Brenner Basistunnel
Bohren durch den Brenner
Es ist ein Projekt der Superlative: Er kostet 10,5 Milliarden Euro und ist mit einer Gesamtlänge von 64 km die längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt – wenn er fertig ist jedenfalls. Was für 2032 geplant ist. Die Rede ist vom Brenner Basistunnel (BBT). Er soll Innsbruck auf der österreichischen Seite mit der Franzensfeste auf der italienischen verbinden und damit eine Lücke im transeuropäischen Eisenbahnnetz schließen. Der BBT bildet das Herzstück des Skandinavisch–Mediterranen TEN-Korridors von Helsinki (Finnland) nach Valletta (Malta). Die Europäische Union forciert den Ausbau dieses länderübergreifenden Korridors und stuft den Ausbau als vorrangig ein. Daher trägt sie auch 50 Prozent der Kosten.
Für den Bau ist die „BBT SE“ verantwortlich – eine Europäische Aktiengesellschaft, die im Auftrag der Republik Österreich, der Republik Italien und der Europäischen Union errichtet wurde. Sie steht zu je 50 Prozent im Besitz der ÖBB und der staatsnahen italienische Gesellschaft „Tunnel Ferroviario del Brennero“. An dem riesigen Bauvorhaben sind zahlreiche namhafte Bauunternehmen beteiligt. Auf österreichischer Seite sind dies unter anderem die Strabag, die Porr, Swietelsky oder Marti Österreich.
Der BBT soll in erster Linie dem Transport von Gütern dienen, indem er die Verlagerung des Schwerverkehrs von der Straße auf die Schiene ermöglicht. Doch auch Personenzüge können durch den Tunnel fahren. „Mit der nahezu horizontal verlaufenden Tunnelstrecke entfallen künftig Steigung und Gefälle der bestehenden, über 150 Jahre alten, Brennerbahn“, so die BBT SE.
Der Tunnel ist in Wirklichkeit ein Tunnelsystem: Die eigentliche Tunnelstrecke besteht aus zwei Röhren – jede für eine Fahrtrichtung. Sie sind jeweils 8,1 m breit und verlaufen in einem Abstand von 40 bis 70 m zueinander. Alle 333 m verbindet ein Stollen, ein sogenannter „Querschlag“, die zwei Röhren. Die Querschläge dienen in Notfallsituationen als Fluchtweg. Dieses Konzept entspricht laut BBT „den höchsten Sicherheitsstandards im Tunnelbau“. Dazu kommen vier seitliche „Zufahrtstunnel“ – drei auf österreichischem Gebiet, einer in Italien. Die vier Zufahrtstunnel verbinden die Oberfläche mit den Tunnelröhren. In der Bauphase dienen sie für logistische Zwecken.
Eine Besonderheit des BBT ist zudem der durchgehende „Erkundungsstollen“. Er befindet sich mittig zwischen den zwei Haupttunnelröhren – 12 m darunter, und ist mit 5 bis 6 m Durchmesser kleiner als sie. „Die derzeit laufenden Vortriebsarbeiten am Erkundungsstollen sollen Aufschluss über die Beschaffenheit des Gebirges geben und dadurch Baukosten und -zeiten minimieren“, erläutert die BBT SE. Sobald der BBT in Betrieb ist, wird der Erkundungsstollen für die Entwässerung genutzt.
Alles in allem kommen so 230 Tunnelkilometer zusammen. Davon sind laut BBT SE mittlerweile 178 „ausgebrochen“. Die Arbeiten kommen also gut voran. Das Projekt hat sich zwar eine gewisse Verzögerung eingefangen – die geplante Fertigstellung musste von 2030 auf 2032 verschoben werden. Aber das ist bei derart großen Infrastrukturvorhaben nichts Ungewöhnliches. Vor allem im Tunnelbau. Mittlerweile haben auch die beiden letzten der neun mächtigen Tunnelvortriebsmaschinen (TVM), die sich durch das Gebirge bohren, im September ihre Arbeit aufgenommen. Sie wurden auf die Namen „Wilma“ und „Olga“ getauft. Die Damen werden im österreichischen Projektgebiet die beiden Haupttunnel in Richtung Norden auf einer Länge von 7,5 km auffahren.
Der Arbeitsbeginn der beiden Schwergewichte wurde mit einem Festakt feierlich zelebriert. EU-Vertreter Philippe Chantraine sparte dabei nicht mit großen Worten: „Die BBT ist Sinnbild eines geeinten Europas, in dem die Regionen, die Staaten und die EU zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger kooperieren.“