Die größte Bauma aller Zeiten

29.03.2013

Seit Monaten gibt es zum Termin der Bauma kein einziges freies Hotelzimmer in Bayerns Hauptstadt. Weit mehr als 400.000 Besucher kommen zur größten Baumaschinenmesse der Welt. Aber lohnt sich der Besuch wirklich? 

Auch Walzen sind Stufe-IIIB-konform: Amman präsentiert auf der Bauma sein komplettes Walzenprogramm mit neuen Motoren. Dies zu realisieren war eines der umfangreichsten Entwicklungsprojekte in der Firmengeschichte.

Mit Superlativen geht die Messe München großzügig um. Offensichtlich reicht es nicht mehr, dass die Bauma die weltgrößte Baumaschinenmesse ist. Jetzt wird die Veranstaltung auch noch als die flächenmäßig größte Messe der Welt bezeichnet. Immerhin: Rund 550.000 Quadratmeter, das ist die halbe Fläche des achten Wiener Gemeindebezirks, nimm die Ausstellung dieses Jahr in Anspruch. Ein Rekord – trotz oder gerade weil am europäischen Baumaschinenmarkt derzeit nicht wirklich die Sonne scheint. 

Das riesige Areal, auf dem weit mehr als 3.000 Aussteller ihre Produkte anbieten, wird vermutlich kein einziger Besucher zur Gänze durchwandern. Was fast schade ist, denn auch abseits des Mainstreams lassen sich mitunter durchaus clevere Ideen für den täglichen Baumaschineneinsatz finden. Die kleinen Dinge spielen auf der Bauma allerdings nur eine Nebenrolle. Im Mittelpunkt der Messe stehen wie immer die Maschinen für den Einsatz am Bau und in Minen. Jeder bedeutende Hersteller vom Marktleader Caterpillar über Komatsu, Volvo, Liebherr, Case, JCB, New Holland oder Wacker Neuson bis zu Exoten wie Liu Gong aus China ist auf der Bauma präsent. Und jeder verspricht Innovationen.

Ökonomischer und ökologischer

Das Hauptthema auf der Messe heißt höhere Wirtschaftlichkeit und Umweltfreundlichkeit. So präsentieren mehrere Baumaschinenproduzenten Hybridlösungen – eine Technologie, über die ein prominenter österreichischer Händler noch vor einigen Jahren sagte, dass es „das es für Baumaschinen nie geben“ werde. Heute gibt es sie – marktreif schon seit drei Jahren bei Komatsu. Heuer neu von Caterpillar, Liebherr, Terex und vermutlich noch einigen anderen Herstellern, die das Geheimnis erst auf der Messe lüften wollen.

Wie weit sich die Hybridlösungen rechnen, damit sie nicht nur das Image, sondern auch die Bilanz ihrer Eigentümer verbessern, lässt sich noch nicht abschätzen. Für Caterpillar verspricht Friedrich Mozelt, dass die neue Maschine sehr wohl wirtschaftlicher sein werde. Das könnte durchaus hinkommen. Denn die Hybridversion des Cat 336E arbeitet mit einer neuen Technik, die mit den herkömmlichen Vorstellungen von Hybridmaschinen wenig gemeinsam hat. 

Stromloser Hybrid

Bei der Cat-Lösung wird die Bremsenergie der Oberwagen-Schwenkbremse nicht in elektrische Energie umgewandelt und einer Batterie zugeführt, sondern in einem sogenannten Hydraulikhybridsystem gespeichert. Diesen Hydraulikdruck nutzt der Bagger sofort wieder für den nächsten Arbeitsschritt. Die Idee der Cat-Techniker spart ein kompliziertes elektrisches Hybridsystem, mit dem man bereits peinliche Erfahrungen machte: Auf der Con-Expo in Las Vegas musste vor fünf Jahren der Prototyp einer Hybridraupe unter den Blicken schadenfroher Zuseher abgeschleppt werden. Trotz hektischen Bemühens aufgelöster Techniker gelang es nicht, den komplexen Antrieb zu starten. Das dürfte auf der Bauma nicht passieren.

