Warnpflicht und Werklohn bei teilweisem Misslingen des Werks

Warnpflicht
02.05.2023

Der OGH beschäftigt sich in einer aktuellen Entscheidung (1 Ob 164/22g) mit den Ansprüchen des AN und des AG, wenn der AN seine Warnpflicht verletzt und der AG ein teilweise miss­lungenes Werk selbst verbessert.

Der Auftragnehmer (AN) ist bei Miss­lingen des Werks infolge offenbarer Untauglichkeit des vom Auftraggeber (AG) gegebenen Stoffes oder offenbar unrichtiger Anweisungen des AG für den Schaden verantwortlich, wenn er den AG nicht gewarnt hat (§ 1168a ABGB). Er verliert diesfalls auch seinen Entgeltanspruch für das Werk. Der AG ist so zu stellen, wie er stünde, wenn der Warnpflicht entsprochen worden wäre. Kosten, die der AG auch bei entsprechender Warnung zu tragen gehabt hätte ("Sowieso-Kosten"), sind nicht durch eine allfällige Warnpflichtverletzung verursacht und zählen daher auch nicht zu dem zu ersetzenden Schaden.

Teilweise misslungenes Werk

Im konkreten Anlassfall hatte der AG eine über das allgemeine Stromnetz angeschlossene elektrische Warmwasserbereitung vorgegeben, was nach dem steiermärkischen Baugesetz unzulässig ist und zur Untersagung der Benützung des Wohnhauses geführt hat. Der OGH hat zur Warnpflicht ausgeführt, dass von einem Fachunternehmen für Heizungs- und Sanitärinstallationen die Kenntnis der einschlägigen Bauvorschriften zu erwarten wäre und der AN daher warnen hätte müssen. 

Das Werk war jedoch (unstrittig) nur in Hinblick auf die Warmwasserversorgung misslungen. Zur Frage, ob eine Warnpflichtverletzung für ein nur teilweise misslungenes Werk zum Verlust des gesamten Werklohns führt, hielt der OGH fest, dass der AN seinen Werklohnanspruch am nicht von der Warnpflichtverletzung betroffenen Teil des Werks behält, wenn der AG ein Interesse an diesem Teil der Leistung hat. 

Verbesserung durch den AG

Im konkreten Anlassfall hat der AG mit der Bau­behörde den (formalrechtlich nicht gedeckten) Kompromiss erreicht, die vorläufig unter Auflagen erteilte Benützungsbewilligung nicht zurückzunehmen, wenn eine Photovoltaikanlage montiert wird. Dies hat der AG auf eigene Kosten umgesetzt.
Der OGH hat sich daher im zweiten Schritt mit der Frage beschäftigt, ob der Umstand, dass der AG die Warmwasserbereitung nach Errichtung der Solar­anlage weiterhin nutzt, trotz der Warnpflichtverletzung zum Bestehen des diesbezüglichen Werklohnanspruchs führt. Dazu hat der OGH festgehalten, dass eine auf Kosten des AG hergestellte Brauchbarkeit nicht zur Fälligkeit des Werklohn­anspruchs führen kann, weil der AN dadurch ungerechtfertigt von dem ihm zugewiesenen Risiko des Misslingens des Werks entlastet wäre. Der (teilweise) Entfall des Werklohnanspruchs ist erst bei einem vom AG wegen der "Verbesserungskosten" erhobenen Schadenersatz­anspruch zu berücksichtigen.

Der AG hat im konkreten Fall einen dahingehenden Vertrauensschaden geltend gemacht, dass er sich bei rechtzeitiger Warnung (bei annähernd gleichen Kosten) für die Installation der (ursprünglich geplanten) Luftwärmepumpe entschieden hätte und die Kosten für die nun notwendige Photovoltaikanlage nicht entstanden wären. Der AN hat eingewandt, dass für eine Luftwärmepumpe nicht ausreichend Platz im Technikraum gewesen wäre. Der OGH hat die Rechtssache zur Verfahrensergänzung hinsichtlich des von der Warnpflichtverletzung betroffenen Teils des Werklohns und der vom AG compensando eingewandten Schadenersatzforderung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Fazit

Ist das Werk infolge einer Warnpflichtverletzung nur teilweise misslungen und hat der AG am übrigen Teil des Werks ein Interesse, behält der AN für den nicht von der Warnpflicht betroffenen Teil seinen Werklohnanspruch. Der AN verliert trotzdem seinen Werklohnanspruch für den von der Warnpflicht­verletzung betroffenen Teil des Werks, wenn der AG das misslungene Werk auf eigene Kosten verbessert hat. Der Entfall ist allenfalls bei der vom AG für die Verbesserung erhobenen Schadenersatzforderung zu berücksichtigen.

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