Jubiläum
40 Jahre Bauakademie OÖ: Eine Erfolgsgeschichte
Die Bauakademie Oberösterreich war in den letzten Jahren maßgeblich an der Weiterentwicklung der Lehre am Bau beteiligt und setzte mit dem digitalen Kursangebot auch während der Pandemie neue Maßstäbe. Dabei hätte es den Lehrbauhof in der heutigen Form fast nicht gegeben. Franz Baumann, der erste Leiter, und Harald Kopececk, der heutige Leiter, blicken gemeinsam auf 40 Jahre zurück.
Wie kam es eigentlich zu der Idee, einen Lehrbauhof zu errichten?
Franz Baumann: Anfang der 70er gab es ein Riesengezeter seitens der Gewerkschaft Bau Holz, dass Lehrlinge nicht ausgebildet, sondern nur zum Wurstsemmelholen genutzt werden. Es wurde eine staatliche Ausbildungsstätte gefordert, doch bei den kolportierten Kosten von zwei Milliarden Schilling wurde schnell gesagt: Das sollen sich die Baumeister selber machen, dafür haben wir kein Geld. So kam unter Landesinnungsmeister Wolfgang Kern die Idee auf, für Salzburg und Oberösterreich einen gemeinsamen Lehrbauhof in Straßwalchen zu errichten. Mitte 1977 wurde ich gefragt, ob ich beim Aufbau und dann als Leiter arbeiten will, am 1. 1. 1978 habe ich begonnen.
Jetzt gab es aber in Österreich noch keine Vorbilder, an denen man sich orientieren konnte. Wie gingen Sie die Konzeptionierung an?
Baumann: Es gab kleinere Beispiele in Österreich, auch aus anderen Branchen, aber unsere größte Inspiration schöpften wir aus Besuchen bei Lehrbauhöfen in der Schweiz und Deutschland. Dort haben wir uns die Örtlichkeiten sehr genau zeigen lassen, haben zahlreiche Gespräche mit den Leitern sowie Ausbildnern geführt und dadurch eine sehr klare Idee entwickelt, wie das Ganze auszusehen hat.
Aber zu dem gemeinsamen Standort mit Salzburg kam es nie. Was ist passiert?
Baumann: Kurz vor der Auftragsvergabe – wir hatten einen Verein gegründet, das Grundstück war gekauft, ein Architekturwettbewerb durchgeführt worden – kamen die Salzburger und Oberösterreicher nach genauerer Detailuntersuchung darauf, dass sie besser getrennte Wege gehen wollten. Lustigerweise ging dadurch plötzlich alles sehr schnell. Wir fanden mit Schloss Hochscharten, Waizenkirchen, ein Objekt, das sich für unsere Zwecke eignete, gründeten 1982 den notwendigen Verein und gingen noch im Herbst mit sechs geschulten Polieren und 66 Lehrlingen in den Probebetrieb. Damals war die Grundidee, den Baumeister in der Ausbildung 14 Tage lang zu ersetzen.
Wie war das erste Feedback?
Baumann: Sie müssen nicht glauben, dass die Idee damals nur Befürworter hatte, wir hatten vehemente Gegner. Aber nach rund zwei Monaten im Probebetrieb kippte die Stimmung zu unseren Gunsten. Einerseits waren die ersten Lehrlinge, die nach Hause kamen, hellauf begeistert, da es Unterricht und Ausbildung auf Augenhöhe war. Auf der anderen Seite standen die Firmen, die plötzlich geschulte Lehrlinge zurückbekamen. Die Stimmung war beinahe euphorisch.
Hat man diese Aufbruchstimmung halten und für die eigenen Zwecke nutzen können?
Baumann: Es war eine spannende Zeit, in der wir kontinuierlich gewachsen sind. Schon im zweiten Jahr hatten wir geförderte Weiterbildungskurse im Angebot und mussten feststellen, dass unser Haus einfach zu klein ist. 1984 gingen wir auf Immobiliensuche und fanden mit dem damaligen Touringhof des ÖAMTC in Lachstatt ein perfektes Objekt. Dieser wurde gekauft, umgebaut und erweitert. 1986 übersiedelten wir und nannten uns fortan BWZ. In diesem Moment haben wir gewusst, das Projekt ist geglückt, der Probebetrieb ist vorbei, und wir haben eine Heimat gefunden.
Dieses angesprochene Wachstum setzte sich ja in den nächsten Jahren auch kontinuierlich fort.
Baumann: Das Wifi hat Kurse zu uns outgesourct, die Baumeistervorbereitungskurse wurden zu uns verlegt, wir wuchsen stetig weiter. Wir wollten immer das Haus voll bekommen, und wenn es dann zu eng wurde, haben wir einfach den Lachstatthof erweitert.
Sie haben 2002 die Leitung abgegeben. Wie schwer war es damals, das "Kind" abzugeben?
Baumann: Ein Kind war das BWZ damals schon nicht mehr, mehr ein junger Erwachsener. Mir fiel es zum Glück recht leicht, weil ich schon viele Pläne für die Zeit danach hatte – ich wollte den Jakobsweg gehen, daraus wurde aber nichts, weil ich meine Liebe zur Imkerei entdeckte – und wir mit Harald einen perfekten Nachfolger gefunden hatten. Zusätzlich begann die Digitalisierung Einzug zu halten, und das wollte ich mir dann doch nicht mehr antun.