Die Hydraulik scheint jedenfalls zumindest derzeit der Weg für den Hybridantrieb bei Baumaschinen zu sein. Auch Liebherrs Hybridnovität – der Seilbagger HS 8300 HD – arbeitet auf dieser Basis. Die Lösung ist sinnvoll: Im Gegensatz zum Automobil, wo die Bremsenergie nicht unmittelbar wieder nutzbar ist und deshalb in Form von Strom gespeichert werden muss, kann sie im Baggerbetrieb sofort für den nächsten Arbeitsschritt eingesetzt werden. Darüber hinaus ist diese Technologie weniger komplex, und vor allem sind Produzenten und Servicebetriebe für Baumaschinen mit dem Thema Hydraulik bestens vertraut. Sowohl Liebherr als auch Caterpillar versprechen denn auch geringen Wartungsaufwand und hohe Zuverlässigkeit für ihre Hybridlösungen. 

25 Prozent weniger Treibstoff

Und natürlich verspricht man sich einen deutlich reduzierten Treibstoffverbrauch. Bei Caterpillar meint man, dass Kunden im Vergleich zur Standardausführung 336E mit der Hybridausführung 336E H bis zu 25 Prozent Kraftstoff einsparen. Wie weit das die neue Maschine zu einem Gewinnbringer macht, hängt allerdings vom Mehrpreis für die Hybridlösung ab. Ähnliches gilt für die höhere Treibstoffeffizienz, die nahezu alle Baumaschinenhersteller für ihre Novitäten auf der Bauma versprechen. Anlass für die Optimierung der Motoren und der Antriebe waren neben dem Wunsch der Kunden nach höherer Wirtschaftlichkeit vor allem die neuen Abgasnormen-Stufe IIIB für Europa bzw. Tier 4 Interim für die USA. 

Die auf der Bauma präsentierten neuen Maschinen sind ausnahmslos mit Motoren für diese Abgasnormen ausgestattet – das gilt selbst für Straßenfertiger, Walzen oder Stromaggregate. Die meisten Hersteller setzen dabei auf Abgasrückführung und Partikelfilter. Einige wenige nützen bei Stufe IIIB bereits die SCR-Technologie auf Harnstoffbasis, die an sich die technisch elegantere und letztlich treibstoffsparendere Lösung ist. Aber sie benötigt erstens mehr Platz im Motorenraum der Maschine, und zweitens muss auf der Baustelle die Harnstoffwasserlösung AdBlue (verbraucht werden etwa vier bis sechs Prozent des Dieseleinsatzes) bevorratet werden.

An Letzteres werden sich die Bauunternehmer allerdings ohnehin gewöhnen müssen: Die Anforderungen der Stufe IV werden ohne SCR-Tecgen, leistungsfähige Motoren zu entwickeln, die der Abgasnorm Stufe IIIB gerecht werden, aber ohne Dieselpartikelfilter und ohne Harnstofftechnologie auskommen. JCB schafft dies mit einer neuen Motorentechnologie auf Basis der Common-Rail-Kraftstoffeinspritzung mit 2.000 bar, Turbolader mit variabler Geometrie und gekühlter Abgasrückführung.

Nicht nur die Baumaschinen, auch die Baustellen-Lkws präsentieren sich in München mit neuer Abgasreinigungstechnologie. Volvo, Scania, MAN und Mercedes stellen auf der Bauma erstmals Fahrzeuge mit jenen neuen Motoren auf Basis der SCR-Technologie vor, die der für Straßenfahrzeuge geltenden Euro-VI-Abgasnorm entsprechen. Darunter werden sich auch die neuen Arocs von Mercedes befinden, die Mitte des aktuellen Jahres auf den Markt kommen. 

Was ist wirtschaftlicher

Die verschiedenen neuen Lösungen vom Hybrid über Partikelfilter und SCR-Technologie bis zur puren Technologie wie etwa von JCB machen diesmal einen Besuch der Bauma besonders interessant. Denn der wirtschaftliche Betrieb einer Maschine wird künftig von der Abgasreingungstechnologie mitbestimmt. Einmal über den Anschaffungspreis, der parallel zur Komplexität der technischen Lösung steigt. Und zum Zweiten über die Service- und Unterhaltskosten sowie die Maschinenverfügbarkeit, die ebenfalls von der verwendeten Technik abhängen. Über die verschiedenen Techniken und ihre Vor- und Nachteile Bescheid zu wissen lohnt sich somit, und den besten Überblick gibt es auch in diesem Jahr auf der Bauma.

