Auf ein Wort

Luft nach oben

Trockenbau
16.03.2021

Michael Allesch über das Imageproblem des Trockenbaus, wie man diesem entgegenwirkt und über die Strategien von Rigips und Isover.
Portraitfoto von Michael Allesch, Direktor Marketing und Vertrieb von Isover und Rigips
Michael Allesch hat Anfang des Jahres als Direktor des Marketings und Vertriebs die Gesamtleitung der Saint-­Gobain-Marken Rigips und Isover übernommen.

Mit Jahresbeginn übernahm der langjährige Rigips-Geschäftsführer Michael Allesch bei den Saint-Gobain-Marken Isover und Rigips als Direktor für Marketing und Vertrieb die Gesamtleitung. Im Interview mit der Bauzeitung spricht er über die Vorteile des One-Face-to-the-Customer-Prinzips, erzählt, wie Saint Gobain durch die Krise kommt und mit welchen Strategien man auf die derzeit großen Trendthemen im Trockenbau reagiert.

Herr Allesch, Sie haben mit Jahresbeginn die Gesamtleitung des Marketings und Vertriebs der Saint-Gobain-Marken Rigips und Isover übernommen. Welche Strategie steckt dahinter?

Michael Allesch: Das war eine sehr bewusste Entscheidung. Dieses sogenannte One-Face-to-the-Customer-Prinzip hat sich bereits in unseren Segmenten Fertighaus und Malergroßhandel bewährt, weshalb wir uns nun auch bei Rigips und Isover für diese Vertriebsstrategie entschieden haben. Es macht deshalb Sinn, da wir bei den beiden Marken komplementäre Produkte verkaufen. In erster Linie profitiert der Händler im Sinne einer Effizienzsteigerung davon. Er kann sich auf einen Gesprächspartner fokussieren, gleich zwei Marken diskutieren und verhandeln. Die neue Ausrichtung bringt uns aber auch interne Vorteile, wenn beispielsweise administrative Tätigkeiten wie Rigips- und Isover-Marketingaktivitäten koordiniert ausgeführt werden – was wiederum dem Business der Kunden zugutekommt.

Sehen das die Kunden auch so?

Allesch: Selbstverständlich braucht es wie bei jeder Veränderung eine gewisse Gewöhnungsphase. Es bedeutet immer eine Umstellung für den Kunden, wenn sich Ansprechpartner ändern. 2020 haben wir in den Segmenten Fertighaus und Malerfachhandel ja bereits einen Probelauf hingelegt, der sich auch für die Kunden sehr bewährt hat. Ich bin der Meinung, dass wir von dieser Zusammenlegung alle profitieren werden und Saint Gobain – mit der dritten Marke Weber Terranova – eine besondere Stellung am Markt hat, mit der wir die Kundenbindung weiter steigern können.

Gerade in einem Gewerk wie unserem, in dem wir Kunden auf Baustellen etc. besuchen, ist das nicht immer ganz einfach. Auch die Neukundenakquise ist derzeit enorm schwierig.

Michael Allesch

Apropos Kundenbindung. Wie geht man in der Corona-Krise damit um?

Allesch: Wir haben mit Beginn der Krise so gut wie all unsere Kundenkontakte digitalisiert. Gerade in einem Gewerk wie unserem, in dem wir Kunden auf Baustellen etc. besuchen, ist das nicht immer ganz einfach. Auch die Neukundenakquise ist derzeit enorm schwierig. Wir haben allerdings Glück, dass ein Großteil unserer Kunden aus dem B2B-Sektor kommt. Wir kennen also deren Kontaktdaten und können sie erreichen, ihnen Neuigkeiten mitteilen oder sie zu Webinaren einladen. Das erleichtert die Aufrecht­erhaltung der Kundenbindung natürlich ungemein.

Wie geht es Saint Gobain denn generell in der Krise?

Allesch: Wir haben das vergangene Jahr relativ gut über die Bühne gebracht. Natürlich hatten auch wir am Beginn des ersten Lockdowns einen gewissen Schockmoment und haben uns gefragt, wie lange das alles dauern und was mit dem Baumarkt passieren wird. Glücklicherweise ist es dann aber im Mai des Vorjahres wieder nach oben gegangen. Auch die Baustellen sind gut angelaufen, und wir haben im Herbst sogar Aufholeffekte gesehen. Trotzdem muss man so realistisch sein und davon ausgehen, dass vermutlich noch die nächsten Jahre von der Corona-Krise gezeichnet sein werden. Wie stark, wird sich zeigen.

Nach wie vor wird mit dem Trockenbau ein gewisses Billig-Image verbunden, obwohl der Trockenbau mittlerweile ein Schlüsselgewerk auf der Baustelle ist. Warum?

