Diskussion
Metall Talk: Reden im Werk
Mitte September haben Hartl Metall und das Landtechnik-Unternehmen Rosensteiner in ihre neue gemeinsame Firmenzentrale bezogen. Hunderte Besucher und zahlreiche Ehrengäste kamen nach Waldneukirchen/OÖ, wo der hochmoderne Firmenstandort mit einem dreitägigen Veranstaltungsprogramm offiziell eröffnet wurde.
Konfrontation in der Halle
Eine spannende Diskussion hochkarätiger Talk-Gäste bot der über YouTube gesendete "Metall Talk“ des Netzwerk Metall (NWM) aus der neuen Werkshalle von Hartl. Unter der Moderation von NWM-Geschäftsführer Thomas Weber diskutierten der renommierte Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber, die Politikwissenschafterin Kathrin Steiner-Hämmerle, Georg Matzner vom Stahlbauverband, die Architektin und BoKu-Dozentin Doris Österreicher, TU-Professor Peter Bauer und der Gastgeber Martin Hartl über das Thema: "Fünf vor zwölf für das Klima – die Umweltbilanz von Baustoffen“.
Die Zeit wird knapp
Die Kontroverse war quasi vorprogrammiert: Der aus Potsdam per Video zugeschaltete Hans Joachim Schellnhuber, einer der profundesten Klimaexperten und Berater von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, zeichnete ein sehr gefährliches Zukunftsszenario: Weil die Menschheit im Kampf gegen die Erderwärmung bereits zu viel wertvolle Zeit verloren habe, sei eine Schadensbegrenzung nur noch durch drastisches Umdenken möglich. „Wir haben eine 50:50-Chance, eine Katastrophe abzuwenden, aber keine Chance mehr, den Klimawandel zu stoppen.“ Es blieben gerade noch zehn Jahre, um das Steuer mit sehr drastischen Maßnahmen herumreißen zu können. Auch die Bauwirtschaft müsse dazu zwingend ihren Beitrag leisten, sagt Schellnhuber. Und dann legt der Experte noch nach: "Bei einer Klimaerwärmung von drei Grad werden ‚Kippelemente‘ aktiviert. Es kommt zu verheerenden Rückkoppelungsprozessen, und das Leben von zwei Milliarden Menschen ist bedroht. Dann steht unsere Zivilisation auf dem Spiel."
Holz und Bambus
Des Potsdamer Experten Plädoyer für nachwachsende Rohstoffe wie Holz und Bambus als Baustoff war dann noch eine Draufgabe, die ihre Wirkung bei den Metallbau-Profis am Podium nicht verfehlte: „Nur ein nachwachsender Baustoff wie Holz oder Bambus ist in der Lage, die ‚historischen Emissionen‘ wiedergutzumachen und eine negative CO2 Bilanz zu erzeugen“, sagt Schellnhuber.
Für die Stahlbauer am Podium eine glatte Einladung zum Widerspruch. ÖSTV-Geschäftsführer Georg Matzner schätzt etwa, dass in der Stahlproduktion das Energiethema (und damit der CO2-Ausstoß) mittelfristig mit Strom und/oder Wasserstoff lösbar sei, "aber langfristig macht uns die Ressourcenproblematik zu schaffen".
Wiederverwertung
Peter Bauer von der TU Wien bringt den Aspekt des „Urban Mining“ in die Diskussion ein. Das bedeutet, alle verbauten Rohstoffe wieder entnehmen (zu können), wenn ein Gebäude nicht mehr genutzt werden könne.
"Und wenn wir neu bauen, sollten wir das so machen, dass wir es in 50 bis 100 Jahren wieder zerlegen können", so Bauer.
Das Beste daraus machen
Die Architektin Doris Österreicher sieht die Baustofffrage etwas versöhnlicher: "Gewisse Materialien eignen sich halt für bestimmte Einsatzgebiete besser. Sie genau dort zu verwenden und ihre Weiternutzung bzw. Wiederverwendung im Auge zu behalten ist auch eine Form von Effizienz."
Gastgeber Martin Hartl, der ebenfalls am Podium mitdiskutierte, ist jedenfalls stolz darauf, die vorhandenen Möglichkeiten des nachhaltigen Firmengebäudes ausgereizt zu haben: "Mit unserem ökologischen Haustechnikkonzept, dem ressourcenschonenden Einsatz der Baustoffe, aber auch mit der verdichteten Bauweise durch die Kooperation (mit Rosensteiner, Anm.) haben wir einen nachhaltigen Umgang im industriellen Umfeld realisiert."
Hinweis
Der Metall Talk ist auf YouTube nachzusehen: https://youtu.be/o5D6A2UkKIA
[Erschienen in: METALL 10/2022]