Haus der feinen Töne

20.01.2015

Im Jänner 2015 eröffnet in Feldkirch in Vorarlberg, im „Vierländereck“, das Montforthaus – ein ganz und gar angepasstes Kulturprojekt. Und das ist durchaus positiv gemeint. Wenn in Vorarlberg geplant wird, dann richtig. Angepasst heißt in diesem Fall: durchgeplant – formal, städtebaulich, ökologisch und funktional. Die Architekten als Planungsgemeinschaft von Hascher Jehle (Berlin) / Mitiska Wäger (Bludenz) gewannen 2008 den diesbezüglichen Wettbewerb und überzeugten mit einem ­außergewöhnlichen, offenen und schwungvollen Konzept für das neue Kultur- und Kongresshaus mitten in der Altstadt. 

von Manuela Hötzl

Feldkirch ist nicht nur die zweitgrößte Stadt Vorarlbergs mit Sitz des Landesgerichts und zahlreicher anderer Ins­titutionen. Die Stadt ist außerdem die westlichste Gemeinde Österreichs im Einzugsgebiet Deutschland, Liechtenstein und der Schweiz und definiert sich wirtschaftlich wie kulturell durch die Region des Vierländerecks. Da in Vorarlberg vieles anders ist – so sind nicht nur die staatlichen Behörden im Bundesland verteilt und nicht kopflastig in der Hauptstadt Bregenz konzentriert –, hat Vorarlberg auch als einziges Land keinen landesweiten Tourismusverband. In Feldkirch kann damit zum Beispiel das Stadtmarketing eng mit der Tourismuswerbung zusammenarbeiten und mit einem ganzheitlichen maßgeschneiderten Kulturprogramm aufwarten. Diese Konstellation macht erst die Montforthaus Feldkirch GmbH möglich, die einerseits als starker Bauherr und andererseits im gemeinsamen Dialog mit allen kulturellen Institutionen und Initiativen auftritt.

Ein langjähriger Prozess

Dem Wettbewerb zum neuen Montforthaus ging ein langjähriger Prozess der Projektfindung voraus, der schließlich zur Ausschreibung führte. Das frühere Kulturhaus, ein Bau aus den Siebzigerjahren, war stark baufällig. Ein Gutachten über mögliche Sanierungen wurde beauftragt. Damals war ein Neubau noch kein Thema. Erst das Ergebnis des Gutachtens zeigte, dass eine Sanierung des Bestands äußerst kostenintensiv und darüber hinaus voraussichtlich kein zufriedenstellendes Resultat eines modernen Kulturzentrums bringen würde. Somit wurde erstmals ein Neubau in Betracht gezogen und die Kosten überprüft. Ein EU-weiter, nichtoffener, einstufiger Realisierungswettbewerb wurde von der Stadt Feldkirch ausgeschrieben. Das Projekt der Arbeitsgemeinschaft des Berliner Büros „Hascher Jehle“ mit den beiden Vorarlberger Architekten Markus Wäger und Markus Mitiska überzeugte die Jury unter dem Vorsitz des Schweizer Architekten Carl Fingerhut vor allem durch seine städtebauliche Neuinterpretation (zitiert aus dem Juryprotokoll): „Der Baukörper gliedert sich in die Altstadt in Bezug auf Situierung und Erscheinungsbild geschmeidig ein. Das Gebäude erscheint maßstäblich und ‚weich‘, es fügt sich in das umgebende Platz- und Straßengefüge harmonisch ein. Die so geschaffenen Außenräume werden in ihrer Proportionierung gut formuliert.“

Neuer Stadtraum

Im Gegensatz zum „alten“ Haus, das direkt an den Bestand andockt, stellt sich das neue Montforthaus völlig frei in den Stadtraum, rückt von Rösslepark ab und situiert dort den Eingang mit großzügigem Foyer. Diese neue Ausrichtung überzeugte den Geschäftsführer Edgar Eller nicht von Beginn an – wie er bei einer Führung durch das Haus erklärt. Die daraus resultierende Anlieferung durch die Altstadt schien ein zu großes logistisches Problem. Mittlerweile ist er jedoch von dieser Lösung überzeugt. Eller: „Die Stadt hört dort nicht auf, wie früher, sondern öffnet sich im Gegenteil durch einen neuen Stadtraum und empfängt damit nicht nur die Besucher des Montforthauses, sondern jeden Besucher der Stadt Feldkirch.“ 

Auf die Frage, warum zwischen Wettbewerbsergebnis 2008 und Baubeginn so viel Zeit verging, antwortet Eller erstaunt: „So lange brauchen wir eben für eine gute Planung, die jetzt punktgenau das berechnete Budget erreicht und alle technischen Voraussetzungen erfüllt.“

Das betrifft nicht nur das Haus selbst, auch die nun offenere Stadt wurde zum Teil von den Hausbesitzern selbst, teilweise mit der Unterstützung der Stadt saniert. Kommunikation mittels Anrainerforen und steten Führungen durch die Baustelle vorausgesetzt.

