Der Umgang mit Mehrkosten und der Nachweisführung
Hat die Art oder der Umfang der Nachweisführung die größere Bedeutung für die Glaubhaftmachung von Forderungen?
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Zeit kostet Geld! Keine Zeit kostet noch mehr Geld!
Auf das Bauwesen übertragen, bedeutet dies, dass Projekte mit zu kurzen Projektvorlaufzeiten und Bauzeiten in der Endabrechnung mehr Geld kosten, als im Vertrag ursprünglich vereinbart bzw. vorgesehen war. Die Differenz wird durch Mehrkosten, aufgrund diverser möglicher Leistungsabweichungen, verursacht. Wenn die Bauzeit zu knapp bemessen ist, leidet darunter auch die Bauwerksqualität und in der Regel steigen damit auch die Gewährleistungsfälle.
Treten Leistungsabweichungen auf, spielt der Faktor Zeit dabei meist eine wesentliche Rolle. Ab wann waren die Leistungsabweichungen erkennbar und wer hätte diese wann erkennen müssen? Alleine die Kenntnisse über spezifische Leistungsabweichungen reichen dabei nicht aus. Es sind auch tiefgehende Erkenntnisse über die baubetrieblichen und bauwirtschaftlich vernetzten Konsequenzen sowie über bauvertragliche Auswirkungen und die Regelungen zur Preisfortschreibung im Sinne der Werthaltigkeit erforderlich.
Bauprojekte brauchen ausreichende (dem Schwierigkeitsgrad des Projekts entsprechende) Vorbereitungs- und Realisierungszeiten, um die gesetzten Ziele aller Projektbeteiligten zu erfüllen. Die Beurteilung der Auskömmlichkeit hängt somit unmittelbar von der Komplexität des Bauobjekts und den Rahmenbedingungen ab.
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© Institut für Baubetrieb und Bauwirtschaft/TU Graz
Damit zeigt sich, dass nicht nur alleine auf die Frage nach der Art der Nachweisführung, sondern auch auf jene nach dem Umfang abgezielt werden muss. Zusätzlich spielt auch die zeitliche Remanenz (also der Abstand zwischen Eintritt der Leistungsabweichung und der Anmeldung von Forderungen) eine entscheidende Rolle dabei, Forderungen glaubhaft zu machen (zumindest dem Grunde nach).
Bei Leistungsabweichungen in der Bauausführung stellt sich damit die wichtige Frage, wie die Nachweisführung bei entsprechenden Mehr- bzw. Minderkostenforderungen gelingen kann. Entscheidend könnte sein, wie sich die Art und der Umfang der Nachweisführung bereits in die Leistungsbeschreibung integrieren lassen. Welche Anforderungen an die Nachweisführung werden von öffentlichen Auftraggebern gestellt? Welche Arten der Nachweisführung gibt es aus baubetrieblicher und bauwirtschaftlicher Sicht und wie stellen sich diese auch im internationalen Vergleich dar? Wo liegen die Grenzen der Nachweisführung und wie gelingt eine lückenlose Dokumentation in der Baupraxis? Wie wirken sich geänderte und zusätzliche Leistungen auf die Bauzeit aus? Welche Arten von Kausalitäten gibt es und welche Bedeutung haben diese bei der Nachweisführung aus rechtlicher Perspektive? Welche Rolle nimmt der Einzelnachweis bei Leistungsabweichungen bei ÖNormen- und ABGB-Verträgen ein?
Diese und andere Fragen hat das Institut für Baubetrieb und Bauwirtschaft der TU Graz zum Anlass genommen, um im Rahmen des 19. Grazer Baubetriebs- und Bauwirtschaftssymposiums die zum Teil kontroversen Ansätze und Meinungen zum Thema „Nachweisführung bei Mehr- bzw. Minderkostenforderungen“ zur Diskussion zu stellen.
Autoren: Prof. Christian Hofstadler und Dr. Markus Kummer
19. Grazer Baubetriebs- und Bauwirtschaftssymposium, 26.3.2021
Im Zentrum des Online-Symposiums am 26. März steht die Nachweisführung bei Mehr- bzw. Minderkostenforderungen. Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis diskutieren u.a. die Arten und Anforderungen der Nachweisführung und die lückenlose Dokumentation im Baualltag.
Ergänzt werden diese Ausführungen durch aktuelle Beiträge aus der baubetrieblichen, bauwirtschaftlichen und bauvertragsrechtlichen Forschung. Diese Veranstaltung soll all jene ansprechen, die sich auf der Seite der Auftraggeber*innen, Planer*innen und Auftragnehmer*innen sowie als Jurist*innen und Sachverständige mit dem Thema Nachweisführung beschäftigen, neue Perspektiven und Forschungsentwicklungen kennenlernen möchten und eine Optimierung im Umgang mit diesem Thema anstreben.
Auch dieses Jahr werden am Vortag des Symposiums zusätzlich wieder drei halbtägige Workshops angeboten, um ausgewählte Bereiche zu vertiefen. Folgende Themen und Fragestellungen werden dabei behandelt:
- Workshop 1: „Arten der Nachweisführung aus baubetrieblicher und bauwirtschaftlicher Sicht – Glaubhafte Darstellung von Bauablaufstörungen und Ermittlung von Mehrkostenforderungen“
- Workshop 2: „Einflussfaktoren und Bedeutung des Anti-Claimmanagements“
- Workshop 3: „Probleme und Lösungen in der baubegleitenden Dokumentation mittels einer App“
Das vollständige Programm sowie weitere Hinweise zum Symposium und den beiden Workshops finden Sie auf der Veranstaltungshomepage:
http://www.bbw.tugraz.at/symposium