Bedeutung der Einbautenerhebung bei Grabungsarbeiten
Im Rahmen von Bauprojekten müssen in aller Regel Grabungsarbeiten geleistet werden. Der vorliegende Beitrag befasst sich mit den haftungsrechtlichen Fragen bei der Beschädigung von Einbauten und einer neuen Checkliste der Bundesinnung Bau zur Schadensvermeidung bei Grabungsarbeiten.

Wer anderen eine Grube gräbt, läuft Gefahr, schadenersatzpflichtig zu werden. Diese Abwandlung eines bekannten Sprichwortes soll einleitend die potenziellen Gefahren für Auftragnehmer (AN) von (Tief-)Bauprojekten verdeutlichen. Beschädigt oder zerstört der AN bei Grabungsarbeiten nämlich unterirdische Einbauten (z.B. Versorgungsleitungen aller Art), haftet er dem Eigentümer dieser Einbauten für den entstandenen Schaden. Der Eigentümer kann entweder der Bauprojekt-Auftraggeber (AG) oder ein Dritter (z.B. ein Energieversorgungsunternehmen) sein. Unter welchen Voraussetzungen der Geschädigte vom AN Ersatz verlangen kann, regelt das Schadenersatzrecht des ABGB. Die höchstgerichtliche Rechtsprechung hierzu ist ausgesprochen streng und der vom AN erwartete Sorgfaltsmaßstab hoch.
Strenge Schutz- und Sorgfaltspflichten des AN
Dem AN kommt die vertragliche Nebenpflicht aus der Erfüllung seines Werkvertrags zu, Leitungen im unmittelbaren Gefahrenbereich der Grabungen nicht zu beschädigen. Für diese Zwecke hat er sich vorab sorgfältig und gewissenhaft über die Lage von Einbauten zu informieren. Hierbei genügt es jedoch nicht, wenn die Einbauten in den ihm zur Verfügung gestellten Planungsunterlagen nicht aufscheinen oder ihm der AG mitteilt, er wisse nichts von etwaigen Einbauten. Eine Erkundigungspflicht vor Beginn der Grabungsarbeiten besteht insbesondere dann, wenn die örtlichen Gegebenheiten Anhaltspunkte und Indizien für unterirdische Einbauten geben. Sogar im unverbauten Gebiet muss im Einzelfall mit dem Vorhandensein von Einbauten gerechnet werden. Immerhin kann sich der AN grundsätzlich auf die Richtigkeit von eingeholten oder zur Verfügung gestellten Informationen verlassen. Bestehen allerdings Bedenken an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Informationen, muss er weitere Erkundigungen einholen. Nur wenn der AN beweisen kann, dass er diese strengen Sorgfaltspflichten erfüllt hat – sich also vorab sorgfältig und gewissenhaft informiert hat – und der Schaden dennoch unvermeidbar war, ist er von der Haftung befreit. Dies ist in der Regel auch die Voraussetzung für die Kostenübernahme der Haftpflichtversicherung des AN.

