Auftragslage 2024

Lösungen liegen auf dem Tisch

Die Baubranche steht vor schwierigen Zeiten. Wenn das Jahr 2024 nicht zu einem Annus horribilis werden soll, muss rasch gegengesteuert werden.

Baustoffe zu horrenden Preisen, steigende Personalkosten, hohe Energiepreise und ausbleibende Aufträge vom privaten Häuslbauer bis zum Großprojekt der öffentlichen Hand führen zu leeren Auftragsbüchern. Die schwierige Lage verschärfen laut Bundesinnungsmeister Bau, Robert Jägersberger, die Lieferkettenthematik, die Energiekosten, die zusätzlichen Steuern wie die CO₂-Steuer und die steigenden Kreditzinsen. Der Quartalsbericht der KMU Forschung Austria verspricht für die nächste Zeit nichts Gutes. Die heimischen Gewerbe- und Handwerksbetriebe beurteilen die Geschäftslage im zweiten Quartal 2023 – ausgehend von einem sehr hohen Niveau – weitaus schlechter als im Vorjahresquartal. Für das dritte Quartal 2023 überwiegen per saldo pessimistische Einschätzungen.

Einen so kräftigen Rückgang gibt es selten.

Renate Scheichel­bauer-Schuster, Obfrau der WKO-­Bundessparte Gewerbe und Handwerk

Renate Scheichel­bauer-Schuster, Obfrau der WKO-­Bundessparte Gewerbe und Handwerk © WKNÖ Hautzinger
Renate Scheichel­bauer-Schuster, Obfrau der WKO-­Bundessparte Gewerbe und Handwerk © WKNÖ Hautzinger

Starke Abflachung

Gewerbe und Handwerk, allen voran die Baubranche samt Nebenbranchen, leiden unter einer Auftragsflaute. Die Wirtschaftskammer teilt mit, dass die Auftragseingänge beziehungsweise Umsätze um 9,2 Prozent eingebrochen seien. „Einen so kräftigen Rückgang gibt es selten“, sagt die Obfrau der WKO-Bundessparte Gewerbe und Handwerk, Renate Scheichelbauer-Schuster.

„In den Jahren 2023 und 2024 muss mit einer Stagnation im europäischen Bauwesen gerechnet werden“, so Wifo-Experte Michael Klien. Dass die Abflachung voriges Jahr hierzulande stärker ausfiel als im Durchschnitt, „ist vor allem auf den Wohnungsbau zurückzuführen“. Laut Wifo war bereits 2022 der österreichische Wohnungsneubau rückläufig und dürfte im Prognosezeitraum noch deutlicher schrumpfen. Die österreichischen Wirtschaftsforscher haben zuletzt bereits einen leichten Anstieg der Bau-Arbeitslosigkeit festgestellt. Einzig die Sanierung und der Tiefbau kompensieren derzeit die Schwäche des Wohnbaus in Österreich. „Wir haben auch schon von Kündigungswellen gehört, weil fehlende Auftragseingänge verzeichnet wurden“, so Bundesinnungsmeister Jägersberger.

In den Jahren 2023 und 2024 muss mit einer Stagnation im europäischen ­Bauwesen gerechnet werden.

Michael Klien, Wifo

Michael Klien, Wifo © Wifo
Michael Klien, Wifo © Wifo

Jetzt Maßnahmen setzen

Die Bandbreite an Maßnahmen, die seitens des Bunds und der Länder gesetzt werden können, um eine drohende Baukrise abzuwenden, ist groß. Nur passieren muss etwas, und zwar schnell, darüber sind sich Branchenvertreter einig! Die Wirtschaftskammer hat Anfang Juli einen Forderungskatalog vorgestellt, der für die Politik durchaus als umsetzungsreifes Drehbuch dienen kann. Dazu zählen ein wieder vereinfachter Zugang privater Häuslbauer und Wohnungskäufer zu Wohnbaudarlehen, eine Neuauflage der Investitionsprämie, eine Anpassung der auf Länderebene geregelten Wohnbauförderung, die Forcierung und Erleichterung von Sanierungsprojekten und letztendlich auch raumordnungsrechtliche Maßnahmen.

Hohe Zinsen bremsen

Die Nachfrage nach Wohnbaudarlehen ist in Österreich stark rückläufig. Im zweiten Halbjahr 2022 ist der Immobilienfinanzierungsboom eingebrochen. Mit einem Volumen von 2,7 Milliarden Euro im Juli 2022 wurde noch ein Spitzenwert erreicht. Dem gegenüber steht nach einer Untersuchung des Finanzberatungsunternehmens Infina im Februar 2023 mit nur noch 750 Millionen Euro ein absoluter Tiefpunkt. Im Vergleich Jänner bis Juni des Jahres 2023 mit 2022 ist die Neukreditvergabe für private Wohnbauzwecke um 62 Prozent zurückgegangen. Schuld daran sind aber nicht nur die in mehreren Schritten signifikant angehobenen Zinsen, sondern auch der deutlich schwierigere Zugang zu einem Darlehen zur Finanzierung eines Eigenheims hinsichtlich der aufzubringenden Eigenmittel und die Höhe der Rückzahlungsrate in Relation zum Familieneinkommen.

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