Sonnenschutz
Blendende Aussichten
Nicht erst seit Corona und dem Siegeszug des Homeoffice stellt sich die Frage nach den Gestaltungsmöglichkeiten für eine behagliche Wohn- Lern- oder Arbeitsatmosphäre. Hierbei wird häufig der Fokus auf eine ausreichende Versorgung mit Tageslicht gelegt – gilt dies doch seit jeher als wesentlicher Garant für die geistige Produktivität. Durch großzügige Fensterflächen und Oberlichter gelangt jedoch nicht nur viel Licht ins Gebäudeinnere, sondern auch Wärmestrahlung, welche insbesondere im Sommer schnell zu Überhitzung führen kann. Daher wird dem Sonnenschutz und der Beschattung auch in unseren Breitengraten zunehmend eine bedeutende Rolle zuteil. Unter konstruktiven Gesichtspunkten ist die Wahl sowie die Lage der jeweiligen Sonnenschutzsysteme von zentraler Bedeutung, welche nur durch abwägen von relevanten bauphysikalischen, klimatischen und ökonomischen Faktoren getroffen werden kann. Ein komplexes Unterfangen, angesichts der schier endlosen Produktpaletten für Terrasse, Fenster und Fassaden. Wir bringen Licht ins Dunkel und geben Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Sonnenschutzsysteme, damit auch Sie das ideale Produkt für Ihr Bauvorhaben finden.
Innovation der Antike
Bereits die Römer kannten die Möglichkeiten des konstruktiven Sonnenschutzes und entwickelten auf jener Grundlage das Atriumhaus, wobei sich die Räume um einen schattenspendenden Innenhof gruppierten. Jener Gebäudetypus bildete wiederum die Basis für alle nachfolgenden indirekten Verschattungsmethoden, wobei die Sonnenstrahlen durch die jeweilige Ausrichtung des Gebäudes oder mit Hilfe von Vordächern, überdachten Balkonen, Loggien, beziehungsweise Veranden, vorab reflektiert werden, bevor sie in das Gebäudeinnere eindringen. Ziel ist es nicht, die Sonne gänzlich auszusperren, sondern ihre Energie effektiv ins Gebäudeinnere zu lenken. Sonnenstandsdiagramme können dabei helfen, das Gebäude optimal auszurichten, sodass der Sonnenschutz als wertvolle Planungsgrundlage bereits während der Entwurfsphase zum Tragen kommt.
Effiziente Beschattung
Ist ein konstruktiver Sonnenschutz aufgrund von äußeren Faktoren nicht möglich, wie dies zum Beispiel im urbanen Raum häufig der Fall ist, wird idealerweise auf den außenliegenden Sonnenschutz zurückgegriffen. Dazu zählen etwa die Fensterläden, Rollläden, außenliegenden Jalousien oder Rollos, Raffstores, Markisen sowie Sonnensegel. Die Anwendungsgebiete sind vielfältig, individuell anpassbar und sowohl manuell als auch elektrisch steuerbar. All jene Sonnenschutzsysteme bieten den Vorteil, dass das Objekt von außen abgeschirmt und somit einer Wärmeübertragung durch Konvektion nachhaltig vorgebeugt werden kann, kurzum: die Hitze bleibt draußen. Aus diesem Grund gilt der außenseitige Sonnenschutz als besonders effektiv. Er ist jedoch vergleichsweise teuer in der Anschaffung und Wartung, da aufgrund eines witterungsbedingten Verschleißes und einer erhöhten Verschmutzung größere Investitions- und Betriebskosten anfallen können.
Blendschutz mit Stil
Weitere Anwendungsmöglichkeiten von Blendschutz beziehen sich auf innenliegende Verschattungssysteme, welchen im Allgemeinen Jalousien, Rollos, Plissees oder Gardinen zuzuordnen sind. Eine große Auswahl unterschiedlicher Designs und Möglichkeiten sind am Markt erhältlich. Sie kommen insbesondere in windstarken Regionen oder bei behördlich bedingten Einschränkungen wie dem Denkmalschutz zur Anwendung. Sie sind von außen kaum wahrnehmbar und zudem den Witterungen nicht direkt ausgesetzt. Während sie als Sicht- und Blendschutz gute Dienste leisten, sind sie als Hitzeschutz weit weniger effektiv, da sie im Gegensatz zu außenseitigen Sonnenschutzsystemen die Sonnenstrahlen nicht reflektieren, sondern absorbieren. Nichts desto trotz sind sie äußerst langlebig und günstig in der Anschaffung. Darüber hinaus sind sie leicht zugänglich und können leicht ausgetauscht werden. Auch die dekorativen Vorzüge etwa von textiler Beschattung sind nicht zu unterschätzen und so können sie maßgeblich zu einer behaglichen Wohnatmosphäre beitragen, indem Sonnenlicht ohne Blenden genossen werden kann.
Intelligentes Glas
Zu den neuesten Entwicklungen des modernen Sonnenschutzes zählen Innovationen wie beispielsweise elektro- und thermochrome Glase oder LC-Glas, welche je nach Anwendung entweder dem Sonnenschutz oder dem Sichtschutz dienen. Bei dem elektrochromen Glas handelt es sich um eine Scheibe mit einer dünnen Polymer-Beschichtung, welche sich durch das Anlegen einer elektrischen Spannung abdunkelt. Das thermochrome Glas funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip: Es wird meist als Verbundglas ausgeführt und verfügt über Beschichtungen mit entsprechenden Substanzen, welche die Lichtabsorption in Abhängigkeit von der Temperatur ändern. Im Gegensatz hierzu sind LC-Gläser aufgrund einer Art kristallinen Polymerschicht im Ruhezustand undurchsichtig. Unter dem Einfluss von elektrischen Impulsen ordnen sich die Flüssigkeitskristallmodule und das Glas wird transparent. Jene intelligenten Gläser bieten die Vorteile, dass sie sowohl zentral als auch individuell per App gesteuert werden können und zählen daher bereits heute zum Repertoire der modernen Smart-Home-Technologien.
Ausblick mit Zukunft
Nicht nur der Klimawandel auch die zunehmende Urbanisierung machen neue Entwicklungs- und Anpassungsstrategien in der Gebäudetechnik erforderlich. Der Sonnenschutz ist dabei zu einem integrativen Bestandteil der sogenannten Low-Tech-Architektur geworden, welche unter anderem das Ziel verfolgt, natürliche Energiequellen effizient und ressourcenschonend zu nutzen. Daher werden innerhalb des interdisziplinären Planungsprozesses heuer nicht mehr nur gestalterische Entscheidungen getroffen, sondern gleichsam entscheidende Parameter in Bezug auf das energetische Verhalten eines jeden Gebäudes festgelegt. Unter Verwendung intelligenter Technologien, welche individuell oder unter Verwendung von automatisierten Systemen gesteuert werden können, wird der Sonnenschutz auch in Zukunft zu einem wichtigen Faktor für eine umweltgerechte Architektur. (dd)