Pflichten
Besondere Sorgfaltsanforderungen an Sachverständige
Sorgfaltspflichten sowie Prüf- und Warnpflichten sind ständige Begleiter der Sachverständigen. Als Sachverständiger haftet nach § 1299 ABGB, wer sich "zu einem Amte, zu einer Kunst, zu einem Gewerbe oder Handwerke öffentlich bekennt oder wer ohne Not freiwillig ein Geschäft übernimmt, dessen Ausführung eigene Kunstkenntnisse oder einen nicht gewöhnlichen Fleiß erfordert". Doch was darf man darunter verstehen und wie wird dieser höhere Sorgfaltsmaßstab bemessen?
Wer gilt als Sachverständiger?
Die Sachverständigenhaftung nach dem ABGB bzw. der besondere Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB ist nicht auf Personen beschränkt, die in die Sachverständigenliste eingetragen sind. Dieser besondere Sorgfaltsmaßstab gilt für alle Berufe, die eine besondere Sachkenntnis erfordern, unabhängig davon, ob der Beruf selbstständig oder unselbstständig ausgeübt wird. Dazu zählen neben den freien Berufen auch Bergführer, Tischler, Makler, Baumeister sowie z. B. Jus-Absolventen. Generell ist Sachverständiger im Sinne des § 1299 ABGB somit jemand, der eine Tätigkeit ausübt, die ein besonderes Können oder Fachwissen voraussetzt. Damit ist jeder Ausführende ein Sachverständiger in seinem Gewerk. Das ist insbesondere in Zusammenhang mit der Beurteilung von Sorgfaltspflichten bei der Ausführung eines Werks sowie bei der Ausübung der Prüf- und Warnpflicht von Bedeutung.
Die besonderen Sorgfaltsanforderungen des § 1299 ABGB
Für Sachverständige gilt gem. § 1299 ABGB zusätzlich eine besondere, über den üblichen Maßstab hinausgehende Sorgfalt. Entscheidend ist nach § 1299 ABGB der Leistungsstandard der betreffenden Berufsgruppe. Der objektive Verschuldensmaßstab führt dazu, dass der Sachverständige für die typischen Fähigkeiten seines Berufsstandes einzustehen hat. Den Architekten z. B. trifft eine vertragliche umfassende Beratungspflicht. Er muss nicht nur eine technisch einwandfreie Leistung erbringen, sondern auch wirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigen.
Es kommt somit nicht auf die subjektiven Fähigkeiten des Sachverständigen an, sondern darauf, wie sich etwa ein gewissenhafter durchschnittlicher Fachmann des jeweiligen Fachgebiets allgemein verhalten hätte. Ein Sachverständiger haftet auch dann, wenn es ihm konkret an den erforderlichen Fähigkeiten oder Kenntnissen fehlt.
Die Haftung des Sachverständigen bestimmt sich nach dem Leistungsstandard, der zum Zeitpunkt der Ausübung der Tätigkeit besteht. Es ist daher für den Sachverständigen wesentlich anzugeben, zu welchem Zeitpunkt der Auftrag erteilt und seine Leistung erbracht wurde. Damit kann vorgebeugt werden, dass sich der Vorwurf, nicht den Leistungsstandard zum Zeitpunkt der Ausübung der Sachverständigentätigkeit eingehalten zu haben, nicht entkräften lässt.
Fazit
Zusammengefasst bestimmen sich die besonderen vom Sachverständigen im Einzelfall einzuhaltenden Sorgfaltsanforderungen nach der vertraglich übernommenen Leistung und den im Einzelfall anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen – eine generell gültige und abschließende Definition gelingt daher nicht. Gemäß § 1299 ABGB gilt für Sachverständige eine besondere – über den üblichen Maßstab hinausgehende – Sorgfalt. Auf die subjektiven Fähigkeiten des Einzelnen wird nicht abgestellt. Für die besonderen Sorgfaltsanforderungen i. S. d. § 1299 ABGB ist immer der Leistungsstandard der betreffenden Berufsgruppe entscheidend. Dies ist insbesondere bei der Ausübung der Prüf- und Warnpflicht im Werkvertrag zu beachten.