KSV1870-Umfrage
Zahlungsmoral und Investitionen nehmen ab
Die Liste der Herausforderungen mit denen die heimischen Unternehmen derzeit zu kämpfen haben ist lang: unter anderem Corona, Rohstoffknappheit, Kostenexplosion, Personalmangel und Inflation. Die Auswirkungen zeigen sich in der aktuellen Austrian Business Check-Umfrage des KSV1870. Nur noch 57 Prozent der Unternehmer*innen bewerten die eigene Geschäftslage als "sehr gut" oder "gut, 2021 war es noch 65 Prozent. Außerdem hat jedes fünfte Unternehmen mittlerweile massive Probleme vereinbarte Aufträge ordnungsgemäß abzuwickeln.
Stärkere Unterstützung gefordert
Die Folge: Immer mehr Unternehmen stehen auf der Investitionsbremse. Nur noch 34 Prozent setzen die zu Jahresbeginn geplanten Investitionen vollständig um, 17 Prozent investieren in einem reduzierten Ausmaß und 24 Prozent sind unschlüssig, was sie tun sollen. Für Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding, ist es ein Alarmsignal, wenn die Hälfte der Unternehmen auf Investitionen gänzlich verzichten und das obwohl drei von vier Betrieben bereits Preiserhöhungen vorgenommen bzw. angedacht haben, nur um die finanzielle Balance einigermaßen zu schaffen. "Denn in Österreich ist Innovation die Währung der Zukunft, aber sie braucht eben auch Geld“, so Vybiral.
Aus diesem Grund plädiert Vybiral für die Neu-Einführung einer Investitionsprämie. Darüber hinaus spricht sich der KSV1870 Holding-Geschäftsführer aufgrund der aktuellen, großen Belastungen für eine stärkere staatliche Unterstützung für Unternehmen aus: "Es sollten zumindest jene Unternehmen unterstützt werden, die eine sehr gute Fortbestandsprognose haben. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass eine gewisse Marktbereinigung - insbesondere bei Unternehmen, die seit Jahren schlechte Ratings aufweisen - zugelassen werden sollte".
Zahlungsverhalten verschlechtert sich
Noch gebe es eine halbwegs vernünftige Zahlungsmoral, doch die ersten Auswirkungen auf das Zahlungsverhalten seien bereits zu bemerken. „Quer über alle Branchen hinweg werden bereits 18 Prozent aller Forderungen zu spät bezahlt. Das ist rund jede sechste Rechnung“, erklärt Walter Koch, Geschäftsführer der KSV1870 Forderungsmanagement GmbH. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es nur 13 Prozent der Rechnungen, die verspätet beglichen wurden.
Während bei den Firmenkunden derzeit 78 Prozent (2021: 84 %) der Forderungen pünktlich beglichen werden, sind es bei den Privaten 88 Prozent (2021: 90 %). Sie sind es auch, bei denen das Minus gegenüber dem Vorjahr mit zwei Prozentpunkten am geringsten ausfällt. „Österreichs Private sind in punkto Zahlungsmoral die Vorbilder schlechthin, an denen sich sowohl Firmen als auch die Öffentliche Hand orientieren sollten“, so Koch. Dennoch verschlechtert sich die Zahlungsmoral bei allen Kundengruppen: Auf Bundesebene werden nur mehr 83 Prozent (2021: 88 %) der Forderungen pünktlich beglichen, auf Landesebene 79 Prozent (2021: 83 %) und bei den Gemeinden 84 Prozent (2021: 88 %).
Schlechteste Zahler: Bund & Länder
Umgelegt auf die tatsächliche Zahlungsdauer ergibt sich folgendes Bild: Während die Firmenkunden aktuell im Schnitt 25 Tage (2021: 24 Tage) benötigen, offene Rechnungen zu bezahlen, brauchen die Privaten 13 Tage (+/- 0 Tage). Am längsten Zeit bei der Bezahlungen von offenen Forderungen lässt sich der Bund. Momentan dauert es durchschnittlich 34 Tage, also um einen Tag länger als im Vorjahr. Noch eklatanter ist der Unterschied bei den Ländern. Diese benötigen um fünf Tage länger als im vergangenen Jahr und bezahlen nun ebenfalls erst nach 34 Tagen. Somit liegen sowohl Bund als auch Länder über dem gesetzlichen Zahlungsziel von 30 Tagen. Die sogenannten Musterschüler der öffentlichen Hand sind, wie schon in der Vergangenheit, die Gemeinden mit einer Zahlungsdauer von 25 Tagen.
Wie der Austrian Business Check des KSV1870 zeigt, sind die Hauptgründe für verspätete Zahlungen seitens der Firmen weiterhin eine ineffiziente Verwaltung (52 %) und ein momentaner Liquiditätsengpass (40%). Nach Einschätzung der Befragten, ist es bei der Öffentlichen Hand, hingegen das Ausnützen einer gewissen Machtposition (47 %). Aber auch die Faktoren Bürokratie, komplizierte Prozesse und der Personalmangel werden hier besonders häufig erwähnt und kommen zusammen auf 48 Prozent.
Negative Einschätzung für 2023
Die aktuellen Ergebnisse belegen, dass sich die heimische Zahlungsmoral in den vergangenen Monaten eindeutig verschlechtert hat. Nur ein Drittel der Unternehmen ist davon nicht betroffen. Rund die Hälfte der Betriebe muss bei fünf Prozent der Rechnungen der Bezahlung nachlaufen, bei knapp 20 Prozent ist das sogar deutlich öfter der Fall. Am häufigsten geht es dabei um Forderungsverluste von bis zu 50.000 Euro.
Was die Zahlungsmoral 2023 angeht, sind die Aussichten massiv von den aktuellen Herausforderungen und Ängsten geprägt: 49 Prozent der Unternehmer*innen rechnen mit einer Verschlechterung. Das sind um 29 Prozent mehr, als im Vorjahr. „Was wir heuer in Bezug auf die Zahlungsmoral sehen, sind nur Vorboten. Im nächsten Jahr rechnet jedes zweite Unternehmen mit vermehrten Zahlungsschwierigkeiten seiner Kunden und Geschäftspartner. Eine derart negative Einschätzung hat es bei unseren Umfragen noch nie gegeben“, warnt Koch.