Ökologisch durchdacht

Herzstück des 6.600 Quadratmeter großen Kultur- und Kongresshauses ist der zehn Meter hohe Große Saal, über 1.100 Sitzplätze fasst und akustisch alle Stückerln spielt. Darüber und dazwischen liegen verschiedene Seminar- und Veranstaltungsräume mit einer Größe von 25 Quadratmetern bis 695 Quadratmetern – für Kongresse und Vorträge wie auch für Seminare und Konzerte. Verbindendes Element ist das großzügige Foyer mit einem Guggenheim’schen Treppenaufgang, der bis zur Dachterrasse führt. Bei den Baumaterialien kommen vornehmlich ökologische Baustoffe zum Einsatz. So werden Lacke, Farbe und Dämmstoffe, aber auch die Fassade nach Umweltkriterien ausgewählt und verwendet. Für die Fassade wurde, ganz dem ökologischen Anspruch entsprechend, Jura-Kalk aus Süddeutschland gewählt. Innen kommt großteils heimische Birne zum Einsatz. Die Energieversorgung erfolgt über regenerative Energiequellen. Die Personenlifte erzeugen beim Abwärtsfahren Strom, die Temperaturregulierung übernimmt eine Grundwasserpumpe. Zusätzlich verfügt das Haus über eine Fotovoltaikanlage. Somit verbraucht das neue Montforthaus rund 50 Prozent weniger als das Vorgängerhaus und ist als „Green & Smart Building“ zertifiziert.

Raumgefühl mit Sichtbezügen

Die Architekten lösten das komplexe Raumprogramm scheinbar einfach. Technik und Logistik – wie etwa die Gastronomie – werden wie selbstverständlich im Zentrum „versteckt“. Durch das Foyer ergibt sich ein „weites Raumgefühl, das ständig Sichtbezüge zum äußeren Umfeld herstellt. Die Stadt wird so zur umlaufenden Kulisse.“ 

Aber nicht nur im Haus wird die Vielschichtigkeit der Räume sinnlich gelöst, auch in der Stadt fügt das neue Montforthaus durch den singulären Körper einen belebten, kommunikativen Stadtraum hinzu, der die Plätze im Zentrum öffnet und neu zusammenführt. Die Gewichtung dieser Stadträume ist ausgeglichen und gleichwertig – auch die platzgebende Kante Richtung Innenstadt bewirkt das insgesamt harmonische Bild des Körpers zur Stadt. Das starke städtebauliche Konzept der Architekten öffnet die Innenstadt und schafft neue Wegachsen und Plätze. Im Gegensatz zum alten Haus bewirkt die neue, freie Form die Aufhebung einer Vorder- und Rückseite.

Projektdaten

Montforthaus Feldkirch, Montfortplatz 1, Feldkirch

Bauherr:  Stadt Feldkirch
Architektur:  Hascher Jehle Architektur (Projektleiter: DI Gorch Müllauer, DI Frank Jödicke ) mit Mitiska Wäger Architekten (Projektleiter: DI Markus Mitiska)
Tragwerksplanung:  Bernard & Brunnsteiner, Hall in Tirol
Prüfstatik:  M + G Ingenieure, Feldkirch
Örtliche Bauaufsicht:  Bmst. Ing. Michael Hassler / Moosbrugger Ingenieure ZT GMBH, Dornbirn
Kostencontrolling: bau-data baucontrol, Feldkirch
Elektroplanung: BHM Ingenieure, Feldkirch
HKLS- Planung: Dick + Harner, Salzburg
Bühnentechnik, Lichtplanung:  LDE Belzner Holmes, Eschen (FL)
Raum- und Bauakustik, 

Medientechnik:
 Graner + Partner, Bergisch-Glattbach (D)
Brandschutzgutachter: IBS Linz, Linz
Thermische Bauphysik: IPJ Ingenieure, Köln (D)
Grünraumplanung:
Gestaltung: Hascher Jehle Architektur mit Mitiska Wäger Architekten
Technische Anlagen: M + G Ingenieure, Feldkirch
Wettbewerb: 2008
Planungsbeginn: 2010
Baubeginn: 2012
Baufertigstellung: Dez 2014
Grundstücksfläche:  11.689 m²
Bruttogeschoßfläche: 12.715 m²
Bebaute Fläche:  2.552 m²
Umbauter Raum: 60.557 m³

Hascher Jehle Assoziierte GmbH, Berlin 

1992 gründen Rainer Hascher und Sebastian Jehle das gemeinsame Büro Hascher Jehle Architektur in Berlin; rund 65 Mitarbeiter. 

Zahlreiche Erfolge sowohl im Wettbewerb als auch bei der Realisierung der prämierten Entwürfe: Kunstmuseum Stuttgart, Bürogebäude dvg Hannover (heute Finanz IT), Rems-Murr-Kliniken, Winnenden; Königsbau Passagen Stuttgart, Terminal West Flughafen Berlin-Schönefeld

Preise und Auszeichnungen 2014:

Ernst-A.-Plischke-Preis 2014, Anerkennung, Erweiterung Akademie der bildenden Künste, Nürnberg; 2014 AL Light & Architecture Design Awards, Bürogebäude WGV Casino und Alte Wache, Stuttgart. Lichtplanung: pfarré lighting design, München; Hugo-Häring-Auszeichnung und Publikumspreis, Anlage für afrikanische Menschenaffen Wilhelma, Stuttgart; Balthasar-Neumann-Preis, Auszeichnung, Neues Gymnasium Bochum

Mitiska Wäger architekten ZT OEG, Bludenz/Wien 

Seit 1999 Zusammenarbeit von Markus Mitiska und Markus Wäger

Seit 2003 mitiska wäger architekten zt-oeg in Bludenz/Wien

Markus Mitiska

geb 20.5.1964 in Bregenz

Höherere Technische Lehranstalt Rankweil

Fakultät für Bauingenieurwesen und Architektur in Innsbruck

Diplom 1992

Mitarbeit in diversen Architekturbüros in Vorarlberg und Wien

Markus Wäger

geb 14.2.1965 in Lustenau

Bundesoberstufenrealgymnasium Götzis

Fakultät für Bauingenieurwesen und Architektur in Innsbruck

Diplom 1991

Mitarbeit in diversen Architekturbüros in Vorarlberg, Innsbruck und Wien

www.mitiska-waeger.com

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Architektur

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