Projektbericht

Patentes Amt

Bauprojekt
11.09.2024

Die neue Dependance des Europäischen Patentamts in Wien wird demnächst eröffnet: Die Bauzeitung hat schon einmal einen Blick auf das moderne Gebäude geworfen – es ist nicht nur optisch gelungen, sondern auch besonders nachhaltig.
Europäisches Patentamt in Wien.
Europäisches Patentamt in Wien.

Dieses Gebäude ist mehr als besonders – eher besonders besonders. Und es steht an einem besonderen Ort. Doch der Reihe nach. Gemeint ist die neue Dependance des Europäischen Patentamts in Wien, die demnächst eröffnet werden soll.

Zuerst zum Standort: Das Haus grenzt direkt an den Botanischen Garten im dritten Wiener Gemeindebezirk, in unmittelbarer Nähe des Schloss Belvedere. Es gibt schlechtere Lagen. Dann die Architektur, die man durchaus als außergewöhnlich bezeichnen darf. So sieht das auch das verantwortliche Architekturbüro ATP Architekten Ingenieure: „Wichtiges Gestaltungselement ist das neue Atrium, das sich über alle Geschosse erstreckt. Zusammen mit dem großzügigen Treppenhaus und dem dreigeschossigen Wintergarten wird es zum grünen Herzen des“ Gebäudes. „Durch die durchgängige Glasfassade und die gläserne Überdachung fungiert das Atrium zusätzlich als Lichtfluter bis in das Untergeschoss.“

Das Beste kommt noch

Soweit so gut. Der Beste kommt aber noch: Denn das Gebäude ist ganz besonders nachhaltig. Das beginnt bei der Entscheidung, das bestehende Bauwerk nicht komplett abzureißen. Es geht weiter mit der Verwendung von äußerst schadstoffarmen Materialien und endet mit der Ausrüstung des Bürohauses mit modernster nachhaltiger Technologie. Das Ergebnis: Das Haus ist energie-positiv und soll die höchsten Anforderungen der renommierten Bream-Zertifizierung erfüllen. Angestrebt ist die Einstufung „Hervorragend“.

Die Sanierung des viergeschossigen Gebäudes läuft seit November 2022. Den Auftrag hat der heimische Baukonzern Porr erhalten. Und für den ist das Projekt ebenfalls kein Allerweltsauftrag: „Die Porr hat selbst bereits zahlreiche Innovationen europaweit patentieren lassen, und wir freuen uns besonders, für das Europäisches Patentamt in Wien nun ein großzügiges und vor allem nachhaltiges Zuhause zu schaffen“, meint dessen CEO Karl-Heinz Strauss. „Zudem haben wir einen besonderen Bezug zu diesem Haus, da es lange Jahre einer unserer eigenen Porr-Standorte war.“

Das Europäische Patentamt (EPA) prüft europäische Patentanmeldungen und bietet Erfindern, Wissenschaftlern und Unternehmen die Möglichkeit, mit nur einer Anmeldung Patentschutz in bis zu 44 Ländern. Die Wiener Dienststelle ist das Kompetenzzentrum des Amts für die Herstellung und Verbreitung von Patentinformationsprodukten.

Demnächst geschieht das in einem sehr nachhaltigen Gebäude: Schon durch die Entscheidung, das bestehende, 50 Jahre alte Gebäude, nicht komplett abzureißen, sondern zu entkernen und damit die bestehende Betonstruktur zu erhalten, wird laut EPA-Präsident António Campinos „etwa die Hälfte“ des Kohlendioxids eingespart. Um den hohen Nachhaltigkeitsanforderungen zu genügen, hat der Zementhersteller Holcim eigens besonders kohlenstoffarme „Ecopact“-Betonmischungen entwickelt. 1.500 Kubikmeter von diesem Beton werden beim Projekt eingesetzt. Zudem verweist Holcim darauf, dass dieser Beton die hauseigene „Ecocycle“-Kreislauftechnologie enthält. „Dadurch sind wir in der Lage Abbruchmaterialien – vom Zement über die Zuschlagstoffe bis zum Beton – zu neuen Baulösungen zu recyclen“, so das Unternehmen.

Für das Dach und die Arkaden des Gebäudes verwendet die Porr die „Isogard AK PIR“-Dämmung von Holcim Elevate, mit denen Heizung und Kühlung des Gebäudes im Betrieb erleichtert werden sollen. „Diese Platten sind eines der nachhaltigsten Dämmprodukte in der Herstellung und bieten die gleiche thermische Leistung wie dickere und/oder schwerere Dämmstoffe“, so Holcim. Die gewählte Dachlösung ermögliche die Installation von Sonnenkollektoren und Wärmepumpen, die den Energiebedarf des Gebäudes vollständig decken sollen. Christoph Kunesch, Geschäftsführer von Holcim Beton Austria: „Ich bin stolz auf den Beitrag von Holcim zur Renovierung des Europäischen Patentamtes.“ Mit den gelieferten Produkten „erfüllen wir die Kundenbedürfnisse und zeigen, dass nachhaltige Baulösungen die Leistung deutlich verbessern können.“

Kunesch verweist dabei auf eindrucksvolle Zahlen: Der CO2-Gehalt des verwendeten Ecopact-Betons liegt laut Holcim um 38 Prozent unter jenem von herkömmlichem Beton. Der Primärmaterialverbrauch konnte durch die Verwendung des Ecocycle-Abbruchmaterials in den Betonmischungen um 26 Prozent gesenkt werden.

Beim Betrieb des Gebäudes kommt ebenfalls innovative Technologie zum Einsatz: Ein Wärmepumpensystem mit 19 Sonden, die 200 Meter tief unter dem Fundament ins Erdreich gebohrt sind. Im Winter entzieht das System dem Boden Wärme und heizt damit das Gebäude dreimal effizienter als herkömmliche Gasheizungen. Umgekehrt wird durch eine Änderung der Fließrichtung im Sommer eine Kühlung des Gebäudes erzielt.

Dach und Fassaden des Gebäudes werden mit einer Photovoltaikanlage bestückt. „Die Sonnenkollektoren werden rund 50 Prozent mehr Strom erzeugen als das Gebäude verbraucht. Die überschüssige Energie wird in das lokale Stromnetz eingespeist und hilft Österreich, seine CO2-Emissionen aus der Stromerzeugung zu verringern“, so Bauherr EPA. Die Verwendung einer Holzfassade, die Integration von Regenwassertanks sowie die Regulierung der Luftfeuchtigkeit durch Topfpflanzen im Gebäude erhöhen dessen Umweltfreundlichkeit zusätzlich und ermöglichen Einsparungen beim Wasser- und Energieverbrauch.

Das Gebäude wird zudem mit einer Dach-Cafeteria samt Terrasse und einem Fahrraddepot ausgestattet, damit die Bediensteten umweltfreundlich an ihren Arbeitsplatz gelangen und die natürliche Umgebung mit Blick auf den Botanischen Garten der Universität Wien und das Belvedere genießen können. Auch der ist was Besonderes. 

Branchen
Bau