Kantenfräsen
Auf die Kante, fertig, los!
Bild oben: Die GFK 600 mit einem Anschlag für paralleles Nuten.
Handlich, leicht und flexibel, das sind die Ansprüche, die an handgeführte Holzbearbeitungsmaschinen gestellt werden. Zusätzlich sollten sie schnell betriebsbereit sein und sich ihre Rüstzeiten in Grenzen halten. Dieses Prinzip gilt vor allem für mobile Kantenfräsen. Egal ob bündig, Fase oder Rundung: Hier sollte der Aufwand nach dem Einsetzten des Wunschfräsers auf das Einschalten und eventuell noch auf das Einstellen der Frästiefe reduziert sein. Inzwischen sind auch äußerst handliche Kantenfräsen mit Akku in verschiedenen Leistungsklassen erhältlich. Gerade für Fräsungen, die mobil oder bauseits ausgeführt werden müssen, kann so eine Maschine eine echte Alternative sein. Aber auch beim Fertigen von Kleinteilen, können diese Maschinen punkten. Das Tischler Journal hat sich hierfür die Kantenfräsen der bekannten Hersteller im Detail angeschaut.
Das Maß aller Dinge
Bei der Werkzeugsuche ist es leider oft übliche Praxis, einen Außendienstmitarbeiter zu befragen oder in die Internet-Suchmaschine einen Begriff einzugeben und loszulegen: Entweder man bekommt einige Modelle vorgeschlagen oder man findet einige Akteure auf diesem Gebiet und fällt so eine Entscheidung. Wie so oft beim Thema Maschinen und Werkzeug hat jeder und jede Anwender*in eigenen Vorstellungen. Netz oder Akku? Welcher Hersteller bzw. welches Akku-System? Welche Fräser sollten zum Einsatz kommen? Stehen Fräserwechsel auf der Tagesordnung oder bleib der Fräser bis zum Nachschärfen in der Maschine? Wie funktioniert die Einstellung der Frästiefe? Kann die Einstellung arretiert werden? Gibt es die Möglichkeit der Drehzahlverstellung? Alles in allem Fragen, die man sich vor einer Kaufentscheidung stellen sollte. Die Antworten kennt nur der Anwender, der regelmäßig zur Maschine greift. Nicht die Suchmaschine und zumeist auch nicht ein Verkäufer.
Hersteller & Anbieter
Bosch: www.bosch-professional.com/
Dewalt: www.dewalt.com/
Festool: www.festool.at/
Flex: www.flex-tools.com/de
Hikoki: www.hikoki-powertools.com/
Mafell: www.mafell.de/en/
Makita: www.makita.at/
Metabo: www.metabo.com/at/de/
Milwalkee: de.milwaukeetool.eu/
Funktionsprinzip Kantenfräse
Denkbar einfach, wie fast bei allen Fräsen, rotiert ein Werkzeug um seine Achse. Durch einen Motor angetrieben, kommt ganz oft ein Fräser mit einem am Fräserende montierten Kugellager zum Einsatz. Dieses Kugellager dient als Anschlag und führt die Fräse entsprechend der Werkstückkante. Der zweite Anschlag wird durch den Maschinentisch abgebildet. Nicht allzu groß dimensioniert, können einige dieser Fräsen, entsprechend der Frässaufgabe, mit einer Hand gehalten und geführt werden. Die Tischöffnung der meisten Modelle ist so bemessen, dass nur Fräswerkzeuge entsprechend der Leistung eingesetzt werden können. Die Verstellung vom Frästisch dieser Maschinen ist so gestaltet, dass Anpassungen im Rahmen vom Fräsbereich abgedeckt werden können. Je nach Hersteller und Anbieter können die Maschinen durch entsprechendes Zubehör für die unterschiedlichen Anwendungsgebiete optimiert werden. Hier lohnt es sich, genau zu schauen, welche Aufgaben regelmäßig anstehen oder ob sich zusätzliche Anwendungen nicht besser mit der Oberfräse erledigen lassen.
Kantenfräse ist nicht gleich Kantenfräse
Sieht man sich die einzelnen Maschinen genauer an, bemerkt man schnell die ersten Unterschiede. Einige Hersteller lösen das Thema Kantenfräsen über das Maschinenzubehör, welches aus einer kleinen handlichen Oberfräse eine Kantenfräse macht. Hierfür wird der Tisch der Oberfräse gegen einen geeigneteren Frästisch ausgetauscht. Andere Hersteller wiederum haben gleich mehrere Modelle im Programm. Hier wird über die jeweilige Leistung und die Bauform die Maschine speziell für ein bestimmtes Einsatzgebiet angeboten. Die Spezialisierung macht die Maschine zu einem Spezialisten. Zum Beispiel zum bündig Fräsen von Anleimern und Kantenmaterialien, schränkt jedoch dadurch möglicherweise andere Bearbeitungsmöglichkeiten ein.
