Das funky Funkhaus
Das Bauunternehmen Rhomberg hat Großes mit dem ehrwürdigen Funkhaus nahe der Wiener Karlskirche vor. Es soll zu einem Hotspot für Künstler, Gastronomie und Wohnen umgestaltet werden. Auch ein Hotel ist geplant. Besonders ist auch die Herangehensweise an das Vorhaben: Es gibt keinen fix-fertigen Plan. Das Projekt soll sich laufend entwickeln.

Die Proteste waren groß, als das ehrwürdige Gebäude 2016 an die Rhomberg Gruppe verkauft wurde. ORF-Radiojournalisten und Kulturschaffende beklagten sich über den geplanten Auszug. Vor zweieinhalb Jahren gingen schließlich die letzten Sendungen im ORF-Funkhaus in der Argentinierstraße 30 nahe der Wiener Karlskirche on air. „Das war’s dann“, meinte ein ORF-Journalist damals lakonisch. Oder auch nicht. Denn die Rhomberg Gruppe hat einiges vor für das historische Gebäude: „Damals hieß es: Ein Wahnsinn, dass man hier wegmuss. Aber das Gegenteil ist der Fall. Wir öffnen das Gebäude für die Menschen jetzt wieder – und zwar für alle. Unser Projekt wird eine Bereicherung für die Bevölkerung und die Kulturszene“, sagt Hubert Rhomberg, CEO und Eigentümer des Unternehmens.
Urbaner Hotspot
Rhomberg hat vor kurzem seine Pläne für das Gebäudeensemble der breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Die Baugenehmigung für die Umgestaltung ist eingereicht. Sie wird im Laufe des Jahres erwartet. Das Funkhaus soll zu einem „urbanen Hotspot“ für kreatives Schaffen, Kultur, Hospitality, Gastronomie und Wohnen weiterentwickelt werden. Geplant sind Kulturräume für Künstler, Konzerte und Events aller Art, ein Bereich mit Cafés, Bars und Restaurants, exklusive Wohnungen mit Blick ins Grüne und ein Hotel.
Das Wiener Funkhaus wurde in der Zeit des Austrofaschismus von 1935 bis 1938 errichtet – im Auftrag des ORF-Vorgängers RVAG nach den Plänen des Star-Architekten Clemens Holzmeister und der Otto Wagner-Schülern Heinrich Schmid und Hermann Aichinger. Das Funkhaus galt im austrofaschistischen Ständestaat als „kritische Infrastruktur“ und wurde entsprechend „verschlossen“ errichtet, wie Erich Bernard, CEO und Gründer von BWM Designers & Architects, erläutert.
Bernard ist mit seinem Team mit der Planung der Umgestaltung betraut. Das Funkhaus „wird erstmals für die breite Bevölkerung und für Kulturschaffende geöffnet“, so Auftraggeber Rhomberg. Man wolle das Gebäude ebenso wie das Grätzl rund um das Funkhaus in eine „neue Ära“ führen: „Als lebendigen, pulsierenden Ort, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander verbindet und zu einem Magnet für Kunst, Kultur, Gemeinschaft und neues Wohnen wird.“
Bei der umfassenden Umgestaltung soll das äußere Erscheinungsbild des denkmalgeschützten Bauwerks nicht verändert werden. Fassadenteile werden in enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt rekonstruiert. Bestehende Fenster werden saniert, ausgetauschte Fenster nach bauzeitlichen Vorbildern wiederhergestellt. Die großflächige Eingangshalle mit Originaltreppe bleibt erhalten. „Wir haben uns dem Projekt angenähert, indem wir uns intensiv mit der Entstehungsgeschichte beschäftigt haben“, so Architekt Bernard. „Ziel ist es, das Funkhaus, ursprünglichen Ideen folgend, im Außenauftritt wiederherzustellen und dieses sowohl im Innenbereich als auch bei den neu entstehenden Gebäuden überlegt und stimmig zu ergänzen.“
In den vergangenen Jahren hat die Rhomberg Gruppe 22 Eigentumswohnungen im Bestandsgebäude errichtet. Sie wurden 2023 übergeben. Weitere 57 Eigentumswohnungen sind geplant: Davon 22 im hinteren Teil des Bestandsgebäudes und 35 in einem siebenstöckigen Holz-Hybrid-Haus, das mit dem hauseigenen Cree-System auf einer bisher als Parkplatz genutzten Fläche gebaut werden soll – Ausblick auf den Park des benachbarten Theresianums inbegriffen.
Das Herzstück des Konzepts ist aber wohl die geplante „Culture Mall“ in den vier Stockwerken des Funkhaus-Hauptgebäudes. Ein Teil des Gebäudes bleibt weiterhin mit dem ORF verbunden: Der hofseitige „Peichl-Trakt“ und die angrenzenden Sendesäle werden auch in Zukunft vom ORF für Veranstaltungen und Programme genutzt. Der vordere Teil ist für eine Hotelnutzung vorgesehen. Rund 70 Zimmer sind denkbar. Wobei laut Rhomberg Gruppe „aktuell noch passende Konzepte entwickelt und Betreiber eruiert werden“.
In den übrigen Räumlichkeiten ist Platz für die vorgesehene Gastronomie. Aber vor allem für Künstler aller Art: Der Eigentümer plant „Ateliers, Tonstudios und Proberäume“ ebenso wie „vielfältige offene Orte zur Begegnung.“ Der Vorplatz entlang der Argentinierstraße soll zum „lebendigen Treffpunkt“ werden – mit Grünflächen, Gastronomie und viel Platz zum Austausch.
Die Rhomberg Gruppe stellt das historische Gebäude bereits vor dem Umbau für Kunst und Kultur zur Verfügung: Seit November 2024 werden durch den Verein „Never at Home“ Studios und Kreativräume an junge Künstlerinnen und Künstler vermittelt. Ende 2024 war die junge Kunstmesse „Parallel Editions zu Gast. Von Mitte bis Ende Juni 2025 verwandelt sich das Gebäude dann unter dem Titel „Haus der Republik“ in das Hauptquartier der Wiener Festwochen und wird zur Bühne für Ausstellungen, Diskussionen und Performances.
Wie genau sich die „Culture Mall“ in Zukunft entwickeln wird, ist noch offen. Und das hat durchaus System: „Die Art und Weise, wie wir das Projekt angehen, ist besonders. Wir haben keinen fix-fertigen Plan und daher auch noch keinen fertigen Business-Case. Das Projekt lebt und wird sich laufend weiterentwickeln“, so Eigentümer Rhomberg. „Ich bin überzeugt davon, dass es ein Erfolg wird. Das Projekt wird so offen, kreativ und funky, dass wir die besten passenden Nutzer und Mieter anziehen werden. Ich vermute, dass es in fünf Jahren heißt: Das ist so crazy und authentisch, da will ich dabei sein.“