Gewerbe und Handwerk

Baupaket und Handwerkerbonus bringen Licht ins Dunkel

Gewerbe und Handwerk
12.04.2024

Laut Konjunkturerhebung der WKO Sparte Gewerbe und Handwerk befinden sich die Branchen seit 2020 auf Talfahrt und auch 2024 will der Motor nicht wie erhofft anspringen. Wie der rettende Strohhalm wirken da Wohnbaupaket und Handwerkerbonus Plus, in die große Erwartungen gesetzt werden.
Baustelle mit Morgensonne

2023 war das bereits vierte Jahr in Folge, in dem das heimische Gewerbe und Handwerk ein reales Minus schreiben musste. „Die rasante Talfahrt der Vorquartale ist gestoppt. Der Weg zurück zur Normalität wird aber noch sehr lang und steinig werden“, fasste Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der WKO, bei der traditionellen Frühjahrs-Pressekonferenz zusammen: „Vier Jahre hintereinander, seit 2020 jedes Jahr, mit einem Minus für das Handwerk und Gewerbe: Das ist nur schwer zu verkraften.“

Auf Talfahrt

Österreichs Gewerbe und Handwerk in einem Tal des Jammers – die aktuelle Konjunkturbeobachtung der KMU Forschung Austria gibt nur wenig Anlass für Optimismus. Christina Enichlmair (KMU Forschung Austria) präsentierte die Zahlen: „Gewerbe und Handwerk verzeichneten 2023 zum vierten Mal in Folge ein reales Minus. Das Umsatzwachstum lag bei -5,6 Prozent.“ Die Talfahrt begann 2019 mit einem Rückgang der preisbereinigten Umsätze von -0,5 Prozent, 2020 dann der massive Einbruch mit -9,0 Prozent. 2021 gab Grund zur Hoffnung, mit einem Minus von nur -0,4 Prozent zeichnete sich ein Silberstreif am Horizont ab. 2022 und 2023 dann die Ernüchterung mit einem neuerlichen Minus von -3,5 Prozent und -5,6 Prozent. Rückgänge gab es quer durch alle Branchen. Besonders hart getroffen waren 2023 der Bau und das Baunebengewerbe. Der Holzbau schrieb -10,5 %, der Bau -8,7 Prozent, Dachdecker, Glaser und Spengler -8,6 Prozent und die Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker mussten ein Minus von -6,6 Prozent hinnehmen.

Die Investitionen der Betriebe spiegeln diese Umsatzrückgänge und Unsicherheit wider. Nur 40 Prozent der Betriebe haben Investitionen getätigt, insbesondere die baulichen Investitionen sind zurückgegangen. Welche Pläne gibt es für 2024? Christina Enichlmair dazu: „Heuer planen nur 35 Prozent der Betriebe Investitionen, das bedeutet fast einen Tiefststand.“

Geringe Auslastung

Apropos 2024: wie sind die Aussichten? Gewerbe und Handwerk sehen sich nach wie vor mit großen Herausforderungen konfrontiert. Die Preissteigerungen bei Rohstoffen und Materialien machen 61 Prozent schwer zu schaffen, für 53 Prozent sind Steuern und Abgaben und für die Hälfte der Betriebe die Preissteigerungen bei Energie sehr problematisch. „Fachkräftemangel und Lehrlingsmangel sind in den Hintergrund geraten“, so Enichlmair. Insbesondere die HKLS-Branche (Heizung, Klima, Lüftung, Sanitär) und das Bauhilfsgewerbe sind von den hohen Material- und Rohstoffpreisen betroffen. Über 75 Prozent sehen sich stark konfrontiert.

Mit großen Herausforderungen wissen Gewerbe und Handwerk umzugehen, in Kombination mit dem gesunkenen Auftragsbestand im 1. Quartal 2024 wird die Situation aber problematisch. Im Durchschnitt ist der Auftragsbestand in den investitionsnahen Branchen im Vergleich zu den ersten drei Monaten des Vorjahrs um 11,2 Prozent zurückgegangen. Branchen mit besonders hohem Rückgang sind die Hafner, Platten- und Fliesenleger (-31,5 Prozent), der Holzbau (-22,3 Prozent) und die Maler und Tapezierer (-19,2 Prozent). Düster schaut es auch Hinblick auf die Auslastung aus: 32 Prozent der Betriebe sind nur ein bis vier Wochen ausgelastet, 46 Prozent könnten sofort zusätzliche Aufträge annehmen.

