KSV1870

Firmenpleiten 2022 kräftig angestiegen

Insolvenz
14.12.2022

Von: Redaktion Handwerk + Bau
Die aktuelle KSV1870-Hochrechnung ergab für 2022 einen Anstieg bei den Unternehmensinsolvenzen von fast 60 Prozent. Erstmals seit Beginn der Corona-Krise haben sich die Firmenpleiten dem Vorkrisenniveau stark angenähert, aber noch nicht erreicht. Für 2023 rechnet man mit einer weiteren Zunahme.
2022 werden es 4.770 Unternehmensinsolvenzen sein, das sind nur um 230 Pleiten weniger als 2019 vor Beginn der Corona-Krise.
2022 werden es 4.770 Unternehmensinsolvenzen sein, das sind nur um 230 Pleiten weniger als 2019 vor Beginn der Corona-Krise.

Die KSV1870-Hochrechnung für 2022 ergab, dass in Österreich 4.770 Unternehmen von einer Insolvenz betroffen sind. Gegenüber 2021 ist das eine Steigerung von 57, 2 Prozent, doch das Vorkrisenniveau vom Jahr 2019 mit rund 5.000 Pleiten wurde noch nicht erreicht. Das Ergebnis ist wenig erstaunlich, haben doch schon etliche Experten damit gerechnet. Explodierende Kosten, steigende Energie- und Rohstoffpreise, die hohe Inflation, erhöhte Zinsbelastungen und der akute Personalmangel belasten die Budgets der Betriebe massiv und das schon seit einiger Zeit. "Angesichts der Vielzahl an Baustellen, mit denen sich die heimische Wirtschaft herumschlagen muss, ist es keine Überraschung, dass die Zahl der Firmenpleiten gegenüber dem Vorjahr um mehr als die Hälfte gestiegen ist", meint auch KSV1870-Insolvenz-Leiter Karl-Heinz Götze.

Fast 50.000 weitere Geschäftsschließungen

Zu den Insolvenzen kommen seit Anfang 2022 österreichweit fast 50.000 zusätzliche Geschäftsschließungen dazu. Das heißt, die Eigentümer*innen haben sich selbst dazu entschlossen, den Betrieb mehr oder weniger freiwillig einzustellen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Meistens konnte kein Nachfolger gefunden werden oder die Fortführung machte aus wirtschaftlicher Sicht keinen Sinn mehr. "Häufig lief das Geschäft schon vor der Corona-Pandemie wenig erfolgreich. Während der Pandemie wurde dann versucht, sich mit finanzieller Unterstützung über Wasser zu halten", erklärt Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding AG. Durch das Ausbleiben der staatlichen Hilfsgelder sei es sich für viele dieser Betriebe einfach nicht mehr ausgegangen.

Größte Insolvenz hatte 220 Mio. Euro Passiva

Von der höheren Zahl an Insolvenzen waren alle Bundesländer betroffen. Das deutlichste Plus gibt es in Oberösterreich (+ 105,9 %). Dicht gefolgt von Tirol (+ 105,2 %), wo sich die Firmenpleiten ebenfalls mehr als verdoppelt haben. Den geringsten Anstieg verzeichnet das Burgenland (+ 33,9 %). In Wien gab es bis dato 1.681 Pleiten, was einem Plus von 41,4 Prozent entspricht.

Doch nicht nur die Unternehmensinsolvenzen haben zugelegt, auch die geschätzten Passiva haben sich erhöht: seit Jänner 2022 um 27 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro. Insgesamt gab es mit dem Tag der Präsentation der KSV1870-Hochrechnung 32 Großinsolvenzen, wo die Passiva jeweils über 10 Millionen Euro lagen. Die größte Insolvenz des Jahres war bis dato die Pleite der Wiener Immobiliengruppe CPI mit Passiva in der Höhe von rund 220 Mio. Euro. Bei dem am Tag der Präsentation eröffneten Konkursverfahren des Kraftwerksbauers Bertsch Energy GmbH & Co KG aus Vorarlberg betrugen die Passiva 138 Mio. Euro, das ist die zweitgrößte Firmenpleite des Jahres.

Stärkste Insolvenztreiber sind Handel und Bau

Die meisten Firmenpleiten betreffen die Branchen "Handel und Instandhaltung/Reparatur von Kfz" (871 Fälle/277 Mio. Euro Passiva), die Bauwirtschaft (778 Fälle/348 Mio. Euro Passiva) und Tourismus/Gastronomie (585 Fälle/109 Mio. Euro Passiva). Alleine diese drei Branchen machen knapp die Hälfte aller Unternehmensinsolvenzen dieses Jahres aus. Diese Entwicklung hat sich bereits während des Jahres abgezeichnet. "Häufig haben hohe Energiepreise und fehlendes Personal die Unternehmen in die Knie gezwungen", so Götze.

Durch den Anstieg bei den Insolvenzen hat sich auch die Zahl der von einer Insolvenz betroffenen Mitarbeiter*innen deutlich erhöht. Insgesamt bekamen 14.400 Beschäftigte die Auswirkungen zu spüren, das sind rund 46 Prozent mehr als 2021. "Das ist jenen Unternehmen geschuldet, die nicht rechtzeitig eine Sanierung angestrebt haben", merkt Götze an. In der gleichen Zeit gab es bei den Gläubigern um knapp sechs Prozent mehr Geschädigte, zahlenmäßig waren es insgesamt 30.700 Geschäftspartner.

Derzeitige Entwicklung legt an Tempo zu

Für das kommende Jahr geht der KSV1870 davon aus, dass die aktuellen Entwicklungen an Fahrt aufnehmen und die Zahl der Firmenpleiten weiter steigen wird. "Wir befinden uns nach wie vor in einer Phase der Normalisierung des Insolvenzgeschehens", erklärt Götze. Außerdem würden die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen den österreichischen Unternehmen mehr als sonst zusetzen. Aus heutiger Sicht sei auch nicht davon auszugehen, dass der Staat ein weiteres Mal in einem dermaßen großen Ausmaß in den Wirtschaftskreislauf eingreifen wird, wie zu Beginn der Corona-Krise. Eine Fortsetzung der diesjährigen Insolvenzentwicklung ist deshalb für Götze höchst wahrscheinlich. Daher prognostiziert der KSV1870 für das Jahr 2023 einen Anstieg der Firmenpleiten im niedrigen zweistelligen Prozentbereich auf 5.500 bis 6.000 Fällen. Das wären dann zwischen 500 und 1.000 Unternehmensinsolvenzen mehr als vor der Corona-Krise. (ar)