Tageslichtplanung: Wie ein großes Dach
Der Dachstein erreicht eine Höhe von 2.700 Metern, von dort oben eröffnet sich ein spektakulärer Rundumblick auf eine eindrucksvolle Bergwelt. Etwa 250 Meter unter dem Gipfel gelegen bietet die Seethalerhütte Schutz und Schlafmöglichkeit. Mit dem notwendig gewordenen Neubau wollten die Architekten Stephan Hoinkes und Thomas Heil den Charakter einer Berghütte bewahren, und gleichzeitig einen bewussten Kontrapunkt zu den meist üblichen Panorama-Restaurants des Massentourismus schaffen. Die Bauarbeiten des aluminiumgedeckten Holzbauses starteten im Sommer 2017, Weihnachten 2018 wurde eröffnet.
Einfach und funktionell
Die Planer entschieden sich für eine möglichst einfache Lösung: Standardfensterformate und sehr klar nachvollziehbare Konstruktionsdetails. Der Baukörper ist möglichst einfach und funktionell konzipiert: vorgefertigter Holzbau, Holzfaser Wärmedämmung und eine einheitliche Außenhaut aus Aluminium - eingedeckt wurde der Baukörper mit Fassadenpaneelen FX.12 von Prefa. Freundlich helles Holz lässt den Innenraum zu einer Einheit verschmelzen.
Das klein dimensionierte Untergeschoß mit dem Technikbereich ist von außen nicht sichtbar. Das Geschoß darüber ist so ausgelegt, dass neben den Toiletten, einer kleinen Dusche und Garderobe Technik- und Stauräume in den Sommermonaten von außen erreichbar sind. Über den Haupteingang im Erdgeschoß erreicht man die Küche und den Essraum. Die Zimmer in den oberen Geschoßen – wo sich auch die Betreiberwohnung befindet – sind lediglich ab dem Nachmittag zugänglich.
Tageslichtinszenierung
Die Fenster, die leicht vorspringend in die Fassade gesetzt wurden, erzeugen an der Fassade ein zartes Licht- und Schattenspiel. Das einheitliche Grau des Aluminiumzinks für Fenster und Außenhülle unterstreicht den monolithischen Charakter des Baukörpers. „Die Fenster wurden so platziert, dass sie nicht nur als Lichtquelle dienen, sondern wie Gemälde wahrgenommen werden. Jedes von ihnen rahmt einen spektakulären Ausblick in die Bergwelt und erzählt eine Geschichte über die Landschaft: In den Schlafräumen sind dies Fragmente der Felswände des Dachsteinmassivs, das Stiegenhaus hingegen öffnet sich in Richtung Tal“, erklärt der Architekt Stephan Hoinkes die präzise und bewusst überlegte Platzierung der Öffnungen. Die Schlafräume im ersten und zweiten Geschoß sind raumökonomisch mit Stockbetten ausgerüstet, das Dachgeschoß hingegen verfügt über eine Reihe am Boden liegender Matratzen. „Wir haben alles so groß wie nötig und so klein wie möglich konzipiert“, präzisiert er.
Je nach Tageszeit verändert sich die Farbe der äußeren Hülle sehr stimmig ganz im Einklang mit der Felslandschaft, in der die Hütte errichtet wurde. Helles Grau in der Mittagssonne wird zu dunklem Blau nach Sonnenuntergang. „Die Hütte gleicht zwar einem Felsen, unsere primäre Absicht war es aber nicht, sie auch so aussehen zu lassen. Die Form ist einfach das Resultat der Funktion. Die steile Fassade erlaubt, dass der Schnee leicht abgleitet und ermöglicht eine bessere Orientierung der Photovoltaikpaneele an der Südfront. Eigentlich hat der Bau überhaupt keine Fassade, sondern ist ein großes Dach“, sagt Hoinkes. Die verwendeten Dachfenster sind Standardprodukte, allein eine Ergänzung mit Ventilen zur höhenbedingten Änderung des Gasdrucks war notwendig. „Wir haben genau die gleichen Fenster, die in Einfamilienhäusern eingebaut werden, die gleichen Formate und Griffe, eingesetzt“. Auch die Durchreiche zur Terrasse ist ein Produkt aus dem normalen Velux-Sortiment, das Dreiplus Architekten hier durchaus kreativ eingesetzt haben. Der aufgeklappte Flügel dieses Dachfensters öffnet sich als Durchreiche zur außen eingerichteten Sonnenterrasse und wird im geöffneten Zustand zum transparenten „Vordach“, das unmittelbaren Schutz nach oben bietet.
Jedes einzelne Detail entspricht maximaler Funktionalität und dabei aber auch jenem Komfort, der in alpinen Regionen erforderlich ist. Spezielle Aufmerksamkeit kam den Wünschen der Betreiber zu und war somit dem Workflow der sommerlichen Bewirtschaftung der Hütte gewidmet.