Rechtsprechung des OGH
Warum ein Käufer die Dachsanierung selber zahlen musste
Im Streit um Dachmängel eines Hauses, das ein privater Verkäufer errichtete und veräußerte, beanstandeten die Käufer eindringendes Wasser und begehrten den Ersatz der Sanierungskosten. Auch nach mehreren Sanierungsversuchen des Verkäufers kam es weiterhin zu Wassereintritt durch das Dach. Vor dem Erstgericht waren die Käufer erfolgreich; ihrer Klage wurde stattgegeben. Das Berufungsgericht beurteilte den Sachverhalt jedoch völlig anders; der vertraglich vereinbarte Gewährleistungsausschluss sei wirksam. Der OGH bestätigte nun die Entscheidung des Berufungsgerichts. Das bedeutet im Ergebnis, die Käufer des neu errichteten Hauses müssen die Sanierung ihres Dachs aus eigener Tasche finanzieren!
Reichweite des Verzichts
Die Reichweite eines Gewährleistungsverzichts ist grundsätzlich durch Vertragsauslegung zu ermitteln. Nach ständiger Rechtsprechung des OGH ist ein umfassender vertraglicher Gewährleistungsausschluss im Sinne des § 929 ABGB rechtmäßig, solange keine arglistige Täuschung oder massive Sachmängel vorliegen, die die Kaufsache unbrauchbar machen.
Ein solcher Verzicht umfasst auch die gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften der Sache. Bei offenkundigen Mängeln wird schon nach § 928 ABGB nicht gehaftet, daher erstreckt sich ein Gewährleistungsverzicht auch auf versteckte Mängel. Nur die Haftung für (ausdrücklich oder schlüssig) zugesicherte Eigenschaften kann nicht beschränkt werden.
Keine Sittenwidrigkeit
Der OGH lehnt die Annahme, wonach bei neuen Sachen die Mangelfreiheit immer zugesichert sei oder ein Gewährleistungsverzicht wegen Sittenwidrigkeit unwirksam wäre, ab. Andernfalls wäre eine Differenzierung zwischen Mängeln, die eine Sache unbrauchbar machen und anderen Mängeln ebenso obsolet wie die ausdrückliche Zusicherung von bestimmten Eigenschaften.
Die Dichtheit eines Dachs ist als gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft zu qualifizieren. Eine (zumindest schlüssige) Zusage eines bestimmten Dachzustands gibt es nach Beurteilung der Gerichte im vorliegenden Fall nicht. Bei einem Kaufpreis für das Haus von mehr als 200 000 Euro machen Sanierungskosten in Höhe von 21 000 Euro die Kaufsache auch nicht unbrauchbar. Daher verhindert im Anlassfall der vertraglich vereinbarte Gewährleistungsausschluss die Haftung des Verkäufers für die Mängel am Dach.
Besondere Sorgfalt geboten
Im vom OGH beurteilten Fall handelt es sich um einen Kaufvertrag unter Privaten. Die obigen Ausführungen sind aber auch im B2B Bereich gültig. Nur bei einem Vertrag zwischen Unternehmer und Konsumenten ist Vorsicht geboten – das Gewährleistungsrecht des Verbrauchers kann nach zwingenden gesetzlichen Bestimmungen des KSchG vor Kenntnis des Mangels nicht eingeschränkt werden.
Der Anlassfall verdeutlicht, dass Mängel nicht immer zu einer Haftung führen müssen, und schafft ein Bewusstsein für die mit einem Gewährleistungsverzicht verbundenen Risiken. Vertragliche Haftungsbeschränkungen sind daher mit besonderer Sorgfalt zu formulieren, damit es im Gewährleistungsfall nicht zu bösen Überraschungen kommt.