OGH Entscheidung

Wann eine Kostenüberschreitung nicht angezeigt werden muss

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18.09.2024

Grundsätzlich ist die Überschreitung eines Kostenvoranschlages bei sonstigem Verlust des Entgeltanspruchs für Mehrarbeiten anzuzeigen. Resultiert die Kostenüberschreitung jedoch aus Umständen aus der Sphäre des Bestellers, ist die Anzeige der Überschreitung entbehrlich.
Kostenvoranschlag errechnen

Im Anlassfall begehrte die Klägerin einen Werklohn, welcher den Kostenvoranschlag beträchtlich überschritt. Ursächlich für die Überschreitung waren Mehrarbeiten, die durch Umstände in der Sphäre der Bestellerin verursacht worden waren.

Die Sphäre des Bestellers

Die Beklagte wandte ein, dass die Klägerin gemäß § 1170a Abs 2 ABGB die Überschreitung des Kostenvoranschlages anzeigen hätte müssen, um für die durchgeführten Mehrarbeiten einen Werklohn verlangen zu können. Dieser Anzeigepflicht sei sie nicht nachgekommen, weshalb lediglich ein Entgelt in Höhe des Kostenvoranschlages zustehe.
Schon in erster Instanz wurde der Klage stattgegeben und damit auch der über den Kostenvoranschlag hinausgehende Werklohnanspruch zugesprochen. Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts mit der Begründung, dass keine Anzeigepflicht besteht, wenn die Kostenüberschreitung auf Umstände in der Bestellersphäre beruht. Die außerordentliche Revision an den OGH wurde mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage schließlich zurückgewiesen.

Entscheidung des OGH

§ 1170a Abs 2 ABGB normiert, dass der Werkunternehmer eine beträchtliche, unvermeidliche Überschreitung des Kostenvoranschlages dem Besteller unverzüglich anzuzeigen hat, widrigenfalls er jeden Anspruch wegen Mehrarbeiten verliert. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine solche Anzeige jedoch entbehrlich, wenn die Umstände, die zu den Mehrarbeiten führen, in der Sphäre des Bestellers liegen. Dies gilt nach zitierter Rechtsprechung sowohl bei Kostenvoranschlägen, welchen keine Gewährleistung für deren Richtigkeit zugrunde liegt, als auch bei Kostenvoranschlägen mit Gewährleistung. Selbst bei Letzteren sind zusätzliche Werklohnforderungen, die auf Umstände in der Bestellersphäre zurückzuführen sind, möglich.
Die Beklagte interpretierte diese Rechtsprechung dahingehend, dass damit nur die Frist für die Anzeige von unverzüglich auf in angemessener Frist verlängert werde, jedoch nicht von der Anzeigepflicht schlechthin befreie.
Dem entgegnet der OGH in seiner Entscheidung und stellt klar, dass diese Ansicht der Beklagten in der Rechtsprechung keine Deckung findet. Vielmehr ergibt sich aus den bisher zu dieser Thematik ergangenen Entscheidungen, dass in einem solchen Fall überhaupt keine Anzeigepflicht besteht.
Zwar weist der OGH darauf hin, dass diese Rechtsprechung in der Literatur nicht ungeteilt Zustimmung gefunden hat, die Ansicht der Beklagten wird jedoch auch in der Literatur nicht vertreten.

Vorsicht bei Anzeigepflichten

Wird der Kostenvoranschlag aufgrund von Umständen in der Sphäre des Bestellers überschritten, steht dem Werkunternehmer der den Kostenvoranschlag übersteigende Werklohn zu, auch wenn die Überschreitung nicht angezeigt wurde. Der OGH zitiert weiterhin die Meinung von Krejci (RIS-Justiz: RS0028222; Krejci in Rummel, ABGB, Rz 7 und 25 zu § 1170a iVm Rz 11 und 27 zu § 1168), dass selbst bei Zugrundelegung eines Kostenvoranschlages unter ausdrücklicher Gewährleistung eine höhere Werklohnforderung nicht ausgeschlossen ist, sofern die Umstände dafür auf die Bestellersphäre zurückzuführen sind.
Als Praxistipp bleibt dennoch festzuhalten: Vorsicht bei Anzeigepflichten! Es kann strittig sein, aus wessen Sphäre die Ursachen einer Überschreitung kommen, daher im Zweifel lieber Mehrkosten anzeigen. ■

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