Rechtstipp
Auftraggeberhaftung bei Bauleistungen
Um den Sozialversicherungsbetrug in der Baubranche zu reduzieren, gibt es die sogenannte „Haftung bei Beauftragung zur Erbringung von Bauleistungen“, kurz Auftraggeberhaftung. Dieses Gesetz bezieht sich ausschließlich auf (Bau-)Unternehmen, die Aufträge weitergeben. Privatpersonen und andere Unternehmen, die einen Auftrag erteilen, sind nicht betroffen. Hierbei geht es ausschließlich um das Verhältnis General- zu Subunternehmer(n).
Ein Beispiel: Die Bäckerei Huber möchte eine neue Filiale eröffnen und beauftragt den Baukonzern A („Generalunternehmer“) mit deren Errichtung. Baukonzern A wiederum zieht – als Auftraggeber – Spengler B, Dachdecker C und Fliesenleger D als Subunternehmer heran. Die Auftraggeberhaftung trifft in diesem Fall ausschließlich A!
Die Regelung im Detail
Der Auftraggeber eines Bauunternehmens haftet mit bis zu 25 Prozent des geleisteten Werklohns (20 Prozent Sozialversicherungsbeiträge und 5 Prozent Lohnabgaben) für alle Beiträge und Umlagen, die von dem Bau(Sub-)unternehmer an die Sozialversicherung bzw. das Finanzamt abzuliefern sind.
Zahlt letzterer die Sozialabgaben nicht und lassen sich diese auch nicht eintreiben, kommt der Generalunternehmer ohne zeitliche Beschränkung zum Handkuss. Dessen Pflicht ist es auch, die Krankenversicherungsträger auf dessen Anfrage innerhalb von 14 Tagen über den von ihm beauftragten Bauunternehmer zu informieren. Geschieht dies nicht, haftet er auch für nicht bezahlte Sozialabgaben der von seinem Geschäftspartner beauftragten Subunternehmen.
Die Haftung tritt in Kraft, sobald die Gegenleistung des Auftraggebers – Zahlung des Entgelts oder Aufrechnung anderer Leistungen – erbracht wird.
Zwei Varianten als Ausweg
Variante 1: Ihr Auftragnehmer steht auf der HFU-Gesamtliste, auf der sämtliche haftungsfreigestellte Unternehmen zu finden sind. Wird eines dieser Unternehmen beauftragt, entfällt die Haftungsverpflichtung. Ein Bauunternehmer auf der HFU Liste zeichnet sich durch hohe Vertrauenswürdigkeit aus; verwaltungs- oder strafrechtliche Verstöße sind einer Aufnahme daher abträglich. Weiters muss das Unternehmen seit mindestens 3 Jahren Bauleistungen nach § 19 Abs 1a UStG erbringen und sämtliche Beiträge bis zum zweitvorangegangenen Monat bezahlt haben. Rückstände bis zu 10 Prozent der Beitragsschuld der Vorperiode sind allerdings als Toleranzgrenze zulässig. Treffen Voraussetzungen nicht zu, wird das Unternehmen nicht in die HFU-Liste aufgenommen bzw. gegebenenfalls, wieder gestrichen.
Variante 2: Ausweg Nummer zwei ist die Überweisung des Haftungsbetrages iHv 25 Prozent des Werklohnes (20 Prozent Sozialversicherungsbeiträge und 5 Prozent Lohnabgaben) an das Dienstleistungszentrum der Gebietskrankenkasse und nicht an den Auftragnehmer. Das Dienstleistungszentrum leitet die schuldbefreiend wirkende Zahlung an den jeweils zuständigen Krankenversicherungsträger und das zuständige Finanzamt weiter. Um stets auf dem aktuellen Stand zu sein, kann dieses Konto online kostenlos eingesehen werden.
Für den Auftragnehmer zu beachten
Die Überweisung des Haftungsbetrages in Höhe von 25 Prozent des Werklohnes durch den Auftraggeber bedeuten einen Finanzierungsaufwand, der mitberücksichtigt werden muss. Sie bekommen dadurch nur 75% der ausgestellten Rechnung! Allfällige Guthaben bei der Sozialversicherungsanstalt und dem Finanzamt, können Sie sich auch erst in weiterer Folge auszahlen lassen. Aber Achtung: Die Haftung bleibt auch bei Umgehungsgeschäften, etwa durch einfaches „Zwischenschalten“ eines weiteren Unternehmens, aufrecht. Dies ruft eher die Sozialversicherungen auf den Plan, genauer nachzuforschen. Zudem unterliegen Auftraggeber und Bauunternehmer der Auskunfts- und Einsichtspflicht.
Für den Auftraggeber zu beachten
Kostenlose Einsichtnahme in die tagesaktuelle HFU-Liste ist beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger unter diesem Link möglich.
Unternehmen, die Bauleistungen weitergeben, sollten stets einen Blick auf die HFU-Gesamtliste werfen. Doch auch für andere bietet sich dieses Service an, um die Verlässlichkeit des Vertragspartners zu prüfen: Wer auf der HFU-Gesamtliste steht, hat zumindest bei der Krankenkasse eine weiße Weste.