Heizlastberechnung
Gebäudeheizungen sind häufig überdimensioniert
Die Zukunftsagentur Bau (ZAB) mit Sitz in Salzburg und Oberösterreich unterstützt mit zahlreichen Projekten Bauunternehmen in ganz Österreich. Ein wesentliches Zukunftsthema ist das erneuerbare und nachhaltige Heizen und Kühlen von Gebäuden. Die ZAB hat dazu ein Forschungsprojekt initiiert, um die unterschiedlichen Normen zur Heizlastberechnung von Niedrigstenergiegebäuden zu untersuchen und die Ergebnisse aus dynamischen Gebäudesimulationen und Feldmessungen realer Objekte zu vergleichen. In bereits abgeschlossenen Forschungsprojekten der FH Salzburg wurde festgestellt, dass der Energieverbrauch und die erforderlichen Leistungen von verschiedenen Gebäuden oft überschätzt werden. „Dieser Unterschied ist bereits bei typischen Bestandsgebäuden gegeben und steigt bei optimierter Gebäudehülle von Neubauten und Sanierungen weiter an. Deshalb soll in diesem Projekt die Abweichung zwischen der berechneten Heizlast laut Norm und der Heizlast aus dynamischen Gebäudesimulationen untersucht werden“, sagt Markus Leeb, vom Department Green Engineering and Circular Design der FH Salzburg.
Heizlastberechnung bei Niedrigstenergiegebäuden
„Als Baumeister sind wir dem leistbaren Wohnen verpflichtet und versuchen laufend Verbesserungen im Sinne der Bauherrin und des Bauherrn zu bewirken. Eines dieser Themenfelder ist die Heizlastberechnung bei Niedrigstenergiegebäuden. Hier konnten wir in der Vergangenheit aufgrund der vereinfachten Berechnung eine starke Überdimensionierung feststellen, bei manchen Projekten zwischen 30 bis 50 Prozent. In der Praxis bedeutet das, dass anstatt der berechneten zwei Wärmepumpen teilweise nur eine notwendig war bzw. wesentlich kleiner dimensioniert werden konnte“, betont Peter Dertnig, Landesinnungsmeister Bau Salzburg.
Mit Sonnenwärme im Winter heizen?
Mit Sonnenwärme auch im Winter zu heizen, ist ein wichtiger Aspekt in der Energiewende. Die direkte solare Nutzung über Solarthermie oder Photovoltaik ist bestens eingeführt und bewährt, jedoch mit einer Einschränkung: Der Ertrag ist im Sommer hoch, der Bedarf dagegen im Winter noch nicht ausgeschöpft. Wollte man die Transformation zur erneuerbaren Wärmeerzeugung auf eine einzige Frage verdichten, würde diese lauten: Wie transferiert man die sommerlichen, solaren Überschüsse in den Winter? Da sind wir auch schon bei der Erdwärme: Die oberen 20 Meter des Erdreichs wirken nahezu ausschließlich als saisonaler, solarer Speicher. „Das Erdreich ist ein natürlicher Sonnenkollektor und ein Saisonspeicher. Im Frühjahr, Sommer und Herbst sind die Tage länger als die Nächte und somit wird mehr und mehr Wärme eingelagert. Im Winter hingegen dreht sich das Spiel um. Man kann das mit Ebbe und Flut vergleichen, nur dass hier die Sonne und nicht der Mond die Ursache im Hintergrund stellt. Dieser saisonale Wärmefluss ist ein natürlicher Prozess, der ohne unser Zutun auf jedem Grundstück stattfindet. Die Wärmepumpe ermöglicht uns, diese Energiequelle nachhaltig auszuschöpfen“, ist Arne Komposch, Projektpartner der Zukunftsagentur Bau und Planer & Entwickler bei wp-plus, überzeugt.
Wärmepumpe als Verbindung zur Erdwärme
Die Wärmequelle und der saisonale Wärmespeicher sind also seitens der Natur vorhanden, es gilt nur noch, diese schlau zu erschließen. Das kann über einfache Rohrtauscher erfolgen, wie bei der Fußbodenheizung im Haus, entweder als schlanke, vertikale Sonde gebohrt oder als im Schlitz grabenförmig, gebaggerter Kollektor. Beides wird seit den 80er Jahren durchaus breit umgesetzt und jetzt im Zuge der Energiewende zur zentralen Lösung unserer Wärmeversorgung vom Einfamilienhaus bis zum mehrgeschossigen Objektbau angeboten.
Wie kommt die Erdwärme in das Gebäude?
Dies erledigt die Wärmepumpe: Genau wie ihr Name schon sagt, ist sie kein Wärmeerzeuger, in ihr wird nichts verbrannt. Genau wie eine Wasserpumpe das Wasser von unten nach oben pumpt, macht dies die Wärmepumpe mit der Umweltwärme aus dem Boden. Dazu benötigt sie für ihren Kompressor elektrische Antriebsenergie. Bei gut ausgelegten Systemen beträgt diese weniger als 20 Prozent. Wir können also mit mehr als 80 Prozent freier, saisonaler Sonnenwärme unsere Häuser heizen. Diese Effizienz des Wärmepumpensystems wird durch die Jahresarbeitszahl (JAZ) beschrieben: Wieviel Wärmemenge bekomme ich für eine Kilowattstunde elektrische Antriebsenergie geliefert? Bei sehr gut umgesetzten Systemen ist dabei im Neubau eine JAZ von fünf bis sechs möglich. Würde man hier von einem Wirkungsgrad sprechen, wäre dieser 500 bis 600 Prozent.
„Der Strom in Österreich ist bereits zu einem großen Teil erneuerbar. Gemeinsam mit der im Erdreich eingespeicherten Sonnenenergie können wir damit bereits heute bis zu 95 Prozent erneuerbare Wärme zum Heizen nutzen. Damit ist die Kombination Wärmepumpe mit Geothermie unschlagbar auf unserem Weg in eine voll erneuerbare Zukunft“, sagt Arne Komposch.
„Mit der Zukunftsagentur Bau greifen wir solche Forschungs- und Innovationsthemen auf, um hier eine notwendige Änderung und damit auch eine Kosteneinsparung zu bewirken. Damit haben die Baubetriebe in Zukunft eine bessere Grundlage für die Planung von innovativen Heizsystemen“, sagt Gunther Graupner, Geschäftsführer der Zukunftsagentur Bau.