Einheitlicher Berufszugang für Baugewerbetreibende
Der Gewerbezugang zum ausführenden Baugewerbe war in der Vergangenheit durch uneinheitliche und unübersichtliche Strukturen geprägt. Durch ein von den Bauinnungen erstelltes Konzept für einen einheitlichen Berufszugang für Baugewerbetreibende soll diesem Wildwuchs entgegengewirkt werden.
Der Berufszweig der „Baugewerbetreibenden“ umfasst österreichweit derzeit über 6.000 Unternehmen. Durch die steigende Zahl der Mitglieder in dieser Gruppe und der damit verbundenen größer werdenden Rolle innerhalb des Baugewerbes zählt es zu einem wichtigen Anliegen der Bundesinnung, für die Gewerbeanmeldung der Baugewerbetreibenden eine österreichweit einheitliche und geordnete Struktur zu gewährleisten.
Rechtslage der Gewerbeanmeldung
Grundsätzlich bestehen für das auf ausführende Tätigkeiten eingeschränkte Baugewerbe (= „Baugewerbetreibender, eingeschränkt auf …“) zwei Möglichkeiten der Gewerbeanmeldung:
- Die Erbringung des formellen Befähigungsnachweises i. S. d. § 18 Gewerbeordnung 1994 (GewO), der in einer eigenen Verordnung festgelegt ist. Gemäß dieser Verordnung (= Baumeister-Verordnung) bestehen hierbei fünf Alternativvoraussetzungen, die allesamt mehrere Jahre einschlägige bzw. fachspezifische Tätigkeit voraussetzen, die teilweise von der Vor(aus)bildung des Gewerbeanmeldungswerbers abhängig sind.
- Die Erbringung des individuellen Befähigungsnachweises i. S. d. § 19 GewO für jene Gewerbeanmeldungswerber, die den formellen Befähigungsnachweis nicht erbringen können. Für den dabei – gegenüber der Gewerbebehörde – zu erbringenden Nachweis, der für die Ausübung des Gewerbes notwendigen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen kommen eine Vielzahl unterschiedlichster Beweismittel (z. B. Zeugnisse, Bestätigungen, Zeugenaussagen oder Fachgespräche) in Betracht. Die im Rahmen des individuellen Befähigungsnachweises zu erbringenden Kenntnisse und Fähigkeiten müssen jenen des formellen Befähigungsnachweises adäquat sein.
Während die Erbringung des formellen Befähigungsnachweises in der Praxis wenige Fragen und Probleme aufwirft, birgt die Gewerbeanmeldung durch Erbringung des individuellen Befähigungsnachweises – vor allem durch die Vielzahl an potenziellen Beweismitteln – die latente Gefahr einer uneinheitlichen Vorgangsweise.
Aktuelle Herausforderungen
Sowohl das Anmeldeprozedere (vor allem was die Voraussetzungen des individuellen Befähigungsnachweises betrifft) als auch die Vergabe der Gewerbewortlaute des ausführenden Baugewerbes gestalten sich österreichweit unterschiedlich. Dementsprechend kam und kommt es zu einer Unmenge an unterschiedlichen Gewerbewortlauten mit zum Teil nur marginalen Abweichungen. Dies ist sowohl aus organisatorischen Gründen unerfreulich und vor allem aus Konsumentensicht bedenklich, da es potenziellen Kunden erschwert wird, den einzelnen Gewerbetreibenden ihren jeweiligen Gewerberechtsumfang zuordnen zu können. Parallel dazu führen unterschiedliche Bewertungen von Qualifikationen der Gewerbeanmeldungswerber dazu, dass sich das Anmeldeprozedere für alle Beteiligten unübersichtlich gestaltet.
Systematischer Zugang
Um die Unmenge an (oftmals nahezu gleichen) Gewerbewortlauten zu ordnen, wurde von den Bauinnungen eine Liste mit vierzehn Gewerbewortlauten ausgearbeitet, die – nach den Idealvorstellungen der Branche – die in Zukunft zu vergebenden ausführenden Gewerbewortlaute abdecken soll. Die Liste setzt sich aus zum Teil von der GewO bereits vorgegebenen Gewerbewortlauten sowie aus Gewerbewortlauten zusammen, die bereits jetzt in der Praxis sehr häufig verwendet werden.
