckend in Österreich anbieten.

Bei Meva ist die „3D-Schalungsplanung für Projekte aller Größen aller Art“ laut Österreich-Geschäftsführer Graf nicht mehr wegzudenken. Zudem nutze man die Vorzüge der Digitalisierung auch in der internen Projektbearbeitung und in der Kommunikation. Graf: „Hier ist die enge Zusammenarbeit unserer Teams in vielen Ländern essentiell für die erfolgreiche Umsetzung.“ So würden sich beispielsweise die Teams im deutschen Halterbach, in Singapur, auf den Philippinen oder in Dubai vernetzen, „um ihr Know-how bei der Umsetzung komplexer Hochhaus- oder Infrastrukturprojekte zu bündeln.“ Zudem arbeite Meva weiterhin eng mit BIM², „unserem langjährigen Partner für digitalisierte Schalungspläne zusammen, um unsere Entwicklung im Bereich Building Information Modelling voranzutreiben“.  

Angesichts der Bedeutung, der die Branche dem Thema gibt, ist auch von Einsparungen im diesjährigen Digitalisierungsbudget nicht die Rede – trotz Konjunkturabschwung in der Bauwirtschaft in Folge der Wohnbauflaute. „Die nun länger anhaltende Wohnbauflaute stellt zweifellos eine Herausforderung dar. Die Digitalisierung bleibt jedoch ein zentraler Bestandteil unserer Unternehmensstrategie“, so Meva Österreich-Chef Graf. „Im Infrastrukturbau, einem wachsenden Schwerpunkt unseres Geschäfts, ist die Digitalisierung sogar von noch größerer Bedeutung, um effiziente Prozesse zu erzielen und die Projektabwicklung zu vereinfachen.“ Klare Aussage: „Wir sind fest entschlossen, unsere Digitalisierungsstrategie weiter voranzutreiben.“

Ganz ähnlich klingt das bei Ringer. „Unsere Digitalisierungsstrategie bleibt unabhängig von der aktuellen Marktsituation und unbeeinflusst“, sagt Unternehmenschef Ringer. „Laufende Entwicklungsprojekte werden konsequent weitergeführt, da wir der Überzeugung sind, dass Stillstand gleichbedeutend mit Rückschritt ist.“ Der Bereich Schalungen und Gerüste unterliege wie der gesamte Bausektor einem kontinuierlichen Wandel, der durch neue Technologien vorangetrieben werde. Ringer: „Diese Innovationen ermöglichen es uns, verbesserte und zukunftsorientierte Services für unsere Kunden zu entwickeln, weshalb wir unsere Investitionen in die Digitalisierung nicht reduzieren.“

Trotz Wohnbauflaute lässt man auch bei Doka keinen Zweifel an weiteren Investitionen in die Digitalisierung aufkommen. „Unsere Digitalisierungsstrategie ist ein zentrales strategisches Vorhaben innerhalb der gesamten Unternehmensgruppe und nicht an regionale Bauwirtschaftssektoren gebunden“, sagt Doka Österreich-Geschäftsführer Zulehner. Und er verstärkt seine Aussage noch: „Investitionen im Kontext Digitalisierung sind für uns in Zeiten wie diesen ohnehin ein absolutes Muss“ – sowohl zur „Optimierung interner Prozesse“ als auch zur „Produktivitätssteigerung auf der Baustelle, die im Vergleich zur stationären, produzierenden Industrie dringend angehoben werden muss“.  

Branchen
Bau