Vermessung

Gar nicht vermessen: Der Einsatz von 3D-Laserscannern boomt

Vermessen
03.12.2024

Die 3D-Laserscanner revolutionieren die Vermessung am Bau. Die Technologie ist mittlerweile auch für kleinere und mittelgroße Unternehmen erschwinglich geworden. Trotz Einbruch der Baukonjunktur wächst das Geschäft mit den 3D-Laserscannern auch heuer.
3D-Laserscanner: Revolution in der Vermessung.
Entwarnung: Kein Radar gegen Temposünder, sondern 3D-Laserscanner für Vermesser.

Sie ist einem Renaissanceschloss nachempfunden, befindet sich in 2.710 Meter Höhe mitten in Stubaier Alpen, und sie wurde 1928 gebaut: die Siegerlandhütte des Deutschen Alpenvereins (DAV). Das betagte Gebäude soll in den kommenden Jahren renoviert werden. Dummerweise existieren für die fast 100 Jahre alte Berghütte aber keine Baupläne mehr. Die Lösung: Der Einsatz modernster Vermessungstechnik inklusive 3D-Laserscanner und Drohne.

Viele Vorteile

Der beauftragte Vermessungstechniker verwendete 3D-Laserscanner von Leica Geosytems – einer Marke des internationalen Hexagon-Konzerns – für die Messungen im Innenbereich und außen. Innerhalb einiger Stunden war das gesamte Gebäude elektronisch erfasst. Nach der Rückkehr ins Büro wurden die erfassten Daten verarbeitet und verwendet, um ein exaktes 3D-Modell der Siegerlandhütte zu erstellen. Auf Basis dieses 3D-Modells können nun die Renovierungsarbeiten präzise geplant werden.

BIM, 3D-Laserscanning, Drohnen: Das Zusammenspiel dieser drei Technologien gewinnt in der Vermessung am Bau immer mehr an Bedeutung. „Diese innovativen Verfahren ermöglichen eine präzise Planung und eine deutlich verbesserte Qualitätssicherung von Bauprojekten“, meint Roman Stempfer, CEO von Laserscanning.at, einem Laserscanning-Dienstleiter, der die Produkte des Herstellers Faro in Österreich vertreibt. Stempfer weiter: „Der Einsatz dieser Technologien trägt nicht nur zur Reduktion von Fehlern und Kosten bei, sondern fördert auch eine nachhaltige und zeitsparende Umsetzung komplexer Bauvorhaben.“

Der enorme Vorteil, den der Einsatz von 3D-Laserscannern gegenüber herkömmlichen Vermessungsmethoden bietet, wird am relativ trivialen Beispiel einer Küchenplanung deutlich. Bislang ist folgende Vorgangsweise noch der Normalfall:  Der Kunde kommt mit den groben Maßen zum Küchenstudio. Dort macht der Berater die erste Planung. Anschließend werden beim Kunden die Echtmasse genommen. Dann kommt die Feinplanung. Das ist ein zeitaufwendiger Prozess.

Mit dem Einsatz der neuen Technologien geht das einfacher. „Der Berater erfasst mit dem 3D-Laserscanner vor Ort innerhalb von wenigen Minuten sämtliche Abmessungen – und das exakt bis auf zwei bis drei Millimeter genau. Die Daten spielt er in das CAD-System ein. Dann kann er schon den Küchenplan erstellen“, erläutert Hannes Wagner, Geschäftsführer von UTB Laser und Vermessungstechnik, einen Laserscanner-Händler, der zudem Schulungen, Support und Service/Wartung anbietet. Wagner weiter: „Der Laserscanner ist viel schneller, er arbeitet sehr präzise und man kann die digitalen Daten leicht in ein CAD-System spielen und dort mit ihnen arbeiten.“

Jesús Bonet, Director of Sales & Business Development in der Geosystem Division von Hexagon, ergänzt: 3D-Laserscanner “sind besonders bei Anwendungen geeignet, die detaillierte, volumetrische, räumliche Daten und Punktwolken erfordern wie zum Beispiel die Erstellung und Aktualisierung von BIM-Modellen oder die Bereitstellung von Bestandsdokumenten.“ Er verweist auf einen weiteren Vorteil – die Vollständigkeit der erfassten Daten. „Traditionelle Vermessungsmethoden erfassen Punkt für Punkt, sodass für die Modellierung eines 3D-Raums mehrere Aufbaupositionen erforderlich sind, so Bonet. „Manchmal sind Nachbesuche vor Ort notwendig, um fehlende Daten zu ergänzen. Ein moderner 3D-Scanner erfasst dagegen bis zu zwei Millionen Punkte pro Sekunde und erstellt vollständige, präzise 3D-Punktwolken innerhalb von Minuten.“

Komplette Daten von 3D-Scannern ermöglichen innovative Anwendungen auf Baustellen. Ein Beispiel ist die Überwachung der Verformung von Betondecken. Verformte Decken führen zu Bodenhöhen, die nicht normgerecht sind und kritische strukturelle Probleme verursachen können. Die Folge sind unsichere Gebäude, deren Reparatur extrem teuer und zeitaufwendig ist. Bonet berichtet von einem Bauunternehmen, das einen 3D-Laserscanner benutzt, um Decken präzise dreimal zu messen: vor und nach dem Betonieren sowie nach dem Entfernen der Stützen. Bonet: „So lässt sich sicherstellen, dass der Beton den ursprünglichen Entwurfsanforderungen entspricht und das Risiko kostspieliger struktureller Verformungen wird minimiert.“ 

