Werklohn
Nachteilsabgeltung bei Abbestellung durch Verbraucher
Bestellt der Auftraggeber (AG) Bauleistungen vor Fertigstellung des Bauwerks ab, behält der Auftragnehmer (AN) grundsätzlich einen eingeschränkten Anspruch auf Werklohn. Der AN hat also Anspruch auf sogenannte Nachteilsabgeltung. Für die Nachweisführung der Nachteilsabgeltung gelten bei Verbrauchergeschäften Besonderheiten.
Grundlagen der Nachteilsabgeltung
Nach dem Gesetz gebührt dem AN die vereinbarte Vergütung, auch wenn die Werkerstellung unterbleibt, sofern das Unterbleiben auf Umstände aus der Sphäre des AG zurückzuführen ist und der AN leistungsbereit war (§ 1168 Abs 1 Satz 1 ABGB). Eine Abbestellung des Werks durch den AG vor Fertigstellung – etwa, weil dieser für Teilleistungen ein günstigeres Angebot bekommen hat – ist ein solcher der Sphäre des AG zurechenbarer Umstand.
Der Vergütungsanspruch des AN ist jedoch insofern beschränkt, als sich dieser anrechnen lassen muss, was er sich infolge Unterbleibens der Arbeit erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat. Beim Bauvertrag mit Unternehmern trägt die Behauptungs- und Beweislast für Ersparnisse oder anderweitige Erwerbe der AG; es ist Sache des AG, konkrete Behauptungen darüber aufzustellen und diese zu beweisen. Demgegenüber gilt bei Bauverträgen mit Verbrauchern, dass der AN die Gründe mitzuteilen hat, warum allenfalls kein Abzug gerechtfertigt wäre (§ 27a KSchG); es ist also Sache des AN, konkrete Behauptungen für einen unterbliebenen Abzug anzuführen.
Umfang der Begründungspflicht für Abzugshöhe
Der OGH (4 Ob 119/21k) hatte sich jüngst insbesondere mit der Frage des Umfangs der Begründungspflicht auseinanderzusetzen. Eine Verbraucherin beauftragte ein Bauunternehmen mit der Neuherstellung einer Dachkonstruktion samt der Isolierung. Wenige Tage nach der Auftragserteilung wies die AG den AN an, die beauftragten Arbeiten nicht durchzuführen, obwohl der AN vertragsgemäß leistungsbereit war. Der AN begehrte daraufhin die Zahlung von rund einem Drittel der Gesamtauftragssumme. Zum Nachweis einer abzuziehenden Ersparnis brachte der AN vor, dass § 27a KSchG nicht anwendbar wäre, weil er nicht das gesamte vereinbarte Entgelt begehren würde und daher die AG die Behauptungs- und Beweislast für höhere Abzüge treffen würde.
Teilweises Einklagen des Werklohns ändert nichts an Beweislast
Der OGH hielt § 27a KSchG auf den vorliegenden Fall jedoch für anwendbar. Zwar bestätigte der OGH, dass es (bei Verträgen mit Unternehmern) grundsätzlich nicht Sache des leistungsbereiten AN ist, bei Unterbleiben der Werkausführung aus Gründen in der Sphäre des AG zu behaupten und zu beweisen, dass er sich durch das Unterbleiben der Arbeit nichts erspart und auch nichts durch anderweitige Verwendung erworben hätte.
Dass der AN den Einwand des AG vorwegnimmt und nur einen Teil des vereinbarten Werklohns einklagt, ändert an der Behauptungs- und Beweislast nichts. Gleiches gilt aber auch im Anwendungsbereich des § 27a KSchG: Die Mitteilungspflicht greift nämlich nicht nur dann, wenn der AN die gesamte vereinbarte Vergütung verlangt. Auch wenn der AN freiwillig einen Abzug vorgenommen hat, hat er die Gründe, die gegen einen höheren Abzug sprechen, darzulegen.
Fazit
Der AN hat bei Abbestellung der Bauleistungen vor Fertigstellung einen eingeschränkten Anspruch auf die vereinbarte Vergütung; er hat sich Ersparnisse und (auch absichtlich versäumte) anderweitige Erwerbe anrechnen zu lassen. Bei Bauverträgen mit Unternehmern trifft die Behauptungs- und Beweislast hierfür den AG; bei Bauverträgen mit Verbrauchern trifft sie den AN. Der OGH hat jüngst bestätigt, dass ein lediglich auf einen Teil der vereinbarten Vergütung gerichtetes Begehren nichts daran ändert; der AN bleibt beim Verbrauchergeschäft dafür behauptungs- und beweispflichtig, dass kein höherer Abzug berechtigt ist.