Konjunkturumfrage

Alarmglocken bei Baugewerbe & Co.

Drei Jahre Dauerkrise, Energiekosten-Explosionen und ausbleibende Aufträge machen dem heimischen Gewerbe und Handwerk schwer zu schaffen. Besonders stark betroffen ist die Baubranche.

Mit nicht gerade rosigen Aussichten startet das heimische Gewerbe und Handwerk ins neue Jahr. "Die Erwartungshaltung ist pessimistischer als zu Zeiten der Finanzkrise 2008/09", erklärt Christina Enichlmair, Geschäftsführerin der KMU Forschung Austria, im Rahmen einer Pressekonferenz der WKÖ-Bundessparte Gewerbe und Handwerk. "Nach recht positiven Zahlen in den ersten drei Quartalen ging der Auftragsbestand im Q4 deutlich nach unten. Die Nachlaufeffekte schwächen spürbar ab", analysiert die Expertin die Lage.

Vor allem das Baugewerbe musste mit -12,1 Prozent einen herben Rückschlag einstecken. Überdurchschnittliche Steigerungen zeigten sich in dem Zeitraum noch in den Bau nachgelagerten Branchen wie Bauinstallation und Ausbaugewerbe. "Hier herrscht derzeit noch ein hoher Auftragsbestand, der gerade abgearbeitet wird", so Enichlmair.

Auftragsbestand im 4. Quartal 2022 der investitionsgüternahen Branchen.
Auftragsbestand im 4. Quartal der investitionsgüternahen Branchen.

Schuld ist vor allem der Rückgang bei den privaten/gewerblichen Aufträgen (74 Prozent des Gesamtauftragsbestands im Q4 2022), den auch ein hoher Anteil an öffentlichen Aufträgen (26 Prozent des Gesamtauftragsbestands im Q4 2022) nicht abfedern kann. Aufs Gesamtjahr 2022 gerechnet fehlten nominell (inklusive Preissteigerungen) bei den Umsätzen noch 0,4 Prozent; mengenmäßig (bereinigt um Preissteigerungen) beträgt die Lücke auf Vor-Pandemie-Niveau mehr als 15 Prozent.

Alarmglocken läuten in der Baubranche

Die Verschiebung ist für Spartenobfrau Renate Scheichelbauer-Schuster "eine gute Nachricht".
"Die Ausweitung des Energiekostenzuschuss ist positives Signal für unsere Betriebe. Nun muss eine schnelle und unbürokratische Umsetzung folgen", erklärt Renate Scheichelbauer-Schuster, Bundesspartenobfrau Gewerbe und Handwerk.

Verschärfte Kreditvorgaben, steigende Zinsen und Kosten erschwerten die Leistbarkeit von Bauprojekten. „Unsere große Sorge ist, dass die Konjunkturlokomotive, das Bau- und baunahe Gewerbe, zum Stillstand kommt, worunter in der Folge sehr viele Bereiche leiden würden. Vor allem im privaten Wohnbau berichten viele Bau-Landesinnungsmeister von zweistelligen Rückgängen“, so Scheichelbauer-Schuster. "Auch die Aufträge von Wohnbaugenossenschaften gehen zurück. In Zeiten wie diesen kann kein Unternehmen Fixpreise abgeben, aber ohne das geht es nicht im geförderten Wohnbau", erklärt die Spartenobfrau. Der Pessimismus ziehe sich durch die gesamte Bau-Wertschöpfungskette. "Wir hören es von allen Seiten und Branchen, dass die Aufträge ausgehen und nichts mehr nachkommt."

Ausblick pessimistisch

Laut vierteljährlicher Konjunkturumfrage starten nur 13 Prozent der befragten Betriebe mit positiven Erwartungen in das erste Quartal 2023. 36 Prozent rechnen mit geringeren Auftragseingängen oder Umsätzen. Der Saldo (minus 23 Prozentpunkte) fällt damit ähnlich schlecht aus wie zu den Tiefpunkten der Corona-Pandemie Ende 2020 bzw. Anfang 2021. Die investitionsgüternahen Branchen sind jetzt sogar noch pessimistischer als die konsumnahen Bereiche.

Im Holzbau erwarten nur 2 Prozent der Unternehmen Steigerungen, aber 55 Prozent Rückgänge. Im Baugewerbe sind 4 Prozent zuversichtlich, 46 Prozent rechnen mit einem Minus. „Die Energiekosten sind ein gravierendes Problem, aber nicht das einzige. Unsere Betriebe sind mit einem Gesamt-Belastungspaket aus Liefer- und Materialengpässen, extremen Preissteigerungen von Vormaterialien sowie aus Personalmangel und schwächelnder Nachfrage konfrontiert“, sagt Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk. „Nach drei Jahren im Dauerkrisenmodus wird das vielen endgültig zu viel. Sie sind finanziell wie emotional bis zum Letzten gefordert.“

Auftragseingangs- bzw. Umsatzerwartungen der Unternehmen.
Auftragseingangs- bzw. Umsatzerwartungen der Unternehmen.

Energiekostenzuschuss 2 als Hoffnungsträger

Ein Silberstreif am Horizont für die Unternehmen war vor Weihnachten die Ankündigung der Regierung, dass der Energiekostenzuschuss 2023 ausgeweitet wird. Dadurch konnte den Unternehmen zumindest etwas Planungssicherheit gegeben werden, zeigt sich Renate Scheichelbauer-Schuster erleichtert. Nun brauche es aber eine möglichst rasche und unbürokratische Abwicklung, fordert die Interessenvertreterin. Teilweise Verbesserungen, wie z.B. der Wegfall des Nachweises der Energieintensität, seien schon erkennbar. Das Ziel sollte ein möglichst barrierefreier Zugang zur Förderung sein.  "Und eines muss auch betont werden: Der Energiekostenzuschuss deckt nur einen Teil der Kostensteigerungen ab – von einer 'Überförderung' der Betriebe kann keine Rede sein", betont Scheichelbauer-Schuster.

Maßnahmen für mehr Liquidität und Investitionen gefordert

Geht es nach der WKO herrscht aber noch weiterer Handlungsbedarf. Vor allem brauche es Investitionsanreize, damit die Konjunktur nicht zum Erliegen komme, so Reinhard Kainz, Geschäftsführer der Sparte Gewerbe und Handwerk. "Die Investitionsprämie war in der Corona-Krise das richtige Mittel zur richtigen Zeit. Viele Unternehmen haben aber wegen der mittlerweile entstandenen Materialengpässe und aufgrund von Personalmangel Probleme, die knappen Fertigstellungsfristen für beantragte Projekte einzuhalten. Eine simple Verlängerung um ein Jahr wäre ohne Aufwand und zusätzliche Kosten möglich."

Weitere Vorschläge, um die Konjunktur anzukurbeln, sind ein attraktiver gestalteter Investitionsfreibetrag, bis Ende 2023 ausgedehnte Garantien für Betriebsmittelkredite und der Verlustrücktrag als Dauerrecht. "Mit zusätzlichen Maßnahmen wie diesen könnte man den Betrieben wichtigen Bewegungsspielraum zurückgeben, der ihnen durch die Kostenklemme genommen wurde", erklärt Kainz.