Herz

Zum Wachsen verurteilt

17.03.2025

Ein Global-Player mit Bodenhaftung ist Herz Eigentümer Gerhard Glinzerer, dem es gelungen ist aus einem angeschlagenen Armaturenhersteller in wenigen Jahrzehnten ein weltweit erfolgreich agierendes Unternehmen in den Sparten Armaturen, Biomasseanlagen, Wärmepumpen und Dämmstoffen zu formen. Der Erfolg kommt nicht von selbst, doch was ist sein Geheimrezept?

Gebäude Installation: Die österreichische Bauwirtschaft sieht sich mit massiven Problemen konfrontiert. Neubauprojekte werden zurückgestellt, die Sanierung will nicht in Schwung kommen. Wie geht es Herz in diesen Zeiten?
Gerhard Glinzerer: Wir sind kein für Österreich typisches Unternehmen. Der Einfluss der wirtschaftlichen Situation in Österreich ist für uns relevant, aber nicht ausschließlich maßgeblich. 2023 und 2024 waren schwierige Jahre für die heimische Bauwirtschaft, die Baupreise sind in die Höhe geschnellt, im Anschluss eine Zinspolitik, die den Neubau in erheblichem Ausmaß abgewürgt hat. Dies nicht nur in Österreich, sondern auch in anderen europäischen Ländern. Osteuropa befindet sich wieder auf dem Wachstumspfad. Letztlich wird auch Österreich wieder mehr Fahrt aufnehmen. Wir sind in zahlreichen Ländern präsent, wir liefern von Großbritannien bis nach Kasachstan, in die arabischen Länder genauso wie nach Kanada, Neuseeland bis zu den Fidschi-Inseln. Vieles gleicht sich aus – in einem Land geht es besser, in einem etwas schlechter.
Wir sind zum Wachsen verurteilt um mit internationalen Großkonzernen mithalten zu können und versuchen dies durch besondere Kundennähe und Serviceorientiertheit zu bewerkstelligen. Wer nicht wächst, stirbt oder wird übernommen. Auf gut österreichisch: Wir wurschteln uns durch!

Das scheint angesichts Ihrer Markterfolge etwas untertrieben. Sie haben sich 1989 in das damals kränkelnde Unternehmen eingekauft, heute zählt Herz zu den Topunternehmen. Wie begründen Sie diesen Erfolgskurs?
Die Zeiten waren damals ganz andere. Trotz aller wirtschaftlicher Probleme hatten die Produkte von Herz einen guten Ruf. Es war damals möglich mit so gut wie keinem Eigenkapital ein Unternehmen zu übernehmen – heute undenkbar. Als Herz in den 80er Jahren zum Verkauf stand, haben sich eine Reihe von Mitbewerber das Unternehmen angeschaut und waren zum Schluss gekommen, dass sich das Problem Herz von selbst erledigen würde und eine Sterbehilfe nicht notwendig wäre. Dass es Herz heute in dieser Form gibt, verdanken wir in gewissem Umfang auch dem ehemaligen Sowjetführer Gorbatschow. Bald nach meinem Einstieg bei Herz 1989 kollabierte das kommunistische System in den osteuropäischen Staaten und der Sowjetunion wodurch sich zahlreiche neue Märkte für uns eröffneten. Westeuropa war damals für uns ein sehr schwieriges Terrain, da der Mitbewerb diesen Teil Europas fest im Griff hatte. Schon 1990 gründeten wir daher eine eigene Tochtergesellschaft in Polen. 1993 nahmen wir erstmals an einer Messe in Moskau teil. Die Wurzeln unserer erfolgreichen Entwicklung liegen im Osten. Heute verfügen wir über ein Netzwerk an Tochtergesellschaften von Lettland bis Bulgarien und von Großbritannien bis nach Saudi Arabien und in die Emirate.

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Wer nicht wächst, stirbt oder wird übernommen. Auf gut österreichisch: Wir wurschteln uns durch!

Wie gelingt es in diesen doch stark unterschiedlichen Märkten zu reüssieren?
Bei uns arbeiten in den Tochtergesellschaften einheimische Mitarbeiter, die in der Gebäudetechnik-Community bestens verankert sind. Zudem erhalten wir regelmäßig Besuch unserer internationalen Marktpartner, vor allem auch aus dem arabischen Raum und Ostasien. Unsere Gäste wollen sehen, dass in Europa produziert wird, sich selbst ein Bild machen. Qualität aus Europa hat für unsere Partner einen enorm hohen Stellenwert.

Gibt es noch weiße Flecken auf Ihrer Landkarte? Die USA haben Sie bislang nicht erwähnt.
Nordamerika ist ein Thema. Wir entwickeln uns sehr erfreulich in Kanada, da in diesem Land die Heizungstechnik den europäischen Staat ähnelt. In den USA sind wir seit Jahren tätig, haben uns aber in der Entwicklung auf die bereits genannten Weltregionen wie Arabischer Raum und Ostasien konzentriert.

