AK-Studie
Unrühmliches Jubiläum
Anlässlich 30 Jahre EU-Binnenmarkt gab die AK eine Studie bei L&R in Auftrag, in der die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und die Entwicklung des Lohn- und Sozialdumpings in Österreich untersucht werden sollten. Die Ergebnisse zeigen, dass Österreich aufgrund des hohen Lohnniveaus und der geografischen Lage als Arbeitsland besonders beliebt ist. Die Zahl der sogenannten Einpendler*innen hat sich in den vergangenen 15 Jahren verdreifacht, die der Entsendungen sogar verfünffacht.
Im Jahr 2021 war Österreich im Vergleich der EU- und EFTA-Staaten mit rund 221.000 Entsendungen das drittwichtigste Empfängerland für Entsendungen hinter Deutschland und Frankreich. „Für die Vertretungen von Arbeitnehmer*innen gibt es leider keinen Anlass zum Jubeln“, sagt AK Präsidentin Renate Anderl. „Das Jubiläum zeigt, wie stark in Europa die Interessen der Unternehmen im Vordergrund stehen und wie häufig der Wettbewerb unfair geführt wird.“
Harte Kampf, nackte Zahlen
Im Zeitraum von 2011 bis März 2023 wurden insgesamt 11.472 rechtskräftige Entscheidungen in Österreich wegen Lohn- und Sozialdumping gefällt. Die meisten rechtskräftigen Entscheidungen (rund 37 Prozent) gab es aufgrund der „Nichtbereithaltung von Unterlagen“, gefolgt von rechtskräftigen Entscheidungen wegen Unterentlohnung (rund 28%) und Kontrollvereitelung (21 Prozent). Rechtskräftige Entscheidungen wegen Unterentlohnung liegen im Beobachtungszeitraum gegen 3.171 Unternehmen, davon rund 67 Prozent ausländische Firmen, vor.
Geht es nach der Gewerkschaft Bau-Holz (GBH), können Firmen aus den Nachbarländern mit Entsendungen noch immer viel zu leicht das österreichische Lohn- und Sozialsystem unterlaufen. Vor allem Strafen, mit null Euro Strafmaß sind der Gewerkschaft ein Dorn im Auge. Dennoch konnte man vor kurzem einen Erfolg feiern: Über die EU konnte Druck ausgeübt werden, so dass Slowenien beschloss den „Entsendebonus“ – Arbeitgeber*innen mussten für entsendete Beschäftigte niedrigere Sozialversicherungsbeiträge abführen – mit 1. Jänner 2024 wieder abzuschaffen. „Von diesem Erfolg profitieren nicht nur die entsendeten Arbeitnehmer*innen, sondern auch die heimischen Unternehmen mit ihren Beschäftigten durch einen faireren Wettbewerb“, freut sich der GBH-Bundesvorsitzende Josef Muchitsch.
Lohn- und Sozialdumping: Es ist Zeit zu handeln
Einig zeigt man sich Seitens der GBH und der AK auch, dass viele dieser Probleme hausgemacht sind und durch einfache Maßnahmen zu ändern wären. Vor allem die Zusammenarbeit der Behörden aller Mitgliedstaaten müsse endlich verbessert werden und eine „massive Aufstockung des Personals der Österreichischen Finanzpolizei“ würde mehr Kontrollen ermöglichen.
Als wesentlichen Rückschlag im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping erachten beide Organisationen auch die 2021 durchgeführten Gesetzesänderungen, die zu starken Reduktionen der Strafrahmen geführt haben. „Es kommt Unternehmen teilweise teurer Lohnunterlagen vorzuweisen, als zu sagen, dass man sie nicht hat und die Strafe zu zahlen“, stellt Muchitsch fest. „Das kann nicht sein und ist nur ein Nährboden für unlauteren Wettbewerb.“
Zusätzlich fordert man auch die Beschränkung der Subunternehmerketten sowie eine Haftung des Erstauftraggebers, ähnlich dem deutschen Modell. Dies wäre für Aufträge der öffentlichen Hand einfach umzusetzen – da es nur eine Frage der Österreichischen Rechtsprechung sei - und ein gutes Mittel „schwarze Schafe von öffentlichen Aufträgen auszuschließen“.