Meinungsverschiedenheiten
Das (baubegleitende) Schlichtungsverfahren
In Bauprojekten sind Meinungsverschiedenheiten keine Seltenheit. Egal ob wegen des Leistungsumfangs aufgrund unterschiedlicher Vertragsauslegung oder wegen der Folgen eines geänderten Bauablaufes: Gestritten wird schnell.
Eine Möglichkeit, diese Konflikte, im Idealfall schon baubegleitend, beizulegen, stellt das Schlichtungsverfahren dar. Bei diesem wird versucht, auf Grundlage von sachverhaltsbezogenen Vorschlägen sowie sachkundigen Dritten außergerichtlich eine Einigung über strittige Fragen zu finden. Voraussetzung für das Schlichtungsverfahren ist eine Parteienvereinbarung, auftretende Konflikte in einem geordneten Verfahren unter Einbeziehung eines gemeinsam ausgewählten Schlichters abzuhandeln. Dieser versucht unter Anwendung seiner Fachkenntnisse und unter Berücksichtigung der Standpunkte der Parteien konkrete Vorschläge zur einvernehmlichen Streitbeilegung vorzunehmen. Um das Ziel, einer einfachen, unbürokratischen und raschen Streitbeilegung zu erreichen und die Projektebene zu entlasten, ist die Auswahl des Schlichters essenziell. Der Schlichter sollte das Vertrauen aller Beteiligten haben und über entsprechende Fachkenntnisse zur Lösungsfindung verfügen. Dies stellt den zentralen Erfolgsfaktor für das Verfahren dar.
Verfahren und Bindungswirkung
Ganz allgemein unterliegt das Schlichtungsverfahren keinen Form- oder Verfahrensvorschriften, wobei auf standardisierte Verfahrensanordnungen (z. B.: Verordnung der Bundesinnung Bau) zurückgegriffen werden kann. Verfahrensablauf und Verfahrensdauer kann frei gewählt werden, es empfiehlt sich aber immer den zeitlichen Ablauf, die Mitwirkungsobliegenheiten der Parteien, Hemmung von Verjährungen und eventuell auch die Beendigung des Verfahrens von Anfang an festzulegen.
Aus der Art des Konflikts ergibt sich in der Regel, welche Verfahrensschritte am sinnvollsten sind. Eine schrittweise Lösung bietet sich bei komplexen bauwirtschaftlichen Mehrkostenforderungen zum Beispiel sehr gut an. Am Beginn steht die Aufarbeitung des Sachverhalts als Grundlage der Beurteilung geltend gemachter Forderungen dem Grunde nach. Dabei kann die schrittweise Außerstreitstellung einzelner Fakten ein lösungsorientierter Zugang sein. Bei fortgeschrittenen Konflikten können anfangs auch einseitige Gespräche des Schlichters mit den Parteien eine sinnvolle Möglichkeit darstellen. Dadurch kann anfangs eine Art gefilterte Weitergabe der Standpunkte an die andere Seite ohne Einbeziehung von Emotionen geschehen. Dabei ist stets auf eine objektive Verfahrensführung zu achten.
Am Ende des Schlichtungsverfahrens wird in einem Protokoll das Scheitern oder aber die einvernehmliche Lösung auf Basis der Ergebnisse des Schlichtungsverfahrens festgehalten. Aussagen oder Vorschläge während des Schlichtungsverfahrens haben keine Bindungswirkung. Erst wenn die Parteien den Konflikt einvernehmlich geklärt haben, entsteht die Bindungswirkung. Es kann entweder ein vollstreckbarer Exekutionstitel geschaffen werden, oder die vereinbarte Lösung ist lediglich materiell-rechtlich bindend und muss gerichtlich durchgesetzt werden. Scheitert ein Schlichtungsverfahren, können Ansprüche ungeachtet der Aussagen im Schlichtungsverfahren gerichtlich geltend gemacht werden. Solange das Schlichtungsverfahren aber nicht endgültig gescheitert ist, können Ansprüche während eines aufrechten Schlichtungsverfahrens durch Vereinbarung nicht klagbar gemacht werden.
Fazit
Das Schlichtungsverfahren ist sehr gut geeignet, um Meinungsverschiedenheiten in Bausachen baubegleitend zu klären, ohne vor Gericht zu ziehen. Der Ablauf des Verfahrens kann im Wesentlichen von den Parteien gestaltet werden, wobei ein Fokus auf einer einfachen und unbürokratischen Abwicklung liegen sollte. Es ist insbesondere wichtig, dass die Parteien nicht starr auf ihren Standpunkten beharren, sondern prinzipiell bereit sind, von ihren Standpunkten abzugehen, Zugeständnisse zu machen und somit Kompromisse zu finden. Die wichtigste Rolle hat der Schlichter. Dieser sollte von beiden Parteien sorgfältig ausgewählt werden und das Vertrauen aller Beteiligten genießen, um ein erfolgreiches Verfahren durchführen zu können.