Das heißt, alle Weichen stehen auf weiteres Wachstum – wie sind Ihre Erwartungen für das eben begonnene Jahr?
Für 2025 sind wir sehr entspannt, wir sind eigenkapitalmäßig gut abgesichert. Wir haben immer sehr vorsichtig und risikobewusst agiert, haben auch keinen großen Sponsor im Hintergrund und sind daher auf uns selbst gestellt. Es gibt auch keine ausschüttungsgierigen Aktionäre und wir können daher positive Erträge im Unternehmen behalten. Durch die internationale Präsenz und einem erweiterten Produktangebot gehen wir auch für 2025 von einer positiven Entwicklung aus.

Wann wird der Markt in Österreich Ihrer Meinung nach wieder in Schwung kommen?
Vor 2026 erwarte ich keine Besserung in Österreich, die Haustechnik kommt erst im Verlauf eines Projektes eher am Ende zum Tragen. Für den Neubau machen wir uns keine große Hoffnung, sehen aber ein erhebliches Potenzial in der Sanierung, die eher Arbeitskräfte fordert und weniger materialintensiv ist. Letztlich wird der Markt wieder langsam in den Schwung kommen, da die Nachfrage nach Wohnraum natürlich da ist. Seit den 1960er Jahren leben wir stabil in Frieden, es ist nicht nachvollziehbar, warum sich junge Menschen keine Wohnung leisten können. Hier wird die Politik gefordert sein, gegenzusteuern.

Der Fachkräftemangel ist ein Dauerthema in der Branche. Was tut Herz um gegenzusteuern?
Tag für Tag, Monat für Monat versuchen wir junge Menschen für die Branche zu begeistern. Regelmäßig kommen Berufsschüler aus Wien und den Bundesländern zu uns auf Besuch. Vor kurzem waren Lehrlinge aus Kärnten und der Steiermark in unserer slowenischen Fabrik. Es gibt kaum mehr produzierende Unternehmen aus der Gebäudetechnik in Österreich. Wir können dem Nachwuchs Produktionsprozesse zeigen. Wer will, kann ein eigenes Erinnerungsstück aus Messing in unserer Gießerei selbst gießen. Das ist ein Erlebnis, die Schüler sind begeistert, die Lehrer auch. Genauso wie Berufsschüler kommen HTL’s und Fachhochschul-Studenten aus dem In- und Ausland zu Herz. Das Engagement in die Ausbildung liegt uns sehr am Herzen. Wir wollen viel Wissen vermitteln, einen Beitrag zu einer guten Ausbildung leisten und für diesen Zweck stehen die Tore unserer Fabriken offen. Wer nicht zu uns kommen kann, den versorgen wir auch mit Lehrbüchern zum Thema Hydraulik. Das von Prof. Jauschowetz verfasste Lehrbuch „Das Herz der Warmwasserheizung – Die Hydraulik“ wurde von uns in 13 Sprachen übersetzt, darunter Serbisch, Türkisch, Polnisch,…zuletzt auch ins Georgische.

Die Bürokratie wuchert aus sich selbst heraus, die Kreativität der Gesetzesmacher ist enorm, wir müssen den Aufwand tragen.

2025 ist ein starkes Messejahr. Welche Bedeutung haben die Webuild Energiesparmesse und die ISH-Frankfurt für Herz?
Ob Wels oder Frankfurt, für uns sind Messen die Gelegenheit den persönlichen Kontakt zu pflegen – in Wels vor allem aus Österreich, in Frankfurt international. Vielleicht etwas altmodisch aber wir glauben, dass der persönliche Kontakt von hoher Relevanz für gegenseitiges Vertrauen und Beziehungspflege ist und nicht so einfach durch digitalen Kontakt ersetzt werden kann. Zudem, wir sind ein österreichisches Industrieunternehmen, was würden sich die Besucher in Wels denken, wenn Herz als eines der nicht so zahlreichen in Österreich produzierenden Unternehmen nicht präsent wäre. Wir veranstalten auch keine pompösen Auftritte, sodass wir auch davon ausgehen, in Zukunft weiterhin in Wels und Frankfurt präsent zu sein.

Herr Glinzerer, Versäumnisse der heimischen Politik haben Sie bereits kurz erwähnt. Wenn Sie einen Wunsch an die Politik richten dürften, wie lautet er?
Wir sollten unseren Bürokratiedschungel massiv durchforsten, es kostet ein Vermögen alle Auflagen, Vorgaben und Berichtspflichten zu erfüllen, die wir ohne Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Anwälte, oder sonstigen Spezialisten gar nicht bewältigen können. Die Bürokratie wuchert aus sich selbst heraus, die Kreativität der Gesetzesmacher ist enorm, wir müssen den Aufwand tragen. Realistischerweise gehen wir davon aus, dass unsere Wünsche möglicherweise gehört, aber aller Voraussicht nach nicht erfüllt werden. Dementsprechend versuchen wir unter den gegebenen Umständen weiterzuarbeiten, auch wenn die erbetene und gewünschte Änderung der Rahmenbedingungen für Herz und viele zahlreiche österreichische Industrieunternehmen ein erhebliches Wachstumspotenzial bieten würde – zum Nutzen der Unternehmen, Mitarbeiter und der Volkswirtschaft.

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