Interview "Klare Worte"

"Bedrohung für den Mittelstand"

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29.11.2024

Die Geschäftsführung des Fertigteilbauers Oberndorfer findet im Doppel-Interview mit der Bauzeitung „Klare Worte“: Simone Oberndorfer und Werner Pröll über die Bedrohung des Mittelstands, Akademiker als Beamte und Innovationen am Bau.
Oberndorfer-Geschäftsführung (v.l.): Mojca Kalan, SImone Oberndorfer und Werner Pröll.
Oberndorfer-Geschäftsführung (v.l.): Mojca Kalan, SImone Oberndorfer und Werner Pröll.

Simone Oberndorfer zum laufenden Geschäft:
Die Flaute im Wohnbau drückt natürlich auch auf unser Geschäft – neben einem Rückgang der Menge sehen wir auch einen Rückgang der Preise. Davon ist die gesamte Betonbranche betroffen. Und solange die Regierung nichts unternimmt, wird sich daran so schnell nichts ändern.

Wohnbau zum Stillstand

Werner Pröll erläutert, was die Regierung falsch macht …
Die KIM-Verordnung zur Kreditvergabe hat den Wohnbau fast zum Stillstand gebracht. Wenn das nicht rasch korrigiert wird, ist das eine Bedrohung für den gesamten Mittelstand: Junge Familien können die Finanzierung für Wohneigentum nicht mehr aufbringen. Sie müssen in der Miete verharren, und die wird immer teurer.  Wir werden mittelfristig nicht mehr davon reden, dass 40 Prozent des Familieneinkommens fürs Wohnen aufgebracht werden muss, sondern wesentlich mehr für Pensionisten – Altersarmut ist vorprogrammiert.  Das ist für den Mittelstand eine Katastrophe – und für die Bauwirtschaft auch.

… und Oberndorfer, was die Regierung machen sollte:
Die KIM-Verordnung sollte daher rasch entschärft werden. Zudem müssten die Energiekosten und die Lohnkosten gesenkt werden. Und die Politik sollte Anreize schaffen, damit es sich für den Einzelnen lohnt, in die Vollarbeit zu gehen. Wir haben hervorragende Mitarbeiter*innen, die sehr engagiert sind. Aber ich höre von jungen Menschen immer wieder: Ich kann mir sowieso nichts leisten. Da genügt es, wenn ich 30 Stunden in der Woche arbeite. Ähnlich ist es mit der Möglichkeit, in der Pension etwas dazuzuverdienen. Auch dafür sollte man Anreize schaffen.

Pröll über Akademiker und Beamte …
Die Bürokratie wächst und wächst. Man spürt das bei den Genehmigungsverfahren. Es zieht sich alles enorm in die Länge. Ich habe manchmal den Eindruck, dass das daran liegt, dass immer mehr Akademiker in den Beamtenstatus strömen. Dort erfinden sie laufend neue Regeln, die dann von der Wirtschaft mit viel Aufwand umgesetzt werden müssen.

… und Oberndorfer über Politiker:
Es wäre gut, wenn Politiker Erfahrung in der Wirtschaft sammeln würden, bevor sie in die Politik gehen. Dann würden sie besser verstehen, mit welchen Herausforderungen wir zu kämpfen haben. Ein gutes Beispiel ist die Diskussion über die Arbeitszeit: Wir debattieren in Österreich über die Vier-Tage-Woche, während in China bis zu sechs Tage in der Woche gearbeitet wird. Wie sollen wir in Europa da wettbewerbsfähig bleiben?

Oberndorfer erläutert, wie das Unternehmen mit der aktuellen Flaute am Bau umgeht …
Wir schauen natürlich auf die Kosten, aber so viel kann man nicht einsparen. Vor 2026 rechnen wir noch nicht mit einer Erholung. Bis dahin braucht man einen langen Atem – und den haben wir. Wir sind solide aufgestellt, und wir investieren weiter gezielt in Innovationen. Dazu gehört die thermische Bauteilaktivierung. Hier sehen wir ein großes Potenzial und Raum für Innovationen. Das ist ähnlich wie im Autobau: Früher war ein Rückspiegel ein Rückspiegel. Heute ist es ein komplexes Lichtsystem mit Kameras.  Unsere Bauteile werden ebenfalls immer intelligenter.

… und Pröll, welche Auswirkungen das auf die Arbeitsprozesse auf der Baustelle hat:
Dadurch, dass unsere Bauteile immer intelligenter werden, übernehmen wir Leistungen, die bislang der Installateur auf der Baustelle erbracht hat. Das Verlegen der Heizungsrohre oder der Heizkörper fällt bei ihm weg. Es muss sich noch einspielen, wie der Markt in Zukunft verteilt wird.

Oberndorfer über ein weiteres Wachstumssegment …
Wir forcieren den Holzhybrid-Bau. Hier wächst die Nachfrage sehr stark, und wir sind bereits gut am Markt positioniert. Wir haben zum Beispiel das Projekt Bob K7 in Berlin mit Holzhybrid-Fertigteilen beliefert und das Leopold Quartier in Wien. Derzeit macht das Geschäftsfeld noch einen einstelligen Prozentsatz am Umsatz aus. Aber wir wollen hier deutlich wachsen.

… und Pröll über die Maßnahmen zur Reduktion des CO2-Fussabdrucks:
Als Betonfertigteil-Hersteller sind wir hier vom Stahl und Zemente abhängig. Aber wir haben ebenfalls Hebel, die wir ansetzen können: Wir gehen sparsam mit Beton um, und wir arbeiten daran, die Produktionsrestmassen so weit wie möglich zu reduzieren. Das Ziel ist, fast keine Entsorgungskosten zu haben.

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