Herr Kopececk, wenn man nicht aus der Baubranche kommt: Warum bewirbt man sich für die Leitungsposition einer Bauakademie?
Harald Kopececk: Ich hatte eine kaufmännische Ausbildung in einer Bank gemacht und war dann für den öffentlichen Auftritt zuständig. Ich war auch nicht auf der Suche nach einem Job und hatte zu dem Zeitpunkt keine Ahnung, was eine Bauakademie eigentlich macht. Ein Headhunter meinte, es wäre eine gute Option. Ich bin dann gut vorbereitet und mit großer Leichtigkeit in das Gespräch gegangen, und der Funke ist gleich übergesprungen.
Wie kann man sich die ersten Jahre vorstellen?
Kopececk: Ich konnte auf einer guten Basis aufbauen: Die Lehrlingsausbildung war super, die Kostenstruktur gut aufgestellt, und wir hatten eine wunderbare Heimat. Trotzdem gab es viel zu tun. Angefangen von der betrieblichen Digitalisierung über die Sanierung und Weiterentwicklung der Gebäude bis hin zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungen. Mein Ziel war damals, dass wir uns als Dienstleistungsunternehmen positionieren, wo Kunden gerne hinkommen, Betriebe ihre Mitarbeiter gerne hinschicken, und dass wir ein Ort werden, an dem sich die ganze Branche trifft, um gemeinsam an Herausforderungen zu arbeiten. Das haben wir in den ersten zehn Jahren geschafft.
Gibt es auch so ein übergreifendes Thema für Ihr zweites Jahrzehnt?
Kopececk: Die zweiten zehn Jahre standen unter dem Fokus neuer Projekte: Wir haben neue Studienlehrgänge etabliert, die E-Baulehre umgesetzt, Lehrpläne weiterentwickelt, die Basis für Jobs am Bau geliefert und unterstützen unsere Baubetriebe mit der ZAB – Zukunftsagentur Bau. Das sind keine kleinen Projekte, aber ich habe das große Glück, ein Team zu haben, das diese mitträgt und besser macht. Hauptfokus war und ist aber immer die Aus- und Weiterbildung aller am Bau beteiligten Personen, von den Lehrlingen über die Fachkräfte bis zu den Top-Managern.
Gerade wenn es um die Digitalisierung der Baulehre geht, war die Bauakademie Oberösterreich federführend. Wie kam es dazu?
Kopececk: Ein Motto von mir ist: Geht nicht gibt's nicht. Man muss nur an den richtigen Hebeln ansetzen und dann Einsatz zeigen. Ich habe auch einen etwas anderen Blick auf Herausforderungen und verliere mich nicht zu stark in Details. Wenn mal etwas schiefgeht, muss man das hinnehmen und daraus lernen. Die Lehre musste man revolutionär neu denken, das vorige Konzept war schließlich knapp 40 Jahre alt. Wir haben im Sommer 2016 gemeinsam mit der BI Bau die Lehre auf komplett neue Beine gestellt und mit unserem Konzept – neue Lehrpläne, Kaderlehre, E-Lehre usw. – alle Bundesländer ins Boot geholt.
Mit der Digitalisierung der Lehre war man gefühlt zehn Schritte der Zeit voraus. Corona hat dies nochmal beschleunigt.
Kopececk: Dabei hatten wir anfänglich gar keine Ahnung von E-Learning und den ganzen Tools, nur eine Vision. Wir haben uns in einem kleinen kompetenten Team dann mit den Möglichkeiten beschäftigt und unsere Vision einfach umgesetzt. Daraus ist dann das gesamte Online-Angebot gewachsen, und als uns Corona aufgezeigt hat, dass wir etwas in der Bildungslandschaft ändern müssen, konnten wir schnell reagieren. Mittlerweile haben wir 1.300 Fachthemen und
150 Youtube-Videos online verfügbar. Wir haben in den letzten zwei Jahren alleine 80.000 Zertifikate für Onlinekurse ausgestellt, und aus der Lernplattform für Lehrlinge ist mittlerweile eine Wissensplattform für die ganze Baubranche geworden.
Blicken wir zum Abschluss noch in die Zukunft: Was sind die nächsten Projekte der Bauakademie?
Kopececk: Das Tolle an meinem Job ist das Vertrauen und die Freundschaft unter den Baumeistern, mit denen ich die letzten 20 Jahre arbeiten durfte. Umso wichtiger ist es, weiterhin Projekte anzugehen, die die Interessen aller am Bau Beteiligten fördern. Dabei stehen die Digitalisierung und das Neudenken von Prozessen im Fokus.
Gibt es etwas, dass Sie sich, Herr Baumann, für die nächsten Jahrzehnte der Bauakademie wünschen?
Baumann: Ich wünsche mir, dass die Bauakademie Oberösterreich noch lange führend in der Aus- und Weiterbildung bleibt. Und dem Harald, dass er auch so ein Glück bei der Suche nach seiner Nachfolge hat, wie ich es hatte.