Bewertung der Vorqualifikation
Um die diversen Qualifikationen der Gewerbeanmeldungswerber transparent und einheitlich bewerten zu können, wurden diese vierzehn Gewerbewortlaute in fünf Kategorien (siehe Grafik links) eingeteilt. Die Zuordnung der Gewerbewortlaute zu den Kategorien erfolgte hierbei nach fachlichem/technischem Anspruchsniveau. Die Bewertung der Qualifikationen der Gewerbeanmeldungswerber erfolgt über Qualifikationstabellen, in denen eine Aufteilung der Qualifikationen in drei Blöcke („Ausbildung“, „Praxis“ und „Nachweis“) vorgesehen ist. Um den individuellen Befähigungsnachweis erbringen zu können, müssen die drei Blöcke in Summe erfüllt werden. Jedenfalls unumgänglich für die Anmeldung eines Baugewerbes ist aus Branchensicht ein Plausibilitätsnachweis durch die jeweilige Landesinnung Bau. Diese soll überprüfen, ob die für die Ausübung des Gewerbes notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten tatsächlich jenen des formellen Befähigungsnachweises entsprechen.
Info
Die Broschüre „Berufszugang Baugewerbetreibende“ steht unter www.wko.at/branchen/gewerbe-handwerk/bau/baugewerbetreibender-eingeschraenkt.html als PDF-Datei kostenlos zum Download zur Verfügung.
Einschlägiges Kursangebo
Zum Nachweis der erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen im Rahmen der Plausibilitätsprüfung ist natürlich eine gezielte Vorbereitung sinnvoll (wenn auch nicht zwingend notwendig). Hierfür stehen einschlägige Vorbereitungskurse an den österreichischen Bauakademien zur Verfügung.
Resümee
Anhand des Beispiels (siehe Kasten unten) wird deutlich, dass fehlende Praxiszeiten weder durch fachspezifische Ausbildungen noch durch sonstige Nachweise gänzlich ersetzt werden können und – ebenso wie auch der Plausibilitätsnachweis – in einem bestimmten Ausmaß erbracht werden müssen.
Praxisbeispiel
Der idealtypische Weg zum ausführenden Baugewerbe am Beispiel des Gewerbewortlauts „Baugewerbetreibender, eingeschränkt auf die Ausführung von Kaminen“.
Der Gewerbewortlaut „Baugewerbetreibender, eingeschränkt auf die Ausführung von Kaminen“ ist – gemäß der Kategorietabelle (Grafik weiter oben) – der Kategorie B zugeordnet. Die für Kategorie B einschlägige Qualifikationstabelle (siehe unten) zeigt vier Möglichkeiten für den Anmeldungswerber, das Gewerbe mit individuellem Befähigungsnachweis anzumelden:
Möglichkeit 1: Bei Fehlen jeglicher Ausbildung müssen 16 Punkte (entsprechend dem in der Legende zur Qualifikationstabelle dargestellten Schlüssel) aus fachlicher Praxis sowie die Unternehmerprüfung (bzw. der Basiskurs Baugewerbe) und ein Plausibilitätsnachweis erbracht werden.
Möglichkeit 2: Kann der Anmeldungswerber eine facheinschlägige Lehrabschlussprüfung (LAP) vorweisen, genügen zwölf Praxispunkte. Unternehmerprüfung (bzw. der Basiskurs Baugewerbe) und Plausibilitätsnachweis müssen zusätzlich nachgewiesen werden.
Möglichkeit 3: Kann der Kandidat eine facheinschlägige LAP und eine facheinschlägige Zusatzausbildung (z. B. Werkmeisterausbildung) vorweisen, sind zehn Praxispunkte ausreichend. Auch hier bleiben Unternehmerprüfung (bzw. der Basiskurs Baugewerbe) und Plausibilitätsnachweis obligatorisch.
Möglichkeit 4: Hat der Werber einen facheinschlägigen HTL- oder Studienabschluss, muss er lediglich acht Praxispunkte erbringen. Aufgrund seiner Ausbildung genügt im Block „Nachweis“ der Plausibilitätsnachweis, eine Unternehmerprüfung (bzw. der Basiskurs Baugewerbe ) ist in diesem Fall nicht notwendig.
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