Stehfalzdächer

Fit gemacht für Photovoltaik

Metalldeckung
27.12.2024

Im Zuge des Ausbaus von Photovoltaikanlagen auf den Dächern eines Seniorenwohnheims hat man die rund 40 Jahre alte Stehfalzdeckung kontrolliert und einige Fehlstellen gefunden. Die Errichtung einer PV-Anlage auf diese Deckung war nicht zielführend. Daher wurde beschlossen, die Dachdeckung komplett zu erneuern.
Die rund 40 Jahre alten Dächer eines Wiener Seniorenwohnheims sollten mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet werden. Dafür wurde eine komplette Neudeckung erforderlich.
Die rund 40 Jahre alten Dächer eines Wiener Seniorenwohnheims sollten mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet werden. Dafür wurde eine komplette Neudeckung erforderlich.

Die Ursprungssituation offenbarte heute nicht mehr vertretbare Verarbeitungen: Wie die Verlegung direkt auf die geschlossene Trennlage – die Befestigung war ausnahmslos mit Schiebehaften erfolgt.
Die Ursprungssituation offenbarte heute nicht mehr vertretbare Verarbeitungen: Wie die Verlegung direkt auf die geschlossene Trennlage – die Befestigung war ausnahmslos mit Schiebehaften erfolgt.

Bei den Dächern des Seniorenwohnheims in Wien handelt sich um sogenannte Trogdächer, die aus Sicht der Dachentwässerung nicht ganz unproblematisch sind. Den Normen und Regelwerken der 1980er Jahre entsprechend, wurde der Dachaufbau damals einschalig ausgeführt, wobei die Stehfalzdeckung mit einer geschlossenen bituminösen Vordeckung direkt auf die Schalung verlegt wurde. Der Dachbodenraum selbst ist ungenützt und wurde mithilfe von Lüftungsöffnungen im Bereich vom Pultdachfirst und mit Einzellüftungen oberhalb der Einlegerinne mit der Außenluft verbunden. Schon damals wurden großflächig Schiebehafte eingesetzt, allerdings hat man den sich ergebenden Fixpunkten aufgrund der Dachverschneidung nicht so große Aufmerksamkeit geschenkt. Gerade weil Schiebehafte verwendet wurden, war die Dachdeckung zum größten Teil nach wie vor intakt. Auch wenn es mit der bituminösen Vordeckung zu Verklebungen gekommen ist, haben sich allfällige Schadstellen auf kleine Bereiche beschränkt.

Die Dachentwässerung wurde mittels innenliegender Rinne ausgeführt. Damals waren Sicherheitsrinnen nicht vorgeschrieben. Auch Rinnendimensionen wurden nicht gerechnet. Man hat lediglich versucht, solche Rinnen mit einem möglichst großen Querschnitt auszuführen, um einen Puffer im Fall von Starkregenereignissen zu schaffen. Generell sind die Dehnungselemente in einem ausreichend großen Abstand ausgeführt worden, allerdings wurde die Rinne unter die Dachdeckung geführt und mit den Nägeln des Saumstreifens starr befestigt.
Aufgrund der angeführten technischen Probleme war es undenkbar, die Dachdeckung und Rinne lediglich zu ertüchtigen und anschließend die PV-Anlage zu montieren

Auch in der Ichsenverschneidung waren die Dehnungsrisse nur provisorisch abgedichtet.
Auch in der Ichsenverschneidung waren die Dehnungsrisse nur provisorisch abgedichtet.

Ertüchtigung der Regenrinnen

Die Entwässerung von innenliegenden Rinnen erfolgt üblicherweise mithilfe von Rinnenstutzen und Notüberläufen, wobei die Rinnenstutzen den 5-jährlichen 5-Minuten-Regen und die Notüberläufe die Differenzwassermenge zum 100-jährlichen Regenereignis ableiten. Die Rinne und Dachkonstruktion waren jedoch so gebaut, dass ein Notüberlauf nur mit enormen Aufwendungen und zusätzlichen Speiern/Ablaufleitungen im Außenbereich möglich wäre. Da der Bauherr weder das Außenbild der Fassade verändern, noch Ausgrabungsarbeiten für allfällige Kanalleitungen im Bereich der Grünanlagen durchführen wollte, hat man beschlossen, die bestehende Rinne so gut wie möglich zu ertüchtigen. Zusätzliches Argument war, dass auch schon die vergangenen 40 Jahre Starkregenereignisse über das bestehende System abgeleitet werden konnten und sich allfällige Wasserschäden in Grenzen gehalten haben.
Da eine Ertüchtigung des unter der Einlegerinne verlaufenden Kanalsystems ebenfalls nur mit enorm hohen Aufwendungen möglich gewesen wäre, hat man beschlossen, die neu gebauten konischen Stutzen so groß wie möglich an das bestehende System anzupassen.

