Ausscheiden des Angebots wegen fehlender Kalkulationsangaben
Eine aktuelle Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG 2.9.2020, W187 2233221-2) zeigt die Strenge des Vergaberechts deutlich auf.
Der Ausgangsfall
Die Ausschreibung verlangte Folgendes:
- Abgabe von K7-Blättern für wesentliche Positionen;
- in dafür vorgesehenen Feldern des Angebotsschreibens:
Angabe von Bruttomittellohn und Gesamtzuschlag; Angabe des Zuschlags auf die kollektivvertraglichen Löhne sowie des Zuschlags auf die Stoffkosten für Regieleistungen, soweit hierfür im Leistungsverzeichnis keine Preise vorgesehen sind.
Das Leistungsverzeichnis enthielt Regiepositionen für Polier, Facharbeiter und Hilfsarbeiter. Der Bieter gab mit dem Angebot keine K7-Blätt er ab und füllte auch diese Felder des Angebotsschreibens nicht aus. Er gab aber immerhin ein K3-Blatt ab.
Das Nachprüfungsverfahren und die Entscheidung des BVwG
Der Auftraggeber schied das Angebot des Bieters aus. Der Bieter brachte dagegen einen Nachprüfungsantrag beim BVwG ein, weil er der Ansicht war, dass er inhaltlich betrachtet alle Ausschreibungsvorgaben eingehalten hätte, und wenn nicht, dass es sich zumindest nur um behebbare Mängel gehandelt hätte.
Das BVwG kam zu folgender Entscheidung, und zwar aufgrund der ständigen Judikatur der Vergabekontrollbehörden, dass Angebotsmängel unbehebbar sind, deren Behebung dem Bieter eine materielle Verbesserung seiner Wettbewerbsstellung bringen würde:
- Die Nichtvorlage von K7-Blättern mit dem Angebot ist ein behebbarer Mangel. Aus diesem Grund durfte das Angebot daher nicht ausgeschieden werden, der Auftraggeber hätt e dem Bieter die Gelegenheit einräumen müssen, die K7-Blätt er nachzureichen. Das entspricht auch der bisherigen Judikatur zu dieser Frage, nach der die nachträgliche Vorlage von K-Blättern keine materielle Verbesserung der Wettbewerbsstellung ist, da dies nicht die Preise verändert, sondern nur der näheren Aufgliederung der Preise dient.
- Bruttomittellohn und Gesamtzuschlag sowie der Zuschlag auf die Stoffkosten ergaben sich aus dem mit dem Angebot vorgelegten K3-Blatt. In die Felder des Angebotsschreibens hätte der Bieter nachträglich ohne hin keine anderen Werte als jene gemäß K3-Blatt einsetzen dürfen, weil er sonst das Angebot unzulässig geändert hätte. Auch deshalb durfte das Angebot daher nicht ausgeschieden werden.
- Allerdings wurde das Ausscheiden des Angebots wegen des Nichtausfüllens des Zuschlags auf die kollektivvertraglichen Löhne für Regieleistungen im Angebotsschreiben bestätigt. Das Leistungsverzeichnis enthielt nur Regieleistungen für die Beschäftigungsgruppen Polier, Facharbeiter und Hilfsarbeiter, aber nicht für die anderen kollektivvertraglichen Beschäftigungsgruppen. Diese anderen Beschäftigungsgruppen waren auch im abgegebenen K3-Blatt nicht enthalten. Zwar hätte die nachträgliche Angabe dieses Zuschlags keine Auswirkung auf den abgegebenen und vergaberelevanten Gesamtpreis gehabt, aber für die Abrechnung wäre dies dann relevant gewesen, wenn während der Ausführung zusätzliche Regieleistungen für die anderen Beschäftigungsgruppen angefallen wären.
Das BVwG war also der Ansicht, dass eine Angabe dieses – für die Abrechnung u. U. relevanten – Zuschlags erst nach Ende der Angebotsfrist eine materielle Verbesserung der Wettbewerbsstellung gewesen wäre. Es ist allerdings nicht überzeugend, worin eine solche Verbesserung der Wettbewerbsstellung gelegen haben soll. Es ist nicht erkennbar, warum das Wissen um den Ausgang des Wettbewerbs nach Ende der Angebotsfrist eine Auswirkung gehabt haben sollte: Warum soll ein Bieter, nachdem er weiß, dass er an erster Stelle liegt, zur Angabe eines höheren Zuschlags als vor Ende der Angebotsfrist motiviert sein, wenn dieser Zuschlag ohnehin nicht vergaberelevant gewesen wäre?
Der Praxistipp
Auch wenn diese Entscheidung inhaltlich nicht ganz überzeugt, zeigt sie wieder einmal, wie sorgfältig bei der Angebotsabgabe vorgegangen werden sollte, um das Risiko eines Ausscheidens zu minimieren.