Gewaltige Vorteile bringt das 3D-Laserscanning oder verwandte Technologien wie die Photogrammetrie, bei der überlappende Fotos erstellt werden, auch im Infrastrukturbereich – zum Beispiel beim Bau und der Sanierung von Autobahnen und Bahnstrecken. „Diese Technologien haben die Vermessung in diesem Bereich revolutioniert“, sagt Michaela Ragossnig-Angst, Geschäftsführerin von Angst Vermessung ZT. Wo früher aufwendige Sperren von Fahrspuren notwendig gewesen sind, kann man nun die Aufnahmegeräte auf einem Auto oder einer Drohne installieren und so rasch und einfach die Daten erfassen. Ragossnig-Angst: „Das spart viel Zeit und ist für die Vermessungstechniker natürlich auch deutlich sicherer als neben einer stark befahrenen Fahrbahn arbeiten zu müssen.“

Mit Blick auf diese Vorteile ist es verständlich, dass die Verbreitung von 3D-Laserscannern in der Bauwirtschaft in den vergangenen Jahren stark zugenommen hat. „Hemmnisse aus der Vergangenheit wie hohe Anschaffungskosten, große Datenmengen oder fehlende Kompatibilität mit Planungssoftware wurden die letzten Jahre erfolgreich abgebaut“, meint Laserscanning.at-CEO Stempfer. „Die Anschaffungskosten von einem guten Laserscanner liegen im Bereich eines Mittelklasse-Pkws und sind heute auch für Einmannbetriebe erschwinglich und wirtschaftlich einsetzbar.“

Statische Laserscanner kosten mittlerweile zwischen 30.000 und 50.000 Euro inklusive der Prozessierungssoftware. Dazu kommen jährlich zwei bis fünf Prozent der Anschaffungskosten für Wartung und Updates. Mobile Geräte, mit denen man frei herumgehen kann, sind etwas teurer. Sie liegen in der Anschaffung zwischen 35.000 und 60.000 Euro.

Immer häufiger werden 3D-Laserscanner und Geräte zur Photogrammetrie auch auf Drohnen montiert. Dazu ein Laserscannerhändler, der seit vielen Jahren im Geschäft ist: „Praktisch jedes mittelgroße Bauunternehmen setzt bereits Drohnen für die Vermessung ein.“ Wie das in der Praxis läuft, zeigt das Beispiel einer Umfahrungsstraße: Das ausführende Unternehmen erhält vom Auftraggeber die Daten für das Gelände. Die stimmen aber oft nicht. Es muss also selbst vermessen. Mithilfe der Drohne kann das Unternehmen schon vor der Abgabe des Angebots eine Urgeländeaufnahme machen und erhält so die präzisen, verlässlichen Informationen, die es für die Berechnung des Angebots benötigt. Während der Baumaßnahmen wird das laufende wiederholt und so der Baufortschritt lückenlos dokumentiert. „Das geht mit der Drohne in sehr kurzer Zeit für sehr große Flächen. Ein Hektar kann in zehn Minuten erfasst werden. Ohne Drohne bräuchte ein Vermesser für die gleiche Fläche ohne weiteres drei Stunden“, meint der Experte. Und er nennt einen weiteren Vorteil: „Der Vermesser kann etwas vergessen, was im Nachhinein nicht mehr korrigiert werden kann. Wenn zum Beispiel die Humusschicht einmal abgegraben ist, kann man sie nicht mehr herstellen. Mit der modernen Technologie wird alles zuverlässig erfasst.“

Der Markt für 3D-Laserscanning ist in den vergangenen Jahren weltweit stark gewachsen. Manche Studien gehen von 12 bis 15 Prozent pro Jahr aus, andere sogar von 30 Prozent. Das globale Marktvolumen wird auf rund vier bis fünf Milliarden US-Dollar geschätzt. UTB-Geschäftsführer Wagner berichtet von einem Wachstum von jeweils rund 30 Prozent in den vergangenen Jahren. „Während Corona waren es aufgrund der Investitionsprämie sogar bis zu 50 Prozent“. Diese Werte sind derzeit nicht zu erreichen. Aber, so Wagner weiter, „das Wachstum der Digitalisierung ist höher als die Delle in der Bauwirtschaft. Wir wachsen auch heuer. In Zukunft sollten die 30 Prozent wieder möglich sein.“

Und vom Boom in der modernen Vermessungstechnik profitieren nicht nur die großen internationalen Anbieter und ihre lokalen Vertriebspartner, sondern auch kleine Start-ups. Eines davon ist die Vorarlberger Firma Sodex Innovations. Sie entwickelt innovative Vermessungstechnologien für die Bau- und Bergbauindustrie und setzt dabei auf eine Kombination von 3D-Laserscannern und Kameras. Das junge österreichische Unternehmen wurde für ihre Technologien bereits international mehrfach prämiert. Der letzte Coup: Auf der 2024 Construction Start-up Competition in Las Vegas setzte es sich gegen 500 Konkurrenten aus 70 Ländern durch und wurde von Branchengrößen wie Trimble, Caterpillar und Hilti ausgezeichnet.

Das Sodex-Team ist vom weiteren Erfolg der Scanner am Bau fest überzeugt: „Zuerst ist es für Bauunternehmen mit großem Aufwand verbunden, ihre Prozesse umzustellen“, räumt Co-Founder Raphael Ott ein. Aber: „Wir sind hier bereits im Wandel und in ein paar Jahren sind die Lösungen nicht mehr wegzudenken.“

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