Gewicht als Einflussfaktor
Kantenfräsen mit einem hohen Gewicht haben möglicherweise mehr Leistung. Ist es die Maschinenleistung oder das Maschinengewicht, welches eine Kantenfräse für Ihren Betrieb interessant macht? Oder setzten Sie mehr auf die Vielseitigkeit durch entsprechendes Zubehör? Oder steht bei Ihnen die praktische Einhandbedienung ganz oben auf der Liste? Dann ist ein hohes Gewicht das Letzte, was man mit einer Kantenfräse in Verbindung bringen möchten. Das gilt sowohl für den Netzbetrieb aber auch für den Akkubetrieb. Wer seinen Fokus auf diese Art der Bedienung ausgerichtet hat, für den gilt: „Weniger ist mehr“. Weniger Akkugewicht bedeutet natürlich auch weniger Akkuleistung. Bekanntlich geht mit einer leichten Maschine die Arbeit in solchen Fällen leichter von der Hand. Dann vielleicht doch lieber einmal öfters den Akku tauschen, anstatt ein Mehr an Gewicht zu bewältigen.
Absaugen gefragt
Je nach Einsatzgebiet lassen sich unterschiedliche Ansprüche an eine Kantenfräse definieren. Ganz ähnlich verhält es sich mit der Möglichkeit zum Anschluss eines Staubsaugers. Natürlich sollten die anfallenden Späne jederzeit abgesaugt werden, dies ist jedoch nicht immer so leicht umzusetzen. Gerade dann, wenn nur minimale Fräsarbeiten ausgeführt werden müssen. So wird beim Runden von Schnittkanten einer Terrassendiele im Außenbereich selten eine Absaugmöglichkeit vorhanden sein. Dagegen fallen beim bündig Fräsen von einem Anleimer wesentlich mehr Späne an. Hier ist das anfallende Spanvolumen anders kaum zu handhaben. Während beim Fasen von Schnittkanten nur geringe Spanvolumen anfallen.
Fräser und Fräsenwechsel
Auch hier lohnt es sich, vor einer Kaufentscheidung genau hinzuschauen. Können Standardfräser eingesetzt werden oder sind spezielle Fräswerkzeuge erforderlich? Welche Spannzangen sind verbaut und welche Schaftdurchmesser oder -längen können zum Einsatz kommen?
Drehzahlanpassung
Leicht und handlich, so sollten Kantenfräsen gebaut sein, die im Arbeitsalltag zum Einsatz kommen. Jedoch kann es je nach Material möglicherweise erforderlich sein, die Drehzahl der Maschine anzupassen. Gerade dann, wenn zum Beispiel Fräsungen an Hartholz ausgeführt werden sollen, können durch die hohen Drehzahlen Frässpuren zurückbleiben. Diese sogenannten Brandspuren entstehen häufig im Stirnholzbereich und erfordern einen hohen Aufwand bei ihrer Beseitigung. Nacharbeiten sind diese Art der Arbeit, auf die man gerne verzichtet. Auch beim Anfahren oder im Leerlaufbereich können Reib- und Brandspuren Nacharbeiten erforderlich machen. Bleiben diese Spuren durch entsprechende Maßnahmen in der Maschinensteuerung oder durch den Einsatz eines entsprechenden Werkzeuges aus, können mögliche Fehlerquellen ausgeschlossen und somit Nacharbeiten vermieden werden.
Fazit
Kantenfräse ist nicht gleich Kantenfräse und Fräsaufgabe nicht gleich Fräsaufgabe. Wie immer, wenn eine Entscheidung über die Anschaffung einer Maschine gefällt werden soll, kommt es auf den Blickwinkel an. Wichtige Entscheidungskriterien sind neben den Einsatzgebieten die gewünschte Antriebsart Akku- oder Netzbetrieb. Hier spielt bei einer Entscheidung das vorhandene Akku-System sicher eine sehr wichtige Rolle. Wird eine Multifräse oder ein Leichtgewicht gewünscht? Oder soll eine besondere Fräsaufgabe dauerhaft umgesetzt werden? Alles in allem Fragen, die nur Anwender*innen beantworten können. Nur wer sich vor einer Kaufentscheidung mit den Parametern seiner Ansprüche auseinandersetzt, kann eine Entscheidung fällen, die seinen Ansprüchen gerecht wird.
Der Autor
Stefan Böning ist Tischlermeister und beschäftigt sich im Auftrag des Tischler Journals regelmäßig mit anwendungsorientierten Themen aus dem Werkstattalltag.
www.s-boening-holz.de