Stahlqualität

Die intelligente Stahlproduktion

Forschung
28.09.2022

 
In Kooperation mit der voestalpine Stahl GmbH werden an der TU Wien intelligente Prozessregelungen für Stahlprodukte entwickelt.
Stahlprodukrion

Gemeinsame Grundlagenforschung in neuem Christian-Doppler-Labor

Die Stahlindustrie ist längst eine High-Tech-Branche. Moderne digitale Steuerungs- und Regelungstechnik erlaubt es, höchste Qualität zu produzieren, gleichzeitig die Effizienz zu optimieren und den Energiebedarf zu minimieren.

Am Institut für Automatisierungs- und Regelungstechnik (ACIN) der TU Wien wurde Ende September 2022 mit Unterstützung des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft ein neues Christian Doppler Labor eröffnet. Als Unternehmenspartner ist die voestalpine Stahl GmbH beteiligt. Gemeinsam betreiben TU Wien und voestalpine hier Grundlagenforschung und Entwicklungsarbeit für die Modellierung, Steuerung, Regelung und Überwachung von komplexen Produktionsprozessen.

"Die Stahlindustrie ist eine wesentliche Säule der österreichischen Wirtschaft", sagte Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher bei der Eröffnungsfeier. "Verbesserte Prozessregelung, wie sie in diesem CD-Labor erforscht wird, ermöglicht immer bessere Stahlqualität und minimiert gleichzeitig den Verbrauch an Energie und Ressourcen. Das stärkt unsere Industrie, sichert den Standort sowie Arbeitsplätze ab und ist gut für die Umwelt."

Gießen und veredeln

Glühende Stahlschiene
Stranggießprozesse sind schwierig zu steuern.

Beim Stranggießen wird flüssiger Stahl in eine wassergekühlte Profilform – die sogenannte Kokille – gegossen. "Die Strömung des flüssigen Stahls muss dabei präzise eingestellt werden und die Füllhöhe in der Kokille soll nicht schwanken", erklärt Andreas Steinböck, der Leiter des neuen CD-Labors. Schließlich muss der erstarrende Strang mit genau der richtigen Kraft und Geschwindigkeit weitergezogen und in die Horizontale gebogen werden.

Besonders schwierig sind die Steuerung und die Regelung solcher Stranggießprozesse deshalb, weil die Qualität des Produktes während der Herstellung nicht direkt gemessen werden kann. Man muss sich mit der Messung bestimmter Ersatzparameter zufriedengeben – dazu zählen etwa Oberflächentemperaturen oder die von Aktuatoren aufgebrachten Kräfte. Mit Computermodellen gelingt es, aus diesen Messsignalen in Echtzeit die nötigen Rückschlüsse auf den aktuellen Zustand des Prozesses zu ziehen. Die so gewonnene Information wird wiederum als wertvolle Grundlage für maschinelles Lernen, die algorithmische Entscheidungsfindung sowie die optimale Steuerung und Regelung des Prozesses verwendet.

Veredelung

Verbesserte Steuerungs- und Regelungsmethoden soll das CD-Labor auch im Bereich der Bandveredelung hervorbringen. Hier geht es darum, die gewünschten Material- und Oberflächeneigenschaften von Stahlbändern herzustellen – etwa durch thermische und mechanische Behandlungsschritte oder galvanische Beschichtung. Auch bei solchen Veredelungsverfahren müssen verschiedene Parameter mit Sensoren überwacht werden, um daraus dann mit neu entwickelten adaptiven, lernenden und datengetriebenen Methoden in Echtzeit zu berechnen, wie man die beeinflussbaren Eingangsgrößen des Prozesses optimieren muss, um ein Produkt mit der besten Qualität zu erhalten.

"Die neu zu entwickelnden regelungstechnischen Lösungen sollen nicht nur wissenschaftlich evaluiert und veröffentlicht werden, wir werden sie gemeinsam mit der voestalpine in Pilotanwendungen direkt an der Industrieanlage oder an maßstabsgerechten Messaufbauten validieren und weiter optimieren", sagt Andreas Steinböck. "Die zu entwickelnden grundlegenden Regelungskonzepte und Methoden sind natürlich auch in vielen anderen industriellen Produktionsprozessen anwendbar". [gr]

Christian Doppler Labors

In Österreich stehen die Christian Doppler Labors für anwendungsorientierte Grundlagenforschung auf hohem Niveau. Hervorragende Wissenschafter*innen kooperieren dazu mit innovativen Unternehmen. Christian Doppler Labors werden von der öffentlichen Hand und den beteiligten Unternehmen gemeinsam finanziert. Wichtigster öffentlicher Fördergeber ist das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft.

Branchen
Metall