Brennpunkt

Die Quadratur des Kreises

25.03.2025

Auf den neuen Infrastrukturminister Peter Hanke warten gewaltige Herausforderungen. Die Meinungen darüber, ob er dafür der richtige Mann ist, gehen auseinander. Die Vertreter der Bauwirtschaft zeigen sich durchaus optimistisch.

„Wer Parteifreunde hat, braucht keine Feinde.“ So oder so ähnlich lautet ein altes Sprichwort aus dem Politbetrieb, an das Peter Hanke derzeit möglicherweise derzeit öfters denken muss. Als der langjährige Wiener Finanzstadtrat Anfang März zum neuen Bundesminister für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, vulgo: Infrastrukturminister, ernannt wurde, regnete es nicht nur Blumen – auch aus den eigenen Reihen der Wiener Rathaus-SPÖ waren Zweifel zu vernehmen, ob Hanke der richtige Mann für die großen Herausforderungen sei. Die Wiener Stadtzeitung „Falter“ brachte die Mutmaßungen der Bedenkenträger auf den Punkt: „Vielleicht scheitert Hanke auch nach dem Peter-Prinzip: Es besagt, dass jemand so lange befördert wird, bis er eine Position erreicht, für die er inkompetent ist.“

Positive Stimmen

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Es gibt aber andere auch andere Stimmen, die sich positiv über den SPÖ-Politiker äußern. Zu ihnen gehört Andreas Köttl, Präsident der Vereinigung Österreichischer Projektentwickler (Vöpe). „Ich habe Peter Hanke in Wien immer als sehr konstruktiv und lösungsorientiert erlebt. Er ist pragmatisch und kompromissfähig. Das halte ich für eine große Stärke. Am Kompromissweg bringt man am meisten weiter. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass er in Wien fehlen wird“, so Köttl. „Ich hätte mir gewünscht, dass in seinem Ministerium noch mehr Kompetenzen zum Thema Bauen und Wohnen gebündelt werden.“

Hankes Parteikollege Josef Muchitsch beschreibt den neuen Minister als „politisch sehr erfahren, mit einem sehr verbindlichen Auftreten.” Er stammte „aus dem Bereich der öffentlichen Infrastruktur. Das ist eine gute Voraussetzung“, so der Nationalratsabgeordnete und Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Bau-Holz weiter. „Hanke hat jetzt aber auch eine große Herausforderung zu bewältigen, so wie die gesamte Regierung. Wir stehen vor der größten Budgetkonsolidierung der zweiten Republik und müssen gleichzeitig die Konjunktur ankurbeln – vor allem die Bauwirtschaft.“

Wie groß die Herausforderung ist, mit der Hanke und seine Kolleginnen und Kollegen in der Regierung konfrontiert sind, verdeutlicht ein Blick auf die Zahlen: Österreichs Industrie, inklusive der Bauwirtschaft, befindet sich auf Talfahrt. Seit zwei Jahren läuft jedes Quartal schlechter als das vorangegangene. In Summe ist der inflationsbereinigte Wert aller produzierten Waren im verarbeitenden Gewerbe seit Ende 2022 um fast zwölf Prozent gesunken, wie eine Auswertung des Think-Tanks Agenda Austria zeigt. Noch schlechtere Zahlen liefert EU-weit nur Irland. Eine Offensive zum Ankurbeln der Wirtschaft wäre also durchaus nützlich. Dummerweise ist der finanzielle Spielraum dafür – höflich formuliert – eingeschränkt. Laut Budgetdienst müssen in den kommenden vier Jahren 15 bis 20 Milliarden Euro müssen im Bundeshaushalt eingespart werden.

„Das wird schwierig. Dagegen ist die Quadratur des Kreises eine leicht lösbare geometrische Fingerübung“, meint ein heimischer Baumanager. Wie gut der neue Infrastrukturminister gerüstet ist, um zu dieser mathematischen Meisterleistung beizutragen, darüber gehen die Meinungen wie erwähnt auseinander. Die Befürworter halten ihm sein Wirken beim Management von Wiens Beteiligungsunternehmen und der Wiener Stadtfinanzen zugute. 2018 holte ihn Bürgermeister Michael Ludwig als Finanzstadtrat in die Stadtregierung. Zuvor war er 25 Jahre in der Wien Holding tätig, die mehr als 70 Unternehmen der Stadt managt. Ab 2002 leitet er den städtischen Konzern.

Hanke ist eher Manager als Parteisoldat. Er fällt auch nicht durch lautstarke Kommentare in den Medien oder umstrittene Projekte auf. Er tritt so auf, wie er sich kleidet: höflich, vornehm und dezent – stets mit Anzug und Stecktuch. Seine Kritiker verweisen allerdings auf einen veritablen Imageschaden, den er 2022 erlitten hat. Damals geriert die städtische Wien Energie im Zuge der Turbulenzen auf den Energiemärkten in massive Liquiditätsprobleme.

Immerhin – die Reaktionen aus der Bauwirtschaft auf das Regierungsprogramm, an dem Hanke als zukünftiger Infrastrukturminister maßgeblich mitarbeitet hat, sind durchaus positiv. „Das Regierungsprogramm enthält zahlreiche baurelevante Themen, welche zu einem weitaus überwiegenden Teil positiv zu bewerten sind und in einigen wesentlichen Punkten auch unseren Forderun­gen im Vorfeld der Regierungsverhandlungen entsprechen“, meint der Bundesinnungsmeister des Baugewerbes Robert Jägersberger.

Der Vertreter des Baugewerbes nennt vor allem die Zweckbindung der Wohnbau­förde­rung, die Evaluierung des Wohnbau­pakets, die Durchforstung kostentreibender Baustandards und Entbürokratisierungsmaßnahmen. „Das Regierungsprogramm ist also durchaus ambitioniert und enthält für die Baubranche wichtige Absichtserklärungen“, so Jägersberger weiter. „Letztendlich wird es aber von der Finanzier­barkeit und der konsequenten Umsetzung der geplanten Maßnahmen abhängen, ob das Programm auch tatsächlich die erhofften positiven Wirkungen entfaltet.“

Noch zuversichtlicher äußert sich Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ): „Jetzt kann der Blick endlich nach vorne gerichtet sein. Es gibt Anreize für Leistungsträger, mehr Freiraum für Unternehmertum und Entlastung mit Augenmaß: Das heute vorgestellte Regierungsprogramm schafft eine stabile Basis für ein Comeback von Leistung und Wachstum“, meint sie. „Damit hat sich der wirtschaftliche Sachverstand durchgesetzt.“ Das Regierungsprogramm enthalte ein umfassendes Maßnahmenbündel, das der Standort Österreich in der aktuellen Situation unbedingt brauche. „Das ist jetzt genau das richtige Signal und eine große Chance: Ich erwarte mir einen Motivationsschub für Österreich und bessere Stimmung in der Wirtschaft und der Bevölkerung als Ganzes. Jetzt ist Ärmel hochkrempeln angesagt.“

Vöpe-Präsident Köttl wünscht sich nun vor allem eines: Geschwindigkeit bei der Umsetzung der versprochenen Maßnahmen. „Die Botschaften lesen wir wohl“, so Köttl, „allerdings muss die künftige Regierung jetzt rasch ins Tun kommen.“