Renovierungs-Module
Sanierung von der Stange
Bestand trifft Zukunft – unter diesem Motto brachten die diesjährigen Renowave.at Impact Days in der Alten Saline in Hallein über 400 Interessierte aus der Architektur-, Bau- und Sanierungsbranche zusammen. Im Fokus standen innovative Lösungsansätze zur nachhaltigen Gebäudesanierung. „Jetzt, wo der Neubau weggebrochen ist, beschäftigen sich alle mit der Sanierung. Die größte Gefahr ist aktuell in halbherzige Sanierungen zu gehen. Wir dürfen nicht über dreißig Jahre hinweg denken, sondern über fünfzig bis hundert Jahre planen, das muss unser Anspruch sein.
Wir werden es uns nicht leisten können alle dreißig Jahre zu renovieren, wir müssen heute für morgen intelligent sanieren.
Wir werden es uns nicht leisten können alle dreißig Jahre zu renovieren, wir müssen heute für morgen intelligent sanieren“, erklärt Architekt Gerhard Kopeinig, Arch+More ZV im Gespräch mit der Gebäude Installation.
Was ist serielle Sanierung?
Großes Potenzial bietet die serielle Sanierung, eine standardisierte und industrialisierte Methode der Gebäuderenovierung bei der vorgefertigte, großformatige Fassadenmodule, oder Dach- und Balkon-Elemente in Serie in einem Werk in hoher Präzision produziert und vor Ort montiert werden. „Mit der seriellen Sanierung können Immobilien nicht nur schnell und hochwertig saniert, sondern auch zeitgemäß aufgewertet werden“, fasst Ulla Unzeitig, Vorstandmitglied von Renowave.at zusammen. Die Renowave.at Impact Days widmeten dem Thema eine eigene Ausstellung, in der konkrete technische Lösungen wie aktuelle Forschungsprojekte vorgestellt wurden. Auch Haustechnik-Elemente, wie zum Beispiel PV- oder Lüftungselemente mit Wärmerückgewinnung, können in seriell gefertigte Module integriert werden, wie anhand verschiedener Referenzen gezeigt wurde.
Die serielle Sanierung kann alles abdecken, Energiegewinnung, Dämmung und die Haustechnik.
„Die serielle Sanierung kann alles abdecken, Energiegewinnung, Dämmung und die Haustechnik. Die Leitungsführung wird in die Fassade integriert, die gesamte Haustechnik mit Strängen nach außen verlagert“, erklärt Constance Weiser, technische Leitung bei Renowave.at.
Gebäudesanierung und Klimaneutralität
Der Bausektor ist derzeit für rund ein Drittel des gesamten Energieverbrauchs Österreichs verantwortlich. Die innovative Gebäudesanierung wird zu einem Schlüsselfaktor für den PhaseOut von fossilen Brennstoffen.
Als österreichisches Leitprojekt gilt Renvelope, das im Rahmen der Vorzeigeregion GreenEnergyLab umgesetzt wird. Die Projektleitung liegt bei AEE – Institut für Nachhaltige Technologien. Im Zentrum von Renvelope steht die Entwicklung und Demonstration multifunktionaler, vorgefertigter und energieeffizienter Gebäudehüllen. Durch die Integration erneuerbarer Energiequellen, Heizungs- und Kühlsysteme, Lüftungsinfrastruktur und Dämmung innerhalb der Fassaden- und Dachelemente stellt diese Art der Sanierung eine ganzheitliche Lösung dar. Eines der Demonstrationsbeispiele von Renvelope ist die Landesberufsschule der Landesimmobiliengesellschaft Steiermark in Knittelfeld, die 1982 erbaut wurde. Die Schule erhält eine multifunktionale Außenhülle. Mit dem Fokus auf die Verbesserung des Raumklimas in den Klassenzimmern und der Temperatursenkung im Atrium wurde ein innovatives Lüftungssystem entwickelt, das über einen Schacht in die Fassadenelemente integriert wird. Dieses System arbeitet mit einer Kombination aus dezentralen Zuluftgeräten in der Fassade und einer zentralen Abluftnutzung über das Atrium. Die Sanierung soll noch in diesem Jahr fertiggestellt werden. „Bei der Sanierung der Landesberufsschule Knittelfeld lernen wir, wie wichtig die Abstimmung untereinander ist, zwischen Planer, Architekten, Ausführenden und der Industrie. Die Bauprozesse verschieben sich, die Planungszeit wird wichtiger.
