Interview
"Es braucht Klarheit und stabile Verhältnisse!"
Gebäude Installation: Der Stillstand im Neubau, die stagnierenden Sanierungsquoten – die österreichische Bauwirtschaft will nicht in Schwung kommen. Wie schätzen Sie die Lage im Allgemeinen und insbesondere für den Großhandel ein?
Hans-Peter Moser: Ja, die Situation ist ohne Zweifel herausfordernd, das betrifft ja nicht Österreich alleine, es gibt eine ähnliche Entwicklung in ganz Europa. Aber: Jammern macht es nicht besser. Fakt ist, dass wir in einem großartigen Land leben, einem sehr reichen Land, in dem es vielen Menschen gut geht.
Es braucht zahlreiche signifikante politische Maßnahmen, die Vertrauen geben und die Investitionsmöglichkeit ankurbeln.
Wir Österreicher zählen in der Disziplin des Jammerns ganz sicher zu den Weltmeistern, die seit vielen Monaten rückläufigen Zahlen im Bau- und Baunebengewerbe sind aber harte Fakten, die sich nicht einfach ignorieren lassen.
Für mich ist es wichtig, insgesamt wieder mehr Vertrauen in unsere eigene Leistungsfähigkeit zu entwickeln. Der Zeitpunkt der Nationalratswahlen und der damit verbundene Stillstand waren im Hinblick auf konjunkturbelebende Maßnahmen sicherlich nicht ideal. Das im Frühjahr 2024 verabschiedete Wohnbaupaket ist am Markt noch nicht angekommen. Der Bedarf an leistbarem Wohnen ist da, für junge Menschen ist es jedoch nahezu unmöglich, Wohnraum zu kaufen oder zu mieten. Hier braucht es unbedingt eine langfristige Strategie. Aber wir wälzen hier schon fast gesellschaftspolitische Themen.
Wie könnte diese Strategie Ihrer Meinung nach aussehen?
Die Lösung kann nur mit einer nachhaltigen Stärkung der realen Kaufkraft funktionieren. Dazu wurden in den letzten Jahren kollektivertragsseitig Inflationsabgeltungen berücksichtigt. Für Unternehmer hatten diese Anpassungen eine Erhöhung der Personalkosten in den letzten drei Jahren um zirka 25 Prozent zur Folge. Und trotz alledem scheint Eigentum für viele fast unerschwinglich, außer man gehört zur Erbengeneration.
Wie ließe sich gegensteuern?
Finanzpolitisch braucht es Maßnahmen, die leistungsfördernd sind und ausgabenneutral. Dazu müsste man in unser Steuersystem eingreifen, aber dazu wollen sich die politischen Akteure anscheinend nicht durchringen. Es braucht den klaren Willen, mehr netto vom brutto umzusetzen. Dazu gehört auch, die Lohnnebenkosten, zu senken.
Dringend verändert bzw. abgeschafft gehört die KIM-Verordnung, wir haben keine Immo-Blase. Ich verstehe, dass der Bankensektor Respekt vor faulen Krediten hatte. Man hat damit aber nach meinem Dafürhalten übers Ziel hinausgeschossen, jungen Familien die Eigenverantwortung abgesprochen und sie de facto entmündigt. Langfristige Investitionsfinanzierungen waren in den letzten Monaten einfach nicht zu kriegen. Der Neubau ist um über 50 Prozent zurückgegangen. Es ist nicht so, dass die Leute nicht bauen wollen, es geht einfach nicht.
Kurzum: Es braucht zahlreiche signifikante politische Maßnahmen, die Vertrauen geben und die Investitionsmöglichkeit ankurbeln.
Und wie geht es der GC-Gruppe in dieser Zeit? Einige Ihrer Mitbewerber müssen ja einen strikten Sparkurs einschlagen.
Ich kann und will hier nur über unsere Unternehmensgruppe in Österreich sprechen. Wir befinden uns in einer stabilen Lage. Eine vorausschauende Planung, die strategische Ausrichtung über alle GC-Häuser in ganz Österreich hinweg und Entscheidungen zu langfristigen Investitionen, die schon vor geraumer Zeit stattgefunden haben, machen sich jetzt wirklich bezahlt. Was in der Politik gelten sollte, gilt auch für die GC-Gruppe Österreich: Es braucht Klarheit und stabile Verhältnisse. Diese Voraussetzungen erfüllen wir, darum kommen wir anscheinend vergleichsweise gut durch diese herausfordernde Zeit. Wir haben nicht das Jahr der Jahre, die Situation ist aber durchaus beherrschbar, auch, weil wir in unseren neun GC-Häusern stabile Personalstrukturen und starke Gesellschafter haben. Und wir investieren laufend: Im Juni wurde der Neubau der Schmidt`s Haustechnik in Bludenz eröffnet, in Wien Nord geht Anfang 2025 ein neuer Logistik-Umschlagplatz mit 3.000 Quadratmetern Fläche ans Netz. Damit erhöhen wir unsere Geschwindigkeit Richtung Norden. Wir investieren in den Standort von Steiner in Bergheim. Wir gehen aber nicht leichtfertig mit unseren liquiden Mitteln um, sie waren schon lange für wichtige Projekte reserviert.
Von den teils massiven Einbrüchen einzelner Bereiche ist die GC demnach nicht betroffen?
Der Rückgang im Bereich der erneuerbaren Energien hat auch uns betroffen, insbesondere im Sortimentsbereich Photovoltaik. Da waren auch wir keine Ausnahme. Die Menge entspricht in etwa dem Vorjahr, der Preisverfall liegt aber bei rund 50 Prozent. Das resultiert aus den hohen Importen, die den europäischen Markt regelrecht überschwemmen. Die Dekarbonisierung ist aber gekommen, um zu bleiben. Wir werden das Thema erneuerbare Energien weiter ausbauen. In den anderen Bereichen sind wir nicht unzufrieden. Im Sanierungsbereich bieten wir unseren Installateurpartnern Lösungen und Produkte, die gerne nachgefragt werden.
Mit welcher Entwicklung rechnen Sie in den nächsten Monaten und im nächsten Jahr?
Ich gehe davon aus, dass wir spätestens mit Ende des Jahres wieder eine funktionierende Regierung haben werden. Bis dorthin wird es wenig Impulse der öffentlichen Hand für unsere Branche geben. Derzeit fehlt es an den politischen Rahmenbedingungen und an Sicherheit. Es gibt allerdings viele Projekte in den Pipelines, und wenn das Vertrauen und ein wenig Sicherheit, wie zum Beispiel fallende Zinsen, wieder da sind, werden die Schalter schnell umgelegt. Es braucht definitiv mehr Geschwindigkeit. Allerdings, wie schon gesagt, handelt es sich nicht nur um ein österreichisches Phänomen, sondern um ein gesamteuropäisches. Da gibt es übergeordnete Fragen, auf die ich Antworten vermisse: Wofür zum Beispiel steht Europa im Wettstreit der Kontinente, wie positionieren wir uns? Asien hat einen Vorsprung als Produktionsstandort, Amerika steht für Datenhoheit, und Europa? Es ist noch nicht zu spät, wir müssen aber unseren Wettbewerbsvorteil im Know-how erhalten. Was die Dekarbonisierung angeht, sind wir Europäer spitze. Schön wäre es, könnten zumindest wir Österreicher 2025 mit etwas Mut und Zuversicht das rezessive Umfeld hinter uns lassen. Wir als Mitglieder der GC-Familie werden dafür uns Bestes geben.