LCM-KOLUMNE

Wie "lean" sind Lean-Baustellen?

Lean Management
16.11.2021

Lean ist in der Baubranche im Kommen. Aber nur die Werkzeuge allein reichen nicht, solange die Lean-Grundsätze nicht verstanden und angewandt werden.

Nicht alles ist "lean", wo "lean" draufsteht. Oftmals werden auf als "lean" deklarierten Bauprojekten zwar entsprechende Werkzeuge verwendet, jedoch kennen die meisten Projektbeteiligten nicht die Basics, wie beispielsweise die acht Verschwendungsarten bzw. dass der Fokus auf die Vermeidung von Verschwendung zu legen ist. Die "Last-Planner-Methodik" wird in solchen ­Fällen "nur" für die Ablaufplanung, oftmals top-down durch den Projektleiter, genutzt, der kulturelle Aspekt der Zusammenarbeit geht jedoch verloren oder ist gar nicht vorhanden. Die involvierten Last Planner kommen zwar zu den Evaluierungs- und Planungsbesprechungen und planen in Pflichterfüllung ihre Aktivitäten meistens nach dem Push-Prinzip vom aktuellen Termin nach vorne, aber eine interaktive und kon­struktive Abstimmung zwischen den Gewerken findet nicht statt.

Das Resultat sind unabgestimmte ­Schnittstellen, nicht eingehaltene Zusagen, ein fehlender Fluss der Tätigkeiten, was wiederum zu Verschwendung wie beispielsweise Wartezeiten, ineffizienten Bewegungsabläufen oder Lagerbildung führt. Spannend ist der Umstand, dass trotzdem bessere Ergebnisse generiert werden als bei Projekten ohne Lean Management. Das liegt daran, dass in der traditionellen Abwicklung oftmals die Themen einer ordentlichen bzw. kontinuierlichen Terminplanung und Arbeitsvorbereitung vernachlässigt werden. Deshalb gilt es, das Bewusstsein zu sensibilisieren, dass ohne das kulturelle Element des Lean Managements nur die Spitze des Eisbergs zu sehen ist. Der größte Teil des Lean-Management-Potenzials "befindet sich unter der Wasseroberfläche", aus dem beispielsweise die kontinuierliche Verbesserung (jap.: Kaizen) und innovativen Lösungsansätze für Probleme mithilfe von Kollaboration resultieren.

Kulturelles Potenzial heben

Die Grundsätze von Lean Management gehören vermittelt, visualisiert und regelmäßig erklärt, damit die Projektbeteiligten mit diesem Wissen befähigt werden, nach den Werten und Prinzipien des Lean Managements zu agieren. Diese Wissensvermittlung sollte daher bei jedem neu dazukommenden Last Planner erfolgen. Meistens reichen dafür kurze Einschulungen mit einer Dauer von ein bis zwei Stunden aus.

Weiters ist es notwendig, eine kooperative und kommunikative Atmosphäre zu schaffen. In einer transparenten, ehrlichen und offenen Zusammenarbeit werden die Voraussetzungen geschaffen, Hindernisse im Projektverlauf gemeinsam zu identifizieren und eliminieren. Somit wird die Ursache eines Problems behoben, und es findet nicht nur die Behandlung von "Symptomen" statt (z. B. Bauzeitverzug wird festgestellt, eine Forcierung der Arbeiten wird angeordnet, und die Ursache des Verzuges bleibt bestehen). Dabei entstehen die meisten Innovationen aus der Not bzw. durch die exakte Formulierung eines Pro­blems. Daher ist der Problemlösungsprozess eine echte Chance für die Bauwirtschaft.

Zusätzlich ist zu bedenken, dass jede Führungskraft eine Vorbildfunktion hat, das heißt, wenn diese Person die Werte des Lean Managements nicht vorlebt, werden die Mitarbeiter zu irgendeinem Zeitpunkt nicht mehr für die Umsetzung zu motivieren sein.

Die Etablierung der Lean-Kultur ist ein Transformationsprozess, der auch bedeutet, dass die Projektbeteiligten gegebenenfalls ihre "Komfortzone" verlassen müssen und eine neue Herangehensweise zulassen.

Praxistipp

Lean-Baustellen sollten durch ein geordnetes und sauberes Erscheinungsbild auffallen. Dies wird über die 5-S-Methode (jap.: Seri/Seiton/Seiso/Seiketsu/Shitsuke) qualitätsgesichert. Dabei wird aussortiert, aufgeräumt, der Arbeitsplatz sauber gehalten, die Anordnungen standardisiert und die Vorgaben eingehalten, um Fehler und Unfallgefahren am Arbeitsplatz und daraus resultierende Verschwendungen zu eliminieren.

Branchen
Bau