AN haftet auch für Subunternehmer
Der AN haftet bei Verstoß gegen seine Sorgfaltspflichten nicht nur für die von ihm selbst verursachten Beschädigungen an Einbauten als faktischer Schädiger, sondern auch dann, wenn er Erfüllungsgehilfen (z.B. Mitarbeiter oder Subunternehmer) einsetzt. Wenn diese die Einbauten beschädigen, muss er sich deren Verschulden aufgrund der Erfüllungsgehilfenhaftung des ABGB zurechnen lassen. Die Erfüllungsgehilfenhaftung kommt unabhängig davon zur Anwendung, ob der Geschädigte der AG selbst ist oder ein Dritter (z.B. ein Energieversorgungsunternehmen). Hinsichtlich Einbauten Dritter sind zwar grundsätzlich sowohl der AN als auch der AG dafür verantwortlich, diese nicht zu beschädigen. Jedoch treffen nur den mit den Bauarbeiten beauftragten AN die strengen Schutz- und Sorgfaltspflichten. Insofern ist der AN auch dann haftbar, wenn er selbst den Schaden faktisch nicht verursacht hat. Auch hier gilt lediglich der Beweis einer sorgfältigen und gewissenhaften Vorabinformation über Einbauten als haftungsbefreiend.
Wahlrecht des Geschädigten
Grundsätzlich kann sich der Geschädigte – also der Eigentümer der beschädigten Einbauten – aussuchen, ob er sich hinsichtlich des Schadenersatzes an den deliktisch haftenden Erfüllungsgehilfen oder den vertraglich haftenden AN wendet. In der Praxis naheliegender als auch für den Geschädigten einfacher ist in der Regel die Inanspruchnahme des AN.
Checkliste Einbautenerhebung
Die „Checkliste Einbautenerhebung“ der Bundesinnung Bau bietet einen Überblick über die wichtigsten Maßnahmen im Vorfeld von Tiefbauarbeiten aus Sicht des AN. Die Empfehlungen der Checkliste sind natürlich noch an den Einzelfall und das jeweilige Bauvorhaben anzupassen und somit keine absolute Garantie für die Vermeidung jeglicher Schäden.
Die Checkliste empfiehlt, vor der Durchführung von Grabungs- und Aushubarbeiten folgende Punkte zu beachten:
- Der AG (Bauherr) ist verpflichtet, spätestens vor Beginn der Leistung dem Auftragnehmer das Vorhandensein von Einbauten bekanntzugeben. Dies kann auch im Rahmen der Ausschreibung erfolgen.
- Der AN muss die Lage der Einbauten bei den Versorgungsunternehmen erheben. Er ist verpflichtet, sich vor Beginn der Grabungsarbeiten bei jenen Versorgungsunternehmen zu erkundigen, die für allfällige Einbauten verantwortlich sind. Diese sollen verlässlich und verbindlich über die Lage von Einbauten Auskunft geben.
- Für diese Informationen ist der AN verpflichtet, in die Pläne der Behörden Einsicht zu nehmen. Eine mündliche Information ist dafür nicht ausreichend.
- Wenn Versorgungsleitungen vorhanden sind (z.B. Strom, Gas, Öl, Telefon, Daten, Wasser, Kanal), trifft den AN eine Sorgfaltspflicht, diese bei seinen Grabungsarbeiten nicht zu beschädigen.
- Der AN kann sich auf die ihm erteilten Auskünfte verlassen. Bestehen Zweifel an deren Richtigkeit, muss er weitere Ermittlungen anstellen.
- Die Besprechung von Einbauten bei Terminen vor Ort (Einbautenbesprechungen) ist üblich und wird empfohlen.
- Merkblätter von Versorgungsunternehmen zur Vermeidung von Kabel- oder Leitungsbeschädigungen sind zu beachten.
- Die Informationen und Kontakte der jeweiligen Versorgungsunternehmen können je nach Bundesland unterschiedlich sein.
- Die Gültigkeit bzw. mögliche Befristung von Leitungsauskünften sollte beachtet werden. Die Erteilung der jeweiligen Auskunft sollte möglichst zeitnah (aber dennoch rechtzeitig) vor dem geplanten Baubeginn eingeholt werden.
Die Beachtung der angeführten Punkte wird die Wahrscheinlichkeit, bei Grabungsarbeiten Leitungen zu beschädigen, deutlich reduzieren.
Generell muss der AN alle Möglichkeiten zur Informationseinholung über Einbauten nützen, um im Schadensfall die Einhaltung seiner Sorgfaltspflichten zur Haftungsabwehr nachweisen zu können. Darüber hinausgehende, eigene Untersuchungen des Baugrundes (Sonden, Probebohrungen und dgl.) übersteigen die von der Rechtsprechung verlangten Sorgfaltspflichten und sind daher in der Regel ohne ausdrückliche Beauftragung durch den AG nicht erforderlich, um eine Haftung abwehren zu können.

Verhalten im Schadensfall
Sollte dennoch einmal ein Schadensfall eintreten, sollten folgende Maßnahmen ergriffen werden (Auszug aus Mappe „Sicherheit am Bau“, Kapitel B 6.3):
- Arbeit an der Schadensstelle sofort einstellen
- Gefahrenbereich absperren
- Passanten, Hausbewohner warnen und fernhalten
- Ausmaß und Art der Beschädigung feststellen
- Leitungseigentümer und Instandsetzungstrupp verständigen
Ausblick
Einen wichtigen Beitrag zum sicheren Umgang mit vorhandenen Leitungen bei Grabungsarbeiten könnte die Entwicklung einer zentralen Datenbank über vorhandene Einbauten leisten. Dafür gibt es eine konkrete Absichtserklärung im aktuellen Regierungsprogramm (Seite 48), das die Einrichtung eines österreichweiten „Digitalen Tiefbauatlas“ vorsieht.
In diesem neuen Informationssystem sollen die bestehenden öffentlichen Ausbau-Register von Energieversorgern, der öffentlichen Hand und von Netzbetreibern zusammengeführt werden, um Infrastrukturprojekte besser und schneller planen zu können und gleichzeitig vorhandene Ressourcen bestmöglich zu schonen.
Weitere Informationen:
Checkliste Einbautenerhebung
Schutz erdverlegter Leitungen