Bewegliche oder unbewegliche Sache?

Gewährleistung
10.03.2021

Die Gewährleistungsfristen für bewegliche und unbewegliche Sachen sind in der Theorie recht eindeutig. In der Praxis ergeben sich jedoch schwierige Abgrenzungsfragen.

Ob ein Werk gewährleistungsrechtlich als bewegliche oder unbewegliche Sache einzuordnen ist, wird von den Gerichten grundsätzlich anhand des Einzelfalls geprüft. Eine konsequente Linie findet sich in der Rechtsprechung aufgrund der teilweise schwierigen rechtlichen Qualifikation der Sache nur schwer. Zu den unbeweglichen Sachen gehören abgesehen von den bereits per definitionem als unbeweglich angesehenen Liegenschaften all jene Leistungen, die auf Grund und Boden in der Absicht ausgeführt werden, dass sie langfristig darauf bleiben sollen; in diesem Fall spricht man von einem Bauwerk.

Ein Bauwerk ist alles, was auf Grund gebaut und mit diesem fest verbunden ist. Dazu zählen nicht nur Häuser, sondern auch andere Bauten wie Holzzäune, Eisengitter, ständige Flaggenmasten, Aussichtswarten, Maschinenschuppen; sogar Fertigteilhäuser werden dem Begriff eines Bauwerks nach dem ABGB zugeordnet. Voraussetzung für die Qualifikation als Bauwerk nach dem ABGB ist auf der einen Seite die grundfeste Verbindung mit der Liegenschaft und andererseits, dass der Gegenstand seiner Zweckbestimmung nach nicht an einen anderen Ort bewegt werden soll. Ob ein errichtetes Bauwerk aber ohne erhebliche Beeinträchtigung der Substanz mit geringem Aufwand wieder abgetragen werden kann, ist nicht ausschlaggebend. Entscheidend für die Einordnung einer Sache als Bauwerk im Sinne des ABGB ist nach der Rechtsprechung die Verkehrsauffassung.

OGH 23. 9. 2020, 1 Ob 139/20b

Der OGH setzte sich jüngst mit dieser Thematik auseinander. Im konkreten Sachverhalt errichtete ein AN eine 140 Tonnen schwere, 28 Meter lange, sechs Meter breite und 18 Meter hohe Hochregalanlage. Sämtliche Verbindungen zwischen der Bodenplatte und den 444 Regalstehern wurden mit Dübeln hergestellt. Die zwölf Fußpunkte der zusätzlichen Aussteifungstürme wurden zum Teil ebenfalls mit der Bodenplatte verdübelt, einzelne Punkte zusätzlich auch mit einbetonierten Trägern verschweißt, die ihrerseits mit im Erdreich eingelassenen Stahlbetonpfählen verbunden sind. Ohne die Verschweißung wäre das Hochregal nicht standfähig. Der AG erhob Gewährleistungsansprüche, da die Anlage nicht erdbebensicher sei. Zu klären war die Frage, ob die Gewährleistungsfrist nunmehr zwei oder drei Jahre beträgt.

Der OGH kam zu dem Ergebnis, dass die Hochregalanlage als eine unbewegliche Sache zu werten ist und somit eine dreijährige Gewährleistungsfrist gilt. Im gegenständlichen Fall seien die Voraussetzungen für die Errichtung einer unbeweglichen Sache gegeben, weil das Hochregal wegen der festen Verbindung mit dem Grundstück durch die einbetonierten Bodenanker der Verkehrsauffassung nach als unbeweglich gelte und es der Zweckbestimmung nach am Errichtungsort verbleiben sollte. Weiters hielt der OGH fest, dass eine Baukonstruktion, die wie das Hochregal eine größere Dimension als ein Einfamilienhaus aufweise, auch ihrer Beschaffenheit nach keine an sich bewegliche Sache sei.

Fazit

Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass entscheidend für die Einordnung einer Sache als grundsätzlich unbeweglich im Sinne des ABGB die Verkehrsauffassung ist. Weiters bestätigt die konkrete Entscheidung die ständige Rechtsprechung, dass ein Werkvertrag zur Errichtung einer unbeweglichen Sache vorliegt, sofern nach dem Vertrag eine unbewegliche Sache herzustellen ist oder Leistungen an einer unbeweglichen Sache vorzunehmen sind. In der Praxis stellt sich die Frage etwa bei Herstellung von Lüftungsanlagen, fest verbauten Rohrsystemen oder etwa bei sonstigen Einbauten.

Aufgrund der fallbezogenen Rechtsprechung und der teilweise schwierigen Unterscheidung zwischen beweglicher und unbeweglicher Sache ist in Anbetracht der unterschiedlichen Gewährleistungsfristen zu einer vertraglich eindeutigen Regelung zu raten.

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