Das heiße Thema saubere Abgase sollte nicht vergessen lassen, dass die neuen Maschinen auch in vielen anderen Details optimiert wurden (siehe Messe-Highlight im Anschluss). Eine Verbesserung, die sich als Trend durch das gesamte Angebot zieht, betrifft die Kabine. Es wird noch mehr Komfort geboten, und etliche Kabinen übertreffen schon so manchen kostengünstigen Pkw. Außerdem dominiert im Cockpit mehr denn je die Elektronik. Das gilt nicht nur für die großen Hersteller und Maschinen wie Radlader, Bagger und Co, sondern für nahezu das komplette Baumaschinenangebot. 

Touch-Panel-PC in Krankabine

Bell hat beispielsweise seinen neuen Muldenkipper mit einem Farbmonitor ausge-stattet, der mit einer Maus Zugriff auf alle Funktionen bietet. Die neuen Krankabinen von Wolff glänzen nicht nur mit besserer Sicht, sondern auch Technikdetails vom Radio mit SD-/USB-Anschluss und Bluetooth-Freisprecheinrichtung bis zu einem optional erhältlichen Touch-Panel-PC, der dem Fahrer zahlreiche Informationen über den Kranbetrieb in übersichtlicher Form liefert. Volvo macht sich um die Gesundheit des Fahrers Gedanken. Das skandinavische Unternehmen zeigt einen Straßenfertiger mit einem – so der Hersteller – revolutionären Absaugsystem, das für den Bauma-Innovationspreis nominiert wurde. Es saugt die gesundheitsschädlichen Bitumendämpfe aus dem Arbeitsumfeld des Fahrers ab und soll einen Wirkungsgrad von 83 Prozent aufweisen.

Dieses geballte Angebot an Hightech von Hybrid und Abgasreinigung bis zur Komfortkabine steht trotz Berufung auf höhere Wirtschaftlichkeit im Widerspruch zu einem anderen Trend, den die Messe in München aufmerksamen Beobachtern bewusstmacht: die wesentliche Zunahme der Bedeutung von Märkten außerhalb Europas für die Baumaschinenhersteller. Nicht mehr Europa, sondern Asien, Afrika und Südamerika sind die künftigen Wachstumsmärkte für den Bau. 

465 Milliarden Bauinvestitionen

So etwa heißt das Partnerland der Bauma 2013 Indonesien. Der schlichte Grund: Der asiatische Inselstaat mit 250 Millionen Einwohnern will in den nächsten zwölf Jahren rund 465 Milliarden Dollar in seine Infrastruktur investieren. Die Bauma möchte Ausstellern und Besuchern Gelegenheit geben, die Messe zum Networking für diesen zukunftsträchtigen Markt zu nützen. Dazu gibt es eine Reihe von Veranstaltungen. Außerdem wird der indonesische Bauminister mit einer großen Delegation zur Messe anreisen. Die Messe München selbst tritt als Veranstalter ebenfalls immer stärker in den massiv wachsenden Märkten auf. Seit zehn Jahren veranstaltet sie in China eine Bauma. In Indien wurde heuer im Februar gemeinsam mit dem amerikanischen Messeveranstalter Conexpo die BC India organisiert. Und im kommenden Herbst findet in Johannesburg erstmals die Bauma Africa statt.

Auf diesen Messen sind Hybrid, Abgasreinigungen der Stufe IIIB oder IV und Komfortkabine nicht wirklich gefragt. Maschinen, die robust und einfach zu warten und darüber hinaus möglichst kostengünstig in der Anschaffung sind, werden in den Märkten in Asien, Afrika und Süd­amerika verlangt. Genau solche Maschinen hat China im Angebot, und die Hersteller aus dem Reich der Mitte sind auf diesen Märkten flott unterwegs. So war Chinas größter Baumaschinenhersteller LiuGong bereits im November des Vorjahres mit einer großen eigenen Ausstellung im Bauma-Partnerland Indonesien. Der Titel: „Shaping the Future Together“. 

Auf der Bauma in München wird LiuoGong ebenfalls mit einer großen Ausstellung vertreten sein. Hightech-Lösungen auf dem Niveau westlicher Konzerne stehen nicht im Vordergrund der Präsentation. Aber man will Flagge zeigen, Händler suchen und sehen, welche Lösungen die Wettbewerber gefunden haben, um den Umweltschutzvorschriften gerecht zu werden. Womit der globale Wettbewerb mit der Bauma 2013 eröffnet ist: Während die westlichen Baumaschinenhersteller in den Ländern der Dritten Welt noch stärker Fuß fassen wollen, will China dies in Euro­pa tun. Auf der Bauma 2016 wird man sehen, wer erfolgreicher war.

Redaktion

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