Gewerbe und Handwerk hoffen auf ein Frühlingserwachen
Nach fünf Jahren mit realen Umsatzrückgängen zeigt die Konjunkturbeobachtung der KMU Forschung Austria erste Lichtblicke für Gewerbe und Handwerk. Trotz weiterhin schwieriger Rahmenbedingungen erkennen Branchenvertreter*innen punktuelle Stabilisierungstendenzen – und fordern gezielte Maßnahmen, um jetzt den Umschwung zu schaffen.

Wie heute bei einer Pressekonferenz der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) bekannt gegeben wurde, weist die Konjunkturbeobachtung für das Jahr 2024 erneut ein reales Umsatzminus auf. Der Rückgang um 4,5 Prozent markiert das fünfte Minusjahr in Folge. „Das geht an die Substanz“, so Obfrau Renate Scheichelbauer-Schuster.
Trotzdem: Einzelne Indikatoren zeigen eine leichte Entspannung. „Der Pessimismus geht zurück“, betonte Christina Enichlmair von der KMU Forschung Austria. Vor allem bei den Erwartungen für das zweite Quartal 2025 zeigt sich eine vorsichtige Aufhellung. Gerade dieses zweite Quartal gilt traditionell als konjunktureller Motor für die Bauwirtschaft – umso entscheidender ist es, dass hier nun eine Trendumkehr gelingt.
Branchen unter Druck – Investitionen auf Tiefstand
Vor allem exportorientierte und investitionsgüternahe Branchen wie die Metalltechnik, Mechatronik oder das Baunebengewerbe litten 2024 unter deutlichen Umsatzverlusten – teils im zweistelligen Prozentbereich. Gleichzeitig sank die Investitionstätigkeit weiter: Nur 40 Prozent der Betriebe tätigten Investitionen. Für das laufende Jahr planen lediglich 34 Prozent der Unternehmen entsprechende Ausgaben. Ein deutliches Signal, dass die Unsicherheit in der Branche hoch bleibt.
Herausforderungen auf vielen Ebenen
Die größten Belastungsfaktoren laut Befragung: Preissteigerungen bei Rohstoffen und Materialien, Bürokratie, Steuer- und Abgabenlast sowie Fachkräftemangel. Auch bei den Auftragseingängen setzte sich der Abwärtstrend in vielen Bereichen fort – mit einem durchschnittlichen Minus von 8,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Besonders betroffen: das Baugewerbe mit einem Rückgang von 17,5 Prozent. Der Anteil privater und gewerblicher Auftraggeber liegt aktuell bei nur noch 58 Prozent – ein Rückgang gegenüber dem langjährigen Niveau von rund 70 Prozent.
„Ein Unternehmer hat mir gesagt: Es macht keinen Spaß mehr. Das sollte uns zu denken geben – denn normalerweise herrscht unerschütterlicher Tatendrang.“ Renate Scheichelbauer-Schuster
Verhaltener Optimismus bei den Erwartungen

Zwar bleibt die Lage insgesamt angespannt, doch einzelne Indikatoren zeigen eine leichte Verbesserung gegenüber dem Vorquartal. So rechnen 17 Prozent der befragten Betriebe mit einem Anstieg bei Aufträgen und Umsätzen, während 57 Prozent keine Veränderung erwarten. Der Anteil jener, die Rückgänge befürchten, liegt bei 26 Prozent – ein Wert, der zwar weiter hoch ist, aber unter jenem des Vorquartals.
Der Saldo der Erwartungshaltung liegt bei minus neun Prozentpunkten, was im langjährigen Vergleich schwach ist – allerdings zeigt der Trend eine tendenziell leicht steigende Linie. Für viele Unternehmen bleibt die Situation jedoch belastend. Obfrau Renate Scheichelbauer-Schuster schilderte das eindrücklich: „Ein Unternehmer hat mir gesagt: Es macht keinen Spaß mehr. Das sollte uns zu denken geben – denn normalerweise herrscht unerschütterlicher Tatendrang.“
Gleichzeitig richtete sie den Blick nach vorne: „Jetzt braucht es mehr denn je ein Anpacken. Wir brauchen Optimismus. Wir brauchen Klarheit. Und wir brauchen eine Perspektive.“ Es sei entscheidend, auf den beginnenden Trend zu einer Stabilisierung aufzubauen und diesen durch konkrete Maßnahmen zu stützen – etwa durch klare Regelungen bei Wohnbauförderung und Heizungstausch sowie durch die Wiederbelebung des Handwerkerbonus.
Europäische Ebene im Blick
Abschließend unterstrich Reinhard Kainz, Geschäftsführer der Bundessparte, die Bedeutung europäischer Rahmenbedingungen für die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen. Er forderte ein klares Bekenntnis zu einer „SME First“-Politik auf EU-Ebene. Überregulierung, so Kainz, sei „Gift für die Wirtschaft – nichts schadet mehr als ein Bürokratiemonster.“
Zum Ende der Pressekonferenz richtete Obfrau Renate Scheichelbauer-Schuster noch persönliche Worte des Dankes an die Teilnehmenden: Dies sei ihre letzte Pressekonferenz dieser Art, da sie im Sommer ihren Ruhestand antritt. Die Redaktion bedankt sich ebenfalls und wünscht alles Gute!
Infobox: Gewerbe und Handwerk im Frühjahr 2025
- Realer Umsatz 2024: -4,5 %
- Investitionsquote 2024: 40 % der Betriebe
- Geplante Investitionen 2025: nur 34 %
- Auftragsbestand Q1 2025: -8,8 % ggü. Vorjahr
- Hauptherausforderungen: Rohstoffpreise, Bürokratie, Steuern, Fachkräftemangel
- Besonders betroffen: Baugewerbe mit -17,5 % beim Auftragsbestand
- Erwartung für Q2/2025: Leichte Verbesserung, vor allem für baunahe Branchen von hoher Relevanz
- Zentrale politische Forderungen: Wohnbaupaket, Förderklarheit beim Heizungstausch, Handwerkerbonus, Schwellwerteverordnung
- Europäischer Appell: „SME First“ statt Überregulierung