Der Handwerkerbonus solls richten

Auch in das 2. Quartal 2024 gehen die Betriebe mehrheitlich mit Pessimismus. Nur 16 Prozent erwarten Steigerungen in Hinblick auf die Auftragslage und die Umsätze, 54 Prozent gehen von keinen Veränderungen aus. Und ein Drittel der Unternehmen rechnet sogar mit weiteren Rückgängen. Christina Enichlmair meint trotzdem, dass die „Talsohle überwunden sei. Der Pessimismus ist etwas zurückgegangen.“

Den Grund dafür sieht Renate Scheichelbauer-Schuster weniger in einem allgemeinen Konjunkturaufschwung als vielmehr im in Aussicht gestellten Wohnbaupaket und dem Handwerkerbonus Plus, von denen sie starke Impulse für Gewerbe und Handwerk erwartet. „Wir freuen uns sehr über den Handwerkerbonus, uns erwarten viele Aufträge. Das Gesetz wird noch im April beschlossen, alle Richtlinien sind daher bisher nicht bekannt. Es besteht aber schon jetzt die Möglichkeit, rückwirkend mit 1. März einzureichen“, erklärt Scheichelbauer-Schuster. Insgesamt liegen für die nächsten zwei Jahre 300 Millionen Euro im Fördertopf, die zur Sanierung und Schaffung von privatem Wohnbau bereitgestellt werden. Es werden pro Person, Wohneinheit und Kalenderjahr 20 Prozent der Arbeitskosten gefördert (bis zu einem Förderbetrag von maximal 2.000.- Euro). Die Arbeitszeit muss in der Schlussrechnung gesondert ausgewiesen sein und je Rechnung mindestens 500.-  Euro betragen. Als Manko sieht die Spartenobfrau, dass nur digital eingereicht werden kann: „Wir wollen, dass diese Mittel ihre volle Wirkung entfalten können. Deshalb sollen auch nicht digital-affine Personen Anträge stellen können, etwa über lokale Einreichstellen.“

Ein Tool mit Breitenwirkung

Es liegt viel Hoffnung auf dem Handwerkerbonus Plus und das nicht ganz ohne Grund. Denn das Market Institut hat in einer aktuellen Studie erhoben, dass Frau und Herr Österreicher bereit sind, um diese Förderung anzusuchen. „37 Prozent der Befragten haben vor den Heimwerkerbonus zu nutzen, 27 Prozent wissen es noch nicht, 34 Prozent werden ihn nicht nutzen“, erklärt David Pfarrhofer, Vorstand des Market Institut, die aktuelle Erhebung. Und weiter: „Von jenen, die dafür einreichen werden, wollen ihn 44 Prozent für geplante Investitionen verwenden, 30 Prozent wollen Investitionen vorziehen, 20 Prozent würden die geplante Investition ohne Heimwerkerbonus nicht vornehmen. Der Heimwerkerbonus ist nicht irgendein Konstrukt, sondern ein Werkzeug mit großer Breitenwirkung, hoher Attraktivität – ein sehr wichtiges Tool.“

Von Kosten aufgefressen

Auch Manfred Denk, Bundesinnungsmeister Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechnik, spricht dem Handwerkerbonus „immense Bedeutung“ zu. Sein Resümee zur Branchenentwicklung: „Die Firmen zeigen sich vorsichtig optimistisch, bis zur Normalität ist es aber noch ein langer Weg. Trotz toller Auftragslage, trotz fleißiger Mitarbeiter, trotz guter Umsätze in den vergangenen Jahren – unter dem Strich steht ein Minus. Die Zuwächse wurden von den gestiegenen Kosten aufgefressen.“ Aufgrund der Rückgänge im Neubau setzt er große Hoffnung auf das Wohnbaupaket, für „das es bisher aber nur eine Ankündigung gibt.“ Anderes gilt für den Handwerkerbonus Plus, der bereits so gut wie auf Schiene ist. „Das Interesse daran ist sehr hoch. Es muss niemand abwarten, schon jetzt können Aufträge erteilt werden“, stellt er klar, hält in diesem Zusammenhang aber fest, dass er sich bei den Förderungen mehr Kontinuität wünscht, eine „Fördersicherheit, die Ausrichtung auf mindestens fünf Jahre“. Denn „bei der Dekarbonisierung sind wir ein Schlüsselgewerk, das Ziel, dass ab 2040 keine Heizung mit fossilen Brennstoffen betrieben wird, ist ambitioniert, aber zu schaffen. Wir müssen aber planen können, wir benötigen genügend Fachkräfte und müssen sie auch halten können.“

Mädels, wir brauchen Euch

Um die Attraktivität des Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker attraktiver zu machen, wird die Lehrlingsausbildung gerade auf neue Beine gestellt, das Einkommen im ersten Lehrjahr wurde erhöht, alle Lehrlinge erhalten ein kostenloses Klimaticket. „Unser Beruf bietet spannende Karrierechancen, deshalb wird ein neues Gesetz zur beruflichen Qualifizierung formuliert, das einen Abschluss auf NQR Level 5, also zwischen Lehrabschluss und Meister, gleichwertig einem HTL-Abschluss ermöglicht.“ Denk ist es ein großes Anliegen die Jugendlichen von den Berufen in der Installations- und Haustechnik zu begeistern. Deshalb wurde auch ein eigener Instagramm Kanal „die-insta-llateure“ ins Leben gerufen, auf dem Role-Models wie zum Beispiel Julia Kirchner, Österreichs beste Installateurin, Lust auf den Beruf machen. Die Botschaft ist klar „Mädels, wir brauchen Verstärkung!“