Dachentwässerung von innenliegender Rinne mit rückstauwasserdichter Anbindung der Sicherheitsrinne und konischem Rinnenstutzen.
Dachentwässerung von innenliegender Rinne mit rückstauwasserdichter Anbindung der Sicherheitsrinne und konischem Rinnenstutzen.

Traufenausbildung mit eingebundenen Traufenstreifen. Montage der Dachdeckung mit "Clipfix".
Traufenausbildung mit eingebundenen Traufenstreifen. Montage der Dachdeckung mit "Clipfix".

Die Anpassung ist auch deshalb zielführend, weil man durch die Ausbildung einer Sicherheitsrinne in Verbindung mit der Drainageebene zwischen Einlegerinne und Sicherheitsrinne auch Druckhöhe beim Rinnenstutzen verliert. Als Drainageebene ist aufgrund des geringen Rinnengefälles die Strukturmatte "Enkamat 7018" (18 mm Dicke) zu verwenden.
Um im Fall eines Rückstaus über den Kanal oder verlegte bzw. verstopfte Abläufe einen Wassereintritt in den Dachbodenraum zu verhindern, wurde die bituminöse Sicherheitsrinne gute 5 cm über die hintere Kante des Traufenstreifens geführt. Nach Montage des Traufeinhangstreifens erfolgte die Verlegung einer Lage Flachdachbahn in Gefällerichtung, die mit selbigem verklebt wurde. Dadurch ergibt sich ähnlich wie bei Flachdachrandeinfassungen eine fingerförmige Einbindung von Einfassungsblechen. Der Umstand, dass Befestigungsmittel von Haften in Verbindung mit Bitumendachbahnen im Falle von Wassereintritten vernachlässigt werden können, wurde bereits im Jahr 2006 von der Holzforschung Austria eingehend untersucht und erbracht.

Die Dachdeckung selbst wurde mit der Strukturmatte "AIR-Z" direkt auf die Bitumendachbahn verlegt. Dadurch ist eine Ableitung allfälliger Feuchtigkeitsmengen im Zwischenraum jederzeit gegeben. Die sich ergebenden Ichsen wurden mithilfe von aufgelöteten Einhangstreifen dehnungsgerecht gelöst. Dadurch sind unterschiedliche Bewegungen von Scharen der angrenzenden Dachflächen dauerhaft möglich. Aufgrund der flachen Neigung im Ichsenbereich mussten die Längsstöße mithilfe von Endlosdehnungselementen ausgebildet werden. Auch der Bereich des Dachausstiegs, wo sich durch die Verschneidung viele Fixpunkte befinden, konnte so entschärft werden. Die Mitarbeiter der Firma Baumgartner Dach GmbH haben wieder einmal gezeigt, dass auch so schwierige Anbindungspunkte mit Liebe zum Detail gelöst werden können.

Anlaufende Ichse mit innenliegender Rinne rückstauwasserdicht und starr verbunden. Dilaabstand max. 3 m vom Kreuzungsbereich.
Anlaufende Ichse mit innenliegender Rinne rückstauwasserdicht und starr verbunden. Dilaabstand max. 3 m vom Kreuzungsbereich.

Um die Lasten der später mit Klemmen montierten PV-Anlage so gut wie möglich ableiten zu können, wurde die Bestandsschalung nachgenagelt und die Stehfalzdeckung mit dem geschraubten Haftsystem "Rheinzink-Clipfix" den zu erwartenden Windsoglasten entsprechend befestigt. Trotz Nagelbefestigung, geschraubter Hafte und daraus folgender höherer Lasteinleitungen pro Lasteinleitungspunkt muss man sich bei der Ermittlung der erforderlichen Klemmenanzahl an diesen Belastungswerten orientieren. Dabei kann es ohne weiteres sein, dass aufgrund der Gebäudehöhe und Exposition Stockschraubenbefestigungen mit löttechnischen, zweiteiligen Einfassungen günstiger kommen, als zusätzlich erforderliche Schienen und Klemmen.

Fazit

Im Bestandsbereich ist es nicht immer möglich, aktuelle Normvorgaben zu erfüllen. Um dennoch größtmögliche Sicherheit in Anbetracht der zu erwartenden Witterungsereignisse zu erreichen, sind mögliche Verbesserungen zu erheben und im Detail mit dem Planer, der örtlichen Bauaufsicht und dem Bauherrn abzustimmen und von denen auch freizugeben. Solche schriftlichen Vereinbarungen können im Fall von Wassereintritten und Folgeschäden dazu beitragen, aufwendige und kostenintensive Gerichtsverfahren zu vermeiden.
(bt)

Branchen
Dach + Wand