Je früher die Ausführenden einbezogen werden, desto erfolgreicher verläuft der Planungs- und Umsetzungsprozess.
Je früher die Ausführenden einbezogen werden, desto erfolgreicher verläuft der Planungs- und Umsetzungsprozess. Die Baubranche muss umdenken“ so Cornelia Ninaus Projektleiterin bei Renowave.at und wissenschaftliche Mitarbeiterin bei AEE Intec, die das Projekt begleitet.
Den Markt in Schwung bringen
Serielle Sanierung eignet sich insbesondere für die Renovierung großer Wohnhauskomplexe und -siedelungen, Schulen und Gewerbegebäuden, wie sie zum Beispiel in der Nachkriegszeit in Österreich sehr häufig gebaut wurden. Möglichst glatte Fassaden ohne Vor- und Rücksprünge und eine einfach Gebäudekubatur sind Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung dieser Methodik. „Die serielle Sanierung kann maßgeblich dazu beitragen die erforderliche Sanierungsquote zu erfüllen. 60 Prozent der Bestandsgebäude sind massiv sanierungsbedürftig, zigtausende Projekte erfüllen alle Kriterien für eine serielle Sanierung und könnten ad hoc in Angriff genommen werden“, weiß Constance Weiser. Die Betonung liegt auf „könnten“, denn anders als in Deutschland, wo durch spezielle Bundes- und Landesförderungen geeignete Rahmenbedingungen geschaffen wurden, geht die Methodik in Österreich noch nicht in die Breite. Derzeit sind es Einzelprojekte, die umgesetzt werden. „Es braucht in Österreich eine Marktentwicklung und in der ersten Phase auch Fördergelder. Auch bei den Rahmenbedingungen muss angesetzt werden, verschiedene regulatorische Hürden, wie zum Beispiel in den Bauordnung enthalten, erschweren die Umsetzung der seriellen Sanierung in Österreich“, hält Constance Weiser fest. Und apropos Bauordnung: es wäre höchst an der Zeit Regelungen festzulegen, die in allen Bundesländern Anwendung finden, auch das ein Wunsch von Renowave.at.
Die Vorteile der seriellen Sanierung
Durch die standardisierte Produktion können Arbeitsprozesse verkürzt werden. Die koordinierte Planung und Durchführung verschiedener Arbeitsschritte beschleunigt den gesamten Sanierungsprozess. Außerdem minimiert die Produktion unter kontrollierten Bedingungen im Werk witterungsbedingte Verzögerungen und Fehler während des Bauprozesses. Die Bauzeit vor Ort minimiert sich und kann oft ohne Beeinträchtigung der Bewohner durchgeführt werden, da diese nicht ausziehen müssen.
Auch in Hinblick auf gestiegene Arbeits- und Materialkosten und den Fachkräftemangel ist die serielle Sanierung die Lösung. Sobald die industrielle Fertigung zu einer Massenproduktion der Elemente führt, ergeben sich Skaleneffekte, die in einer Reduktion der Produktionskosten resultieren. Auch der Planungsaufwand reduziert sich, sobald Projekte in Clustern zusammengefasst werden.
Die serielle Sanierung ist für die Ausführenden kein Problem, sie ist Teil der Lösung ihres Problems.
Die Gefahr, dass die einzelnen Gewerke durch die serielle Sanierung an Bedeutung verlieren und zu einer Art reiner Handlanger werden, sehen weder Ulla Unzeitig noch Gerhard Kopeinig: „Das Problem des Fachkräftemangels ist dauerevident. Die serielle Sanierung ist für die Ausführenden kein Problem, sie ist Teil der Lösung ihres Problems“, so Ulla Unzeitig. Und Kopeinig ergänzt: „Die serielle Sanierung ist der einzige Weg, uns fehlen die Arbeiter, die gut ausgebildeten Leute, die wir haben, werden wir brauchen, wo nicht vorgefertigt werden kann. Die Qualität der Gewerke wird durch die Vorfertigung steigen.“
Eine der großen Herausforderungen ist die Dekarbonisierung von Gebäuden. Auch an diesem Aspekt setzt die serielle Sanierung an. Sie fördert nachhaltiges Bauen durch die Verwendung ökologischer Materialien und die Integration der Haustechnik, CO2-Einsparungen von bis zu 90 Prozent sind erzielbar. In Hinblick auf die Kreislaufwirtschaft und den Lebenszyklus eines Gebäudes sind die Module so konstruiert, dass die Bauschichten nach Ablauf ihrer Zeit getrennt und verwertet werden können.
Nähere Informationen: renowave.at