Allesch: Mit diesem Image sind wir leider nicht ganz zu Unrecht konfrontiert. Die finanzielle und materielle Hürde, einen Trockenbaubetrieb zu eröffnen, war lange Zeit sehr gering. Man braucht keine Werkstatt, kein Lager und ist relativ rasch in der Lage, Ständerwände aufzustellen. Das bedeutet allerdings noch nicht, dass man auch den hohen Anforderungen moderner Konstruktionen hinsichtlich Schall- und Brandschutzes gerecht werden kann. Die Folge sind Verarbeitungsfehler, und darunter leidet natürlich das Image.

Wir glauben, mit diesen geprüften Systemen und der Normenarbeit den Trockenbau auf ein sehr hohes Niveau heben zu können, das dann natürlich wiederum eingehalten werden muss.

Michael Allesch

Was kann man dagegen tun?

Allesch: Der Trockenbau grenzt mittlerweile an so viele andere Gewerke an. Es geht hier sehr stark um Schnittstellen und das Wissen, wie man mit diesen umgeht. Gerade dabei gibt es noch Luft nach oben. Wir als Saint Gobain setzen uns gezielt für die Imageverbesserung ein. Einerseits treiben wir sehr stark die Normenarbeit voran, zum anderen forcieren wir die Prüfung unserer Systeme. Wir lassen unsere Systeme mit relativ viel Kostenaufwand prüfen, damit wir dem Bauherrn versichern können, dass das System auch alle bauphysikalischen Anforderungen erfüllt. Das Gute daran ist: Unsere Prüfungen werden immer durch externe Prüfanstalten durchgeführt, damit sind für Verarbeiter wie Bauherr höchste Standards gesichert. Wir glauben, mit diesen geprüften Systemen und der Normenarbeit den Trockenbau auf ein sehr hohes Niveau heben zu können, das dann natürlich wiederum eingehalten werden muss. Deshalb informieren wir auch die Architekten und schulen die Verarbeiter.

Welche Rolle spielt der Fachkräftemangel in diesem Zusammenhang?

Allesch: Das hängt natürlich alles zusammen. Gerade durch die aktuellen Grenzschließungen sind Generalunternehmen derzeit auf heimische Arbeitskräfte angewiesen, die vielfach auch erst ausgebildet werden müssen. Wir arbeiten gemeinsam mit dem VÖTB sehr stark am Image des Trockenbaus, um vor allem für jugendliche Ausbildungssuchende attraktiv zu werden und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Neben dem Fachkräftemangel ist auch das Thema Ökologie ein großes. Welche Strategien verfolgt Saint Gobain hier?

Allesch: Wir sind hier sehr breit aufgestellt. Das reicht einerseits von unseren Produkten über die Nutzung der richtigen Energiequellen – wir haben Anfang des Jahres auf 100 Prozent Grünstrom umgestellt – bis hin zu unserem Fuhrpark. Großgeschrieben wird zudem das Thema Kreislaufwirtschaft. Seit Jahren bieten wir unseren Kunden das Recycling unserer Gipskartonplatten an. Dabei lassen wir Gipskartonausschnitte in unser Werk nach Bad Aussee zurückholen und verarbeiten sie zu neuen Gipskartonplatten. Unsere gesamte Unternehmensstrategie ist darauf ausgerichtet, dass Produkte und Serviceleistung einerseits Komfort und Performance bieten, zum anderen aber eben auch nachhaltig sind.

Was halten Sie in diesem Zusammenhang vom Einsatz nachhaltiger Materialien wie beispielsweise Lehm oder Paraffin?

Allesch: Ich vergleiche so etwas immer gerne mit Modetrends. Natürlich kann dieses oder jenes Material verwendet werden, weil es eben gerade im Trend liegt. Die Eigenschaften der Gipskartonplatte oder auch des Gipsputzes sind hinsichtlich Recyclingfähigkeit, Bauphysik und auch Brandschutz aber herausragend, weshalb sich solche Trends wohl auch in Zukunft nicht für die Allgemeinheit durchsetzen werden.

Im Trend liegt derzeit auch die Digitalisierung. Sie bieten seit einigen Jahren Ihre Konstruktionen auch als BIM-Objekte an. Hat sich die Nachfrage danach in den letzten Jahren gesteigert?

Allesch: Unsere BIM-Bibliothek ist sehr umfassend, da wir neben den Rigips-Produkten auch die Bruder- und Schwester-Produkte von Isover und Weber mit hineingebracht haben. Allerdings sehen wir, dass die Nutzung derzeit noch nicht auf dem Niveau ist, wo sie sein könnte. In Österreich sind wir in ­Sachen BIM noch immer in einer Experimentalphase. Es liegt hier definitiv noch eine mehrjährige Transformation vor uns, und es wird von den Rahmenbedingungen, etwa dem Bauherrn und den ­gesetzlichen Vorgaben, abhängen, wie schnell BIM zum Alltag wird. Wir jedenfalls sind gut vorbereitet und kommunizieren das auch unseren Kunden.

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