Porträt
Kreativ in drei Dimensionen
Im Vorjahr war die Tischlerei Stückler 120 Jahre „jung“. 1903 gründete Urgroßvater Ferdinand eine Bau- und Möbeltischlerei im Kärtner Lavanttal im rund 800 Meter hoch gelegenen Ort Reichenfels im Bezirk Wolfsberg. Geblieben ist bis heute der Standort, gewechselt haben natürlich die Personen und das Angebot. Die Bautischlerei gab man nach und nach auf – bis auf die Fertigung von Innentüren.
Gerold Stückler führt gemeinsam mit Ehefrau Karin seit 1994 den aktuell 20 Personen (inklusive zwei Lehrlinge) starken Betrieb in der vierten Generation. „Die nächste Generation rückt langsam nach“. Gemeint ist damit Tochter Sophie, die nach der absolvierten Fachschule in Mödling zur Tischlereitechnikerin seit Kurzem Tischlermeisterin ist. Ihr Meisterstück zählt zu den besten des Jahrganges und ist im Holz- und Werkzeugmuseum Lignorama in Riedau (OÖ) ausgestellt. „Ich bin für die Arbeitsvorbereitung und die CNC-Programmierung verantwortlich“, beschreibt sie ihre momentane Position im elterlichen Betrieb.
Technologisch vorne
In den letzten Jahren wurde die Werkstätte vergrößert, eine neue Lackierkabine, ein Trockenraum und ein Schleifplatz kamen dazu, ebenfalls wurde eine neue Furnier- und Formatkreissäge angeschafft. Und weiter ging es mit den Investitionen: ein automatisiertes Plattenlager mit Beschickung sowie CNC-gesteuerte Bearbeitungszentren ergänzt die Ausstattung. Im Vorjahr „startete“ die Tischlerfamilie die neuerliche Vergrößerung auf 2.200 Quadratmeter Produktionsfläche, die demnächst fertig sein wird. „Wir investieren laufend in unseren Betrieb. Damit bauen wir unsere Marktposition weiter aus, sichern die hochqualifizierten Arbeitsplätze und bleiben technologisch immer vorne mit dabei“, sagt Gerold Stückler.
Die jeweils neu angeschafften Maschinen von Biesse, bezogen über Handl Maschinen mit Sitz in Wels, waren in Österreich immer die ersten ihrer Bauart. „Damit gewährleisten wir stets das erforderliche hohe Maß an Präzision und Qualität.“
Gefertigt werden einzelne Möbelstücke und komplette Raumlösungen für private und gewerbliche Kunden. „Auch für ein kreatives Facelift bestehender Objekte sind wir der richtige Ansprechpartner.“ Eine Spezialität ist der hochwertige Innenausbau für Yachten. Speziell in diesem Bereich pflegt man seit langem eine Kooperation mit der rund 200 Kilometer entfernten Tischlerei Schabus in Dellach, im Bezirk Hermagor. Die gemeinsamen Projekte werden auf jeweils technologisch exakt gleichen Maschinen bearbeitet, um bei den Aufträgen komplett kompatibel zu sein.
Dreidimensionale Planung
Bei der Kärtner Tischlerei hat die Kreativität einen hohen Stellenwert. Sind nach einer individuellen Beratung die Kundenwünsche klar formuliert, dann folgen „der Entwurf, eine fotorealistische 3D-Zeichnung zur besseren Vorstellung der Raumsituation, die rasche Fertigung und der saubere Einbau der Möbel“, sagt Stückler. Die 3D-Planung wird fallweise durch eine 3D-Vermessung unterstützt. Die digitalen Daten fließen in die CAD-Programme AutoCAD oder Palette CAD.
Schön, leicht und fest
„Unsere Möbel und Innenausbauten sind aus hochwertigen Sperrholzplatten, zumeist in den Holzarten Birke und Pappel. Sind andere Holzdesigns gewünscht – etwa Eiche – furnieren wir die Platten entsprechend“, sagt Stückler. Neben einer schönen, ebenmäßigen Oberfläche mit Massivholzcharakter punkten die kreuzweise verleimten Sperrholzplatten mit ihren technischen Eigenschaften: hochfest und dennoch leicht, gleichbleibend formstabil sowie feuchtigkeitsbeständig – alles Eigenschaften, die speziell für die Yachtausstattungen relevant sind. Rohspanplatten werden nicht verwendet „die nehmen wir zum Verpacken“.
Langjährige Partnerschaft
Die Tischlerei Stückler arbeitet seit vielen Jahren mit den Maschinen des italienischen Herstellers Biesse, in Österreich vertreten durch Handl in Wels. „Vor dem Kauf der Maschinen fuhren wir ins Werk in Pesaro und klärten auf Basis der für uns wichtigsten Werkstücke die individuelle Ausstattung ab, damit alle Aggregate eingebaut sind, die wir brauchen“, berichtet Stückler.
Neuer Schliff für Oberflächen
Für das Finishing der heiklen Oberflächen tat zuvor eine Dreiband-Schleifmaschine ihre Dienste, jetzt wurde technologisch aufgerüstet. Mit einer Opera 5, ausgestattet mit fünf Schleif- und einem Bürstaggregat. Die damit erzielbaren tadellosen Oberflächen sind vielfältig und effektvoll: wellenförmig, rustikal auf Eiche und Weichholz, Sägezahn sowie matt oder glänzend. Der Schleifautomat wurde heuer im Juni als erste Maschine dieser Art in Österreich in Betrieb genommen.
CNC-Bearbeitung mal zwei
Für die CNC-Bearbeitung wurden die älteren Modelle „in Pension geschickt“. Aktuell steht in der Werkstatt das neue 5-Achs-CNC-Bearbeitungszentrum Rover A 1542 in Portalbauweise mit einem automatischen Tisch. Das Nesting erfolgt mit dem 4-Achs-CNC-Bearbeitungszentrum Rover A 2243 FT, das automatisch über ein chaotisches Flächenlager (Platten) direkt von oben beschickt wird. Dieses System beschleunigt die Verarbeitung, bringt eine enorme Arbeitserleichterung mit sich und minimiert Beschädigungen durch manuelles Handling. „Diese kombinierte Anlage ist in Österreich einzigartig“, freuen sich Tischlermeister und Vertriebsmitarbeiter Hubert Appesbacher sowie Josef Hacklmayr, zuständig für CNC bei Handl. Als Software läuft auf allen Maschinen die CAM-Lösung NC-Hops. Damit die gesamte CNC-Bearbeitung permanent „gesichert“ laufen kann, sind die Anlagen personell jeweils doppelt besetzt.
Stetig wachsen
Wo die Reise der Kreativtischlerei zukünftig noch hingeht? „Mit der aktuellen Werkstattvergrößerung und den neuen Maschinen optimieren wir jetzt nochmals unsere Abläufe. Weiterhin wollen wir stetig und gesund wachsen und investieren nach Bedarf in neue Technologien, um bei den immer komplexer werdenden Aufträgen Schritt halten zu können“, blickt